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Traditionskorps, Familiengesellschaft, VeedelsvereinDer kürzeste Weg in den Kölner Rosenmontagszug

Lesezeit 4 Minuten

Mit den Jungs von Kasalla war eine weitere Kölner Band im Zug vertreten.

Köln – Viele Vereine verzeichnen nach dem Umzug einen Anstieg der Aufnahmeanfragen. Aber läuft das mit der Aufnahme? Wir haben uns umgehört:

Kölsche Funke rut-wieß vun 1923

Die Aufnahmeverfahren der Traditionskorps sind von Korps zu Korps unterschiedlich. Das der Roten Funken gilt als eines der härtesten. Wer Interesse hat, meldet sich bei der Geschäftsstelle und wird kurze Zeit später von einem Funk angerufen, der in einem informellen Gespräch über die Pflichten einer Korpsmitgliedschaft aufklärt. Wenn der Bewerber dann immer noch Interesse hat, wird er zu zwei bis drei sogenannten Knubbelabenden eingeladen, bei denen sich einzelne Gruppierungen des Korps treffen. Dann erst kann er einen offiziellen Antrag auf Mitgliedschaft stellen, und seine zweijährige Probezeit beginnt. Während dieser Zeit zahlt der Bewerber noch keine Beiträge, trägt aber auch keine Uniform.

Während der Probezeit muss er zwei aktive Funken davon überzeugen, für ihn zu bürgen. Denn nach zwei Jahren müssen sowohl der Anwärter als auch seine Bürgen vor dem sogenannten Ballotage-Ausschuss vorsprechen. Das Gremium prüft den Bewerber auf Herz und Nieren: Was sagt sein privates Umfeld zu seinem Vorhaben? Passt er zum Charakter des Korps? Nimmt er den traditionellen Karneval auch ernst?

Anschließend gibt der Ballotage-Ausschuss eine Empfehlung an den Vereinsvorstand, der dann über eine Aufnahme oder Ablehnung entscheidet. Fällt die Beurteilung positiv aus, darf der Bewerber sich eine Uniform kaufen, wird wenige Wochen später vereidigt und ist dann Funk auf Lebenszeit.

Ein Funk muss...

...männlich sein

...in der Nähe von Köln wohnen

...unter 40 sein, wenn er aktiv auf der Bühne teilnehmen will

...viel Zeit für die Aktivitäten des Korps mitbringen

...ein verständnisvolles Umfeld haben

...im ersten Mitgliedsjahr etwa 3000 Euro für die Uniform parat haben

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: So läuft die Aufnahme bei der KKG Blomekörfge 1867.

KKG Blomekörfge 1867

Viele der Gruppen im Rosenmontagszug sind sogenannte Familiengesellschaften, also Karnevalsgesellschaften, in denen alle Geschlechter und Generationen vertreten sind. Der Ausdruck Familiengesellschaft heißt aber nicht, dass alle miteinander verwandt sind, sondern bezieht sich eher auf den Umgang miteinander. Der Verein ist für viele wie eine zweite Familie, von der man aber auch problemlos mal Abstand nehmen kann. Neben den gemeinsamen Karnevalsaktivitäten werden auch mehrere Ausflüge und Freizeittouren unternommen.

Die KG Blomekörfge gibt es seit 149 Jahren und ist damit die zweitälteste Familiengesellschaft der Stadt. Aktuell zählt sie knapp 120 Mitglieder – darunter auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Wer Interesse am Blomekörfge hat, kann über die Homepage Kontakt aufnehmen. Dann bekommt man einen Aufnahmeantrag zugeschickt und wird zu den nächsten Veranstaltungen des Vereins eingeladen, beispielsweise zu Mitgliederversammlungen oder zum sogenannten Dämmerschoppen, einer Art Stammtisch. Wenn der Vorstand den Antrag genehmigt, ist der Interessent ab dem darauffolgenden Monat Mitglied. Bei der KKG Blomekörfge gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man wird direkt Vollmitglied oder man stellt einen Antrag auf eine vorläufige dreijährige Mitgliedschaft, in der man nur die Hälfte des Beitrags zahlt. Der volle Jahresbeitrag beträgt 100 Euro, Paare zahlen zusammen 170 Euro.

Ein Blomekörfge...

...kann männlich oder weiblich sein, Kinder sind willkommen

...sollte einmal pro Monat an den Treffen des Vereins teilnehmen

...sollte sich in den ersten Jahren der Mitgliedschaft die Vereinskleidung zulegen. Für Männer: Litefka mit Emblem, Hose, Mütze, Krawatte. Für Frauen: Blazer, Hose, Bluse

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: So läuft die Aufnahme beim Stammdesch Ratteköpp.

Stammdesch Ratteköpp

Nicht alle Gruppen, die im Rosenmontagszug mitlaufen, sind professionell organisierte Vereine. Der Stammdesch Ratteköpp hat sich vor 50 Jahren aus einem Freundeskreis heraus gegründet und besteht bis heute. Oft gewinnen die Ratteköpp bei den Schull- und Veedelszöch den ersten Preis für ihre stets aufwendigen und kreativen Kostüme und dürfen daher auch im großen Rosenmontagszug mitlaufen. Jedes Jahr fertigen sie ihre Gruppenkostüme in mühseliger Kleinstarbeit von Hand an. Die Motive der Verkleidungen werden streng geheim gehalten. Neben den regelmäßigen Stammtisch-Treffen in einer Kneipe in Nippes gibt es noch andere Möglichkeiten, sich einzubringen: einen Chor, eine Musikkapelle, die jährlich stattfindende Radtour im Herbst sowie andere Ausflüge. Fast alle neuen Mitglieder, die in den letzten Jahren dazugekommen sind, wurden von anderen Ratteköpp mitgebracht. Man kennt sich in der Regel.

Sollte jemand Interesse haben, bei den Ratteköpp mitzumachen, kann er sich an den Förderverein der Schull- und Veedelszöch wenden, der dann einen Kontakt vermittelt. Natürlich kann man die Ratteköpp auch direkt ansprechen. Drei Jahre lang werden die Neuen dann eingeladen, im Zoch mitzugehen. Dann entscheidet die Gruppe, ob der Neuling zu ihnen passt. Der Beitrag für die Gemeinschaftskasse wurde diese Session erstmals von 30 Euro im Jahr auf 60 Euro angehoben.

Ein Rattekopp...

...kann prinzipiell jeder werden

...sollte Spaß an kreativer Arbeit haben, die Kostümgestaltung nimmt viel Zeit in Anspruch

...sollte vor allem Interesse an der Gemeinschaft haben und nicht bloß mitmachen, um einmal im Zoch dabei zu sein