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Todesfall auf A3 in KölnBaufirmen durchsucht – Ermittlungen gegen 15 Beschuldigte

Lesezeit 2 Minuten
UNfall A3 Dellbrück

Das Unfallauto nachdem die Betonplatte abtransportiert wurde.

Köln – Lange war unklar, ob für den tödlichen Betonplatten-Unfall auf der Autobahn 3 in Dellbrück jemals Verantwortliche juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. Seit Freitag erscheint das nun sehr wahrscheinlich. In Münster und Ibbenbüren durchsuchten Ermittler die Geschäftsräume von zwei Baufirmen, die die Lärmschutzwand einst so mangelhaft aufgebaut haben sollen. Zeitgleich fand eine Razzia im zuständigen Landesbetrieb Straßen NRW in Gelsenkirchen statt.

Sichergestellt wurden in allen Durchsuchungen vor allem E-Mail-Postfächer, die jetzt ausgewertet würden, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung richteten sich nun nicht mehr gegen Unbekannt, sondern gegen insgesamt 15 Beschuldigte, darunter sieben Mitarbeiter des Landesbetriebs, zwei Prüfingenieure und sechs Mitarbeiter der Baufirmen.

Die 15 Männer sollen in verantwortlicher Position gewesen sein. Sie verbleiben zumindest zunächst auf freiem Fuß. Ob es zu einer Anklage kommen wird, ist noch unklar. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.

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Tödliche Flickschusterei

Am 13. November 2020 hatte sich kurz vor der Ausfahrt Dellbrück ein tonnenschweres Betonteil aus der Schallschutzwand gelöst und eine Kölnerin in ihrem Kleinwagen unter sich begraben. Die 66-Jährige war sofort tot. Mehrere Gutachten hatten in der Folge festgestellt, dass das Betonteil mangelhaft angebracht worden war – womöglich in einer eiligen Aktion in der Nacht auf den 28. August 2008, um den Termin für die feierliche Einweihung der Wand halten zu können. Die beiden oberen Haltepunkte seien womöglich abweichend von der geprüften Statik angebracht worden sein, sagte Bremer. Außerdem sollen die Haltepunkte eigenmächtig verschweißt worden sein. Gegen Korrosion sollen die Halterungen darüber hinaus nicht geschützt worden sein. Von „tödlicher Flickschusterei“ war im Anschluss im NRW-Landtag die Rede.

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Seit Januar sind die 15 Beschuldigten namentlich im Visier der Ermittler. Wer genau für welche Mängel verantwortlich gewesen sein könnte, dürfte sehr mühsam herauszufinden sein. Womöglich hilft dabei der gefundene E-Mail-Verkehr. Dieser könnte auch die rechtliche Verantwortung der Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßen NRW belegen. Dessen Gutachter sollen nämlich die Mängel zwar bei der Erstzulassung 2008 zunächst erfasst, aber irgendwann einfach nicht mehr verfolgt haben. Fünf Jahre später erhielt die Konstruktion bei einer Überprüfung noch die Bestnote, obwohl genau die fragliche Stelle nicht richtig kontrolliert wurde. 2019 wurde die nächste angesetzte Prüfung wegen Überlastung der Kontrolleure abgesagt.