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Streit mit HochschulgemeindeErzbistum verzichtet auf arbeitsrechtliche Schritte

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Koelner Dom

Im Schatten des Kölner Doms herrscht weiter Streit zwischen dem Erzbistum und der Katholischen Hochschulgemeinde. 

Köln – Im Konflikt um ein kirchenkritisches Positionspapier der Katholischen Hochschul-Gemeinde (KHG) hat das Erzbistum Köln auf etwaige arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen das Seelsorge-Team verzichtet. Dies sagte der kommissarische Leiter der KHG, Peter Krawczack, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Dem Erzbistum sei an Befriedung und konstruktivem Miteinander gelegen, betonte Krawczack, der als Leiter der Abteilung Schulpastoral und Hochschulen im Generalvikariat auch die Fachaufsicht über die KHG wahrnimmt. Es ist seine erste öffentliche Stellungnahme, seit das Erzbistum im November die KHG-Homepage zeitweilig abschalten und alle Hinweise auf das umstrittene Positionspapier entfernen ließ.

Abteilungsleiter bedauert Abschaltung der KHG-Homepage

Dies löste Zensurvorwürfe und heftige Proteste aus. Zahlreiche andere Hochschulgemeinden, Studierendenverbände, katholische Organisationen und Einzelpersönlichkeiten solidarisierten sich mit der KHG. Die Evangelische Studierenden-Gemeinde (ESG) machte das Positionspapier auf ihrer eigenen Homepage zugänglich. Die Abschaltung der KHG-Homepage bezeichnete Krawczack aus heutiger Sicht als „Katastrophe und komplette Fehleinschätzung, die ich sehr bedauere“.

Er habe seinerzeit die Notwendigkeit gesehen, eine klare Dienstanweisung zur Entfernung des Positionspapiers durchzusetzen. Der gewählte Weg sei aber falsch gewesen, räumte Krawczack ein. Das Bistum beharrt überdies auf dem Veröffentlichungsverbot für das umstrittene Papier.

Sprecherin Christina Weyand sagte auf Anfrage, wie bei jeder Kritik gehe es auch hier um „Fragen der Form und der Tonlage“. Die Ansichten darüber, was hier als angemessen anzusehen sei, gingen „natürlich oft auseinander“, und es sei „mitunter schwierig, hier eine Verständigung herbeizuführen“.

Positionspapier lobt Vielfalt sexueller Beziehungen

Das bereits 2019 verfasste Positionspapier lobt unter anderem die Vielfalt sexueller Beziehungen und beklagt eine immer größer werdende Kluft zwischen der Kirche und der Lebenswirklichkeit junger Menschen. Beispielhaft nennt das Papier die strukturelle Benachteiligung der Frau oder die Ablehnung gelebter Homosexualität.

„Um authentisch und transparent zu bleiben“, stellt das KHG-Team abweichend seine eigene Position klar. In 15 kurzen Punkten fordert sein Papier unter anderem die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern, die Anerkennung homosexueller Beziehungen, die Aufdeckung von sexuellem und geistlichem Missbrauch mit fristloser Entlassung erwiesener Täter sowie dem Rücktritt von Verantwortlichen, die Täter gedeckt und geschützt haben.

Hauptabteilungsleiterin intervenierte vor einem Jahr

Das Papier führte zu Interventionen der zuständigen Hauptabteilungsleiterin Schule/Hochschule, Bernadette Schwarz-Boenneke. Sie untersagte im Januar 2020 per Dienstanweisung die erneute Veröffentlichung und drohte bei Zuwiderhandlung arbeitsrechtliche Schritte an. In Kirchenkreisen geht man davon aus, dass das Fortbestehen des Verbots auf eine Direktive der Bistumsleitung zurückgeht, also von Kardinal Rainer Woelki selbst oder seinem Generalvikar Markus Hofmann veranlasst worden sein dürfte.

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Schwarz-Boennekes Stellvertreter Krawczack möchte jetzt vor allem nach vorne schauen. Das Erscheinen des Positionspapiers 2019 habe er als Grundlage für den Dialog mit den Studierenden grundsätzlich verstanden. In der Folge seien in der Auseinandersetzung nach seiner Wahrnehmung aber die Studierenden aus dem Blick geraten.

„Ich wünsche mir die Rückkehr zu den Sachfragen.“ Krawczack regte Diskussionsrunden zu den verschiedenen Themen des Papiers im kommenden Semester an. Auch wenn das Papier selbst nicht mehr auf der KHG-Homepage stehe, so sei es doch „in der Welt“.

Für das Team wies Pastoralreferentin Martina Schäfer-Jaquemain Krawczacks Ansinnen umgehend zurück und sprach von einer völlig inakzeptablen Idee. „Wir sollen über ein Papier reden, das nicht auf unserer eigenen Homepage stehen darf? Was soll das?“

Weiter kritisierte sie, dass das Erzbistum andere Vorschläge für einen „Austausch auf Augenhöhe“ bislang nicht akzeptiert habe, etwa die Veröffentlichung einer kommentierten Version des Papiers oder einer inhaltlichen Positionierung des Bistums im Programm der KHG. Schäfer-Jacquemain begrüßte den Verzicht auf arbeitsrechtliche Schritte gegen sie und ihr Team.

Sie zog eine Parallele zum Vorgehen gegen den Dormagener Pfarrer Klaus Koltermann. Ihm hatte das Erzbistum nach einer Rücktrittsforderung an Kardinal Woelki ebenfalls mit Konsequenzen gedroht, dann aber – auch unter dem Eindruck heftiger Proteste – schnell eingelenkt.

Pastoralreferentin wirft Erzbistum Zensur vor

„Was bei Koltermann in drei Tagen ging, hat bei uns drei Monate gedauert“, sagte Schäfer-Jacquemain. Die ersatzlose Entfernung des Positionspapiers von der Homepage bezeichnete sie erneut als nicht hinnehmbar. „Die katholische Kirche lebt mit einer unheilvollen Geschichte von Zensur. Das umfassende Veröffentlichungsverbot und der Zugriff des Erzbistums auf unsere Website hatte Informationskontrolle durch Macht zum Ziel und war damit faktisch Zensur.“

Das Bistum wollte Spekulationen über eine Ablösung des gesamten KHG-Teams und die Übertragung der Seelsorge an eine geistliche Gemeinschaft nach dem Vorbild der KHG Bonn nicht kommentieren. „Ich setze mich an den Standorten der Hochschulseelsorge für ein breites, differenziertes Angebot an Studierende und Lehrende ein“, betonte Krawczack.

Die Kölner KHG solle „ein Ort bleiben, an dem sich auch Studierende wohlfühlen können, denen die verfasste Kirche eher als Fremdkörper vorkommt“.