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Verurteilter SchwerverbrecherEhemaliger Mithäftling erschleicht sich bizarren Auftritt im Drach-Prozess

Lesezeit 2 Minuten
Thomas Drach (l.) mit seinem Verteidiger Andreas Kerkhof beim Prozess im Kölner Landgericht.

Thomas Drach (l.) mit seinem Verteidiger Andreas Kerkhof beim Prozess im Kölner Landgericht.

Das laufende Verfahren um den Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist um einen kuriosen Vorfall reicher.

Mit einem bizarren Auftritt im Zeugenstand hat ein verurteilter Schwerverbrecher beim Prozess um Thomas Drach die Verfahrensbeteiligten an der Nase herumgeführt. André J. (50) hatte mit dem Reemtsma-Entführer in der JVA Köln eingesessen und diesen in einem Brief schwer belastet. Am Mittwoch im Landgericht wollte er davon aber nichts mehr wissen. „Der Thomas“ sei unschuldig.

Köln: Angeblicher Zeuge erschleicht sich Auftritt im Prozess

Im Brief und später auch bei einer Polizeivernehmung hatte J. von Gesprächen mit Thomas Drach zu dessen angeblichen Taten im Gefängnis berichtet – wie es bereits ein „Kronzeuge“ getan hatte, der im laufenden Prozess bereits mehrfach vernommen worden war. Er kenne diesen Mann, den J. eine „Ratte“ und einen „Zinker“ nannte, diesem habe er im Knast mehrfach Tabletten verkauft.

„Ich wollte jetzt mal präsentieren, wie einfach es ist, hier vor Gericht zu erscheinen und eine Falschaussage zu tätigen“, sagte André J. völlig unverblümt. Drach habe im Knast nichtmal im Ansatz über die hier verhandelten Geldboten-Überfälle gesprochen. „Wenn ich den Thomas darauf angesprochen hätte, dann hätte der mich ausgelacht“, so J., denn Drach sei „nicht doof.“

Landgericht Aachen: Notdurft in Gerichtssaal verrichtet

Der andere Häftling hätte Drach belastet, um Vorteile bei seinem eigenen laufenden Drogen-Verfahren zu bekommen und dieser Plan sei aufgegangen. André J. sagte, das hätte er auch machen können. „Ich mache das aber nicht, ich bin ein Ehrenmann und kein Schwein.“ Fragen hatte der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern daraufhin nicht mehr an den „Zeugen“.

Gebrüstet hatte André J. sich auch damit, vor fünf Jahren bei einem Prozess im Landgericht Aachen für Aufruhr gesorgt zu haben: „Da habe ich in den Saal geschissen, das kann man bei der Presse nachlesen.“ Damals ging es um versuchten Mord in einer forensischen Klinik. J. sage, er habe versucht, drei Kinderschänder zu töten. In einem Fall mit der Spitze eines Kugelschreibers.

Drach-Mithäftling verbrachte 30 Jahre hinter Gittern

Das Schwurgericht in Aachen war nach dem Vorfall mit der Notdurft in einen anderen Saal umgezogen. In Abwesenheit wurde André J. schließlich zu einem erneuten Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie verurteilt. Seit 2010 sei er laut eigener Aussage nicht mehr in Freiheit gewesen. 30 Jahre habe er insgesamt bereits im Gefängnis verbracht, das J. „zu Hause“ nannte.

Zum Abschluss seiner Vernehmung im Landgericht entschuldigte sich André J. für seine Falschaussage, die ihn in den Zeugenstand geführt hatte. Dann wurde der Mann mit den blondierten Haaren, Pferdeschwanz und Sonnenbrille abgeführt. Da er als hochgefährlich gilt, musste J. Hand- und Fußfesseln tragen. Der Prozess gegen Thomas Drach wird fortgesetzt.