Köln – Der nächtliche Flugverkehr am Kölner Airport kann Untersuchungen zufolge gravierende gesundheitliche Schäden und millionenschwere Folgekosten verursachen. Zwei Studien im Auftrag des Umweltbundesamtes ergaben ein erhöhtes Risiko für mehrere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronisches Nierenversagen, psychische Störungen oder auch Demenz. Für den Zeitraum 2012 bis 2021 sei mit 3700 Erkrankungsfällen und darunter 600 vorzeitigen Todesfällen zu rechnen. Das sind 60 Tote jährlich. Man müsse zudem von rund 274 Millionen Euro Krankheitskosten ausgehen. Das berichteten Professor Eberhard Greiser vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen als Studien-Autor, die Bundesvereinigung gegen Fluglärm und die Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn am Montag in Düsseldorf.
Flughafen hält Studie für fehlerhaft
Der Kölner Flughafen erziele mit dem unbeschränkten Nachtflug nicht einmal überzeugende Gewinne, meinte BVF-Präsident Helmut Breidenbach. Nach den vom Airport veröffentlichten Ergebniszahlen ließen sich einer Million Euro Gewinn rechnerisch rund 106 Krankheitsfälle und etwa 7,8 Millionen Euro Krankheitskosten gegenüberstellen. Auch Forscher aus Mainz und den USA hatten in einer im Juli präsentierten Studie herausgefunden, dass Fluglärm zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.
Inzwischen hat die Geschäftsleitung des Flughafens auf die Veröffentlichung reagiert. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir das Gutachten zur Kenntnis bekommen, bevor es öffentlich vorgestellt wird", so der Wortlaut der Pressemitteilung. „Nach unserem ersten Eindruck besteht der medizinische Teil aus bereits seit Jahren bekannten Greiser-Studien, die in der Fachwelt wegen methodischer Mängel umstritten sind. Der volkswirtschaftliche Nutzen des Flughafens wird in der Presseinformation zur Studie reduziert auf den jährlich erwirtschafteten Gewinn.“
Im weiteren gehen die Flughafen-Verantwortlichen auf die aus ihrer Sicht fehlerhaften Methoden der Studien ein: „Die bisherigen Untersuchungen von Prof. Greiser erheben zwar hohe Ansprüche, wurden aber im wissenschaftlichen Diskurs der Experten als nicht ausreichend und fehlerhaft bewertet. Auch die Rechtsprechung ist den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchungen bisher nicht gefolgt.“ Daneben verweist die Pressemitteilung auf die so genannte Norah-Studie, die derzeit federführend von der Uni Bochum erstellt wird. „Sie wird die bisher umfassendste Studie auf dem Gebiet der Lärmwirkungsforschung sein. Erste Ergebnisse erwarten wir 2014.“
Bund kippt NRW-Vorstoß
Der NRW-Landtag hatte bereits mehrfach seit 1997 verlangt, zum Schutz der Anwohner den Nachtflug zu beschränken. Auch aus der Landesregierung waren Initiativen gekommen. Der Bund hat aber das letzte Wort. Im April 2012 hatte die rot-grüne Landesregierung für Passagiermaschinen von 00.00 Uhr bis 05.00 Uhr ein Nachtflugverbot beschlossen und dem Bund unterbreitet. Das Bundesverkehrsministerium untersagte das Verbot im Sommer 2012, weil damit rechtswidrig eine bis 2030 gültige Betriebsgenehmigung zum Teil widerrufen würde. Breidenbach sagte, er habe wenige Hoffnung, dass es in einer neuen Bundesregierung nun ein Umdenken geben werde. „Aber natürlich muss man da einen neuen Anlauf nehmen.“ (ksta, dpa)