Köln/Berlin – Es war im Grunde nur ein Halbsatz, mit dem Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen, den Silvestereinsatz der Polizei in Köln kritisiert hatte, aber der hat in der Bundes- und Landespolitik eine Debatte über Rassismus und „Racial Profiling“ ausgelöst. Es stelle sich „die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden“, wurde Peter am Montag zitiert.
Kritik kam darüber hinaus lediglich von der Linkspartei und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die davon sprach, die Kölner Polizei habe sich bei ihrem Vorgehen gegen Nordafrikaner von rassistischen Motiven leiten lassen. Neben der Sicherheit sei es „auch Aufgabe der Polizei, Menschen vor Diskriminierung zu schützen – und diese Aufgabe hat die Polizei Köln ignoriert. Hunderte Menschen sind allein aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermuteten nordafrikanischen Herkunft eingekesselt und kontrolliert worden“, erklärte etwa Alexander Bosch, Polizei-Experte von Amnesty International.
Das wichtigste Entscheidungskriterium der Polizisten sei die angenommene Herkunft gewesen. Damit handle es sich bei dem Einsatz der Polizei „um einen eindeutigen Fall von Racial Profiling“ – und die verstoße gegen das im deutschen Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot.
Merkel bedankt sich bei Polizisten
Am Montag sah sich sogar die Bundesregierung bemüßigt, diesen Aussagen etwas entgegenzusetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bedanke sich ausdrücklich bei allen Polizisten für den Einsatz für die Sicherheit der Bürger, sagte Regierungssprecher Georg Streiter am Montag mit Blick auf die Rassismus-Vorwürfe der Grünen-Chefin und von Amnesty. „Die Bundesregierung ist sehr erleichtert, dass die öffentlichen Silvesterfeiern in Deutschland weitgehend friedlich und vor allem ohne so schreckliche Vorfälle wie im vergangenen Jahr abgelaufen sind“, sagte Streiter.
Bei derart viel Gegenwind ruderte Grünen-Chefin Peter am Montag zurück. Mit einem Eintrag bei Facebook dankte sie den Polizeibeamten für ihren Einsatz. „Dass sich die Übergriffe des letzten Jahres nicht wiederholten, ist auch der gut vorbereiteten Polizei zu verdanken. Es ist besorgniserregend wenn dennoch – wie im vergangenen Jahr – verabredete Gruppen aggressiv auftreten. Es war richtig schnell zu reagieren.“
Auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat das Vorgehen der in der Silvesternacht verteidigt. „Die NRW-Polizei war zu Silvester im ganzen Land gut aufgestellt“, sagte Jäger. Dadurch konnte sie schnell und flexibel auf die Lage reagieren. Wo Verstärkung benötigt wurde, waren schnell mehr Einsatzkräfte vor Ort.“ Jäger bedauerte, dass „die gute Polizeiarbeit“ durch die Diskussion um einen Tweet der Kölner Polizei überlagert werde, in der im Zusammenhang mit dem Einsatz der Begriff „Nafri“ verwendet worden war.
NRW-Parteien nehmen Polizei in Schutz
Für die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag entbehren die Rassismus-Vorwürfe jeder Grundlage. Die Kölner Polizei habe in der Silvesternacht „absolut richtig gehandelt“, sagte der CDU-Innenexperte Gregor Golland. Die Kontrolle von Ausweispapieren sei keine Freiheitsberaubung. Golland fordert die Landesregierung dazu auf, „endlich eine gesetzlich Grundlage für verdachtsunabhängige Personenkontrollen“ zu schaffen. Die sogenannte Schleierfahndung werde der Polizei mehr Rechtssicherheit geben. Als „völlig absurd und eine üble Unterstellung“ hat Norbert Römer, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, die Rassismus-Vorwürfe bezeichnet. „Die Polizei hat mit durchdachten Konzepten im ganzen Land für einen sicheren Start ins neue Jahr gesorgt.“
Auch für die Grünen-Fraktion im Landtag war das Vorgehen der Polizei verhältnismäßig. „Die Polizei darf bei Anhaltspunkten für die Begehung von Straftaten die entsprechenden Personen kontrollieren. Die Kontrollen wurden auf Basis dieser Anhaltspunkte durchgeführt – nicht allein aufgrund der Hautfarbe und der Herkunft“, sagte die innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer. Als realitätsfremd hat Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, die Rassismus-Debatte bezeichnet. „Ansammlungen größerer Gruppen nordafrikanischer Männer in Köln, Essen, Dortmund, Düsseldorf und Münster an Silvester offenbaren ungeschönt die gewaltigen Herausforderungen für die Polizei“, sagte Lürbke.
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