Köln – Die Fronten zwischen der IG Gastro und Stadtdirektorin Andrea Blome sind deutlich verhärtet. Die Interessenvertreter von mehr als 400 Wirtinnen und Wirten haben eine Gesprächsrunde mit der für das Ordnungsamt zuständigen Dezernentin verlassen. „Frau Blome wirkte oftmals nicht bei der Sache“, sagte Till Riekenbrauk, Vorstand der IG Gastro. Sie habe Seitengespräche geführt und sei beim zweiten Termin nicht mehr dabei gewesen. Dabei hatte der Dialog innerhalb der Clearingstelle einen überaus ernsten Hintergrund – es ging darum, die zunehmenden Konflikten zwischen dem Ordnungsamt und den Gastronomen zu lösen und zu glätten.
Während ihrer Karriere in Köln ist es bei weitem nicht das erste Mal, dass die Stadtdirektorin – die hinter Oberbürgermeisterin Henriette Reker zweitwichtigste Person innerhalb der Stadtverwaltung – im Zentrum der Kritik steht. Seit die 62-Jährige im September 2016 in die Stadtspitze rückte, zeigte sie bei wichtigen Entscheidungen oftmals ein fehlendes Gespür für die jeweilige Situation – die Bilanz ihrer bisherigen Amtszeit fällt entsprechend dürftig aus.
Köln: Kritik an Stadtdirektorin Andrea Blome
Blome wechselte vor sechs Jahren aus der Düsseldorfer Stadtverwaltung – sie leitete dort das Amt für Verkehrsmanagement – nach Köln und übernahm damals zunächst den wichtigen Posten der Verkehrsdezernentin. Kurz nach ihrem Amtsantritt zeigte sie sich noch interessiert am fahrradfreundlichen Umbau der Ringe. „Ich finde das Engagement sehr spannend“, sagte sie damals und kündigte an, bessere Radwege bauen zu wollen. Für die Bürgerinitiave „Ring frei“, die sich dafür einsetzte, die rechte Autospur auf den Ringen in eine Radspur umzuwandeln und Tempo 30 einzuführen, klang das zunächst nach einem Signal des Aufbruchs.
Doch tatsächlich begann ein langes und zähes Ringen mit der Verkehrsdezernentin, die der CDU nahesteht und auch von der Union für das Amt vorgeschlagen wurde. Entscheidungen über den Umbau wurden immer wieder verschoben und herausgezögert. „Wenn man sich an die Worte der Verkehrsdezernentin Andrea Blome zu ihrem Amtsantritt im Februar 2016 erinnert, die vom Prestigeprojekt Ring frei sprach und die das von der Oberbürgermeisterin im Juni 2016 gegebene Tempo-30-Versprechen an den Ringen nochmals bekräftigte, dann weiß man schon länger nicht mehr, ob man darüber lachen oder weinen soll“, sagte Reinhold Goss, Sprecher der Initiative Ring frei damals. Ständiger politischer Druck der Grünen als Partner der CDU im Ratsbündnis sorgte schließlich dafür, dass die Radspur über viele Jahre doch noch Stück für Stück heranwachsen konnte. Inzwischen gelten die Kölner Ringe europaweit als besonders vorbildliches und gelungenes Radverkehrsprojekt.
Ähnliches gilt für den Ausbau des gesamten Radwegenetzes – auch hier kam das Verkehrsdezernat nur sehr langsam voran. Seit Blome Mitte 2021 in das Ordnungsdezernat wechselte und ihr Nachfolger Ascan Egerer Verkehrsdezernent wurde, entstanden in der Innenstadt überall neue Radwege – die Ehrenstraße wurde schnell autofrei, zuvor zog sich auch dort die Umsetzung über eine lange Zeit hin.
Sanierung der Rheinbrücken wenig glücklich
Wenig glücklich liefen für Blome auch die Sanierung des Stadtautobahntunnels in Kalk und die der Rheinbrücken. Wenngleich es sich um aus der Vergangenheit geerbte Probleme handelte, so schaffte es das Verkehrsdezernat unter ihrer Führung nicht, diese souverän zu lösen. Alle Sanierungen dauerten deutlich länger und kosteten mehr als ursprünglich geplant. Besonders herauszuheben ist dabei die Mülheimer Brücke, deren Modernisierung inzwischen bis zu 300 Millionen Euro kostet – 2016 war noch von 100 Millionen Euro die Rede.
Blome, die stets darauf verwies, in Düsseldorf erfolgreich einen neuen U-Bahn-Tunnel gebaut zu haben, erklärte den Stadtbahnausbau auf der Ost-West-Achse in Köln zu ihrem Lieblingsthema und setzte sich dabei vehement für eine Tunnellösung ein. Anfang 2019 warb sie im Stadtrat dafür und appellierte in einer starken Rede an die ehrenamtlichen Politiker, den Profis in der Verwaltung doch einfach mal zu vertrauen. Ihre Worte blieben unerhört. Statt einen Beschluss zu fassen, schoben CDU und Grüne die Entscheidung auf die lange Bank, um ihr Ratsbündnis vor dem Auseinanderfallen zu retten, da die Grünen einen Tunnel im Gegensatz zur CDU ablehnen. Erst 2023 soll nun entschieden werden. Für Blome bedeutete das am Ende eine klare Niederlage, ausgerechnet beim wichtigsten Thema.
Nacht-und-Nebel-Aktion in der Südstadt
Im Juni 2020 sorgte Blome – damals zuständig für die städtischen Liegenschaften – für negatives Aufsehen, als sie mitten in der Corona-Pandemie ein von wohnungslosen Menschen besetztes Haus an der Markstraße in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von der Polizei räumen lassen wollte. Nachdem sich die Politik einschaltete, sagte die Stadt die Räumung wieder ab – gemeinsam mit den Besetzern entstand daraus in den Wochen und Monaten danach ein innovatives Wohnprojekt, das später nach Deutz umzog.
Dass Blome im vergangenen Jahr Ordnungsdezernentin und Stadtdirektorin wurde, lag vor allem an den für sie günstigen äußeren Umständen. Bei den Verhandlungen über das derzeitige Ratsbündnis bestanden die Grünen als stärkste Fraktion darauf, einen neuen Verkehrsdezernenten aussuchen und vorschlagen zu dürfen. Die CDU musste den Posten daher räumen und für Amtsinhaberin Blome eine neue Verwendung finden. Da Stephan Keller – bis dato Kölner Stadtdirektor – bei der Kommunalwahl zum Düsseldorfer Oberbürgermeister gewählt wurde, war sein Posten frei. Blome konnte seine Nachfolge antreten.
Stadtdirektorin in Köln aufgrund äußerer Umstände
Das wäre grundsätzlich möglich gewesen, ohne dass sie dazu auch Stadtdirektorin hätte werden müssen, weil diese Position unabhängig von den Dezernaten vergeben wird. Lange Zeit stand im Raum, dass die für Finanzen zuständige und von den Grünen unterstützte Kämmerin Dörte Diemert Stadtdirektorin werden könnte – in den Verhandlungen setzte die CDU am Ende aber durch, dass sie die Stadtdirektorin vorschlagen darf. So kam Blome ins Spiel. Im Rathaus ist zu hören, dass die Grünen den Verlust des Stadtdirektorinnen-Postens inzwischen nicht mehr bedauern, da die derzeitige Inhaberin mit dem Amt bislang ohnehin nicht glänze.
Als Blome die Leitung des städtischen Corona-Krisenstabs übernahm, kam es zu einer viel beachteten Panne. Eine Sitzung Ende März 2021 endete, bevor diesem die damals aktuelle Corona-Schutzverordnung des Landes vorlag. So kündigte Blome zunächst an, dass es keinen verschärften Lockdown geben würde. Wenige Stunden später musste sie die Kehrtwende einlegen, Köln kehrte doch in den Lockdown zurück – für eine Millionenstadt wie Köln ein Unterschied mit einer erheblichen Tragweite.
Seit Blome für das Ordnungsamt zuständig ist, verschärften sich nach und nach die Konflikte mit den Gastronomen. Wirte und Wirtinnen fühlten sich bei aus ihrer Sicht übermäßig harten Kontrollen zunehmend von Mitarbeitern des Ordnungsdienstes bedrängt, einige berichteten von „Willkür und Schikane“. Mit dem aktuellen Rückzug der Gastronomen aus dem Dialog scheint das Tischtuch mit der Stadtdirektorin vorerst zerschnitten.
Blomes Amtszeit endet in zwei Jahren – eine Verlängerung ist aus Altersgründen kaum eine Option. Dezernenten dürfen die Pensionsgrenze maximal um drei Jahre hinausschieben. Fraglich scheint auch, dass die CDU Blome zur Kandidatin für die nächste Oberbürgermeisterwahl küren wird – wie aus der Partei zu hören ist, geht die Tendenz eher zu einer Kandidatin oder einem Kandidaten außerhalb der Stadtverwaltung.