Köln – Unter Studenten und Mitarbeitern des Physikalischen Instituts der Uni Köln herrscht Unruhe. Mehrere Gebäudeteile sind mit dem Umweltgift PCB belastet. Dabei war das Gebäude bereits saniert worden, nachdem 2014 gutachterlich hohe PCB-Werte in der Raumluft festgestellt worden waren. Der Einsatz von PCB ist seit 1989 in Deutschland verboten. Noch heute aber findet man sie in der Substanz vieler Häuser, vor allem in Fugendichtmassen.
Vor einer „Zeitbombe“ hat der Deutsche Naturschutzring – Dachverband von rund 100 Natur-, Tier- und Umweltschutzverbänden – bereits vor geraumer Zeit gewarnt. Auch am Kölner Uni-Center, dem zweitgrößten Wohnhaus Europas, ist PCB ein Thema. Dort allerdings lagen die Belastungswerte in der Regel vor der Sanierung niedriger als am Physikalischen Institut danach.
Keine Entwarnung an der Uni Köln
Dort tauchte das Thema PCB-Belastung durch ein Mess-Diagramm wieder auf, das kürzlich am Fachschaftsbrett ausgehängt wurde. Es zeigt die PCB-Werte, die im vergangenen Jahr nach der Sanierung in Hörsälen, Aufenthaltsräumen und Treppenhäusern des Gebäudes gemessen wurden. Laut der PCB-Richtlinie in NRW gilt eine Belastung von mehr als 300 Nanogramm (ng) pro Kubikmeter (m³) als kritisch. Von 3000 ng/m³ an ist eine umgehende Sanierung gesetzlich vorgeschrieben. Bei Werten darunter seien mittelfristig Schritte notwendig, heißt es.
Die letzten Messwerte an der Uni Köln sind nun alles andere als eine Entwarnung: An sechs von acht Messpunkten wird der gesetzliche Grenzwert von 300 ng/m³ noch immer überschritten. Die PCB-Belastung ist mit Werten von bis zu 1590 ng/m³ teilweise sogar mehr als fünfmal so hoch.
Im Oktober 2014 schrieb ein Ingenieurbüro in einem Gutachten, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, alle Fugenmassen in den Treppenhäusern des Gebäudes Zülpicher Straße 77 seien hochgradig PCB-haltig. Im Treppenhaus der Kernphysik nähere sich der PCB-Wert in der Raumluft mit 2955 ng/m³ der kritischen Grenze von 3000 ng/m³. Die im Anschluss vorgenommene Sanierung war ein Fehlschlag. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Fachgruppe Physik der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Lüften empfohlen
Auf der Universitäts-Webseite heißt es unter „Erweiterung und Generalsanierung der Physikalischen Institute“ beim Punkt „Sonstiges“ zur Sanierung: „Das Ergebnis ist leider wenig zufriedenstellend und wir warten derzeit auf Informationen der Verwaltung zu kurz- und mittelfristigen Maßnahmen.“ Da das PCB vornehmlich in Fluren und Treppenhäusern auftritt, wird regelmäßiges Lüften empfohlen. Mit einem Aushang an einem geöffneten Fenster verweist die Verwaltung auch auf die Notwendigkeit der Lüftung, verschweigt aber den genauen Grund. Schadstoffe seien entfernt worden, steht dort, ein Hinweis darauf, dass die Belastung noch vorherrscht, fehlt.
Dauerhaft seien derartige Belastungswerte nicht akzeptabel, sagt Helmut Köttner vom Sentinel-Haus-Institut, das im Bereich gesundes Bauen berät. Der Experte verweist auf Schwierigkeiten, die sich bei Sanierungen ergeben, da Fugenmasse oft an „abenteuerlichsten Stellen“ und in nicht unmittelbar zugänglichen Stellen aufgetragen sei. Die Belastung in Treppenhäusern nach einer Sanierung und ohne übersehene Sekundärquellen wie Vorhänge oder Teppichböden sei anders nur schwer erklärbar. Allein aus Gründen der Transparenz sei es geboten, Studierende und Angestellte zu informieren. Das fordert auch Arndt Klocke, Fraktionschef der Grünen im NRW-Landtag: „Wenn hier fünffach höhere Werte erreicht werden, als es gesichert gesundheitsverträglich wäre, muss gehandelt werden. Ich erwarte, dass die Hochschulleitung transparent mit dem Problem umgeht.“
Ein transparenter Umgang mit der Belastung ist bislang am Institut nicht auszumachen. Studenten – sofern sie Kenntnis von dem Sachverhalt haben – und Universitäts-Angestellte seien verunsichert und mit der Kommunikation der Universität unzufrieden, heißt es in Fachschaftskreisen. Aus Sorge vor negativen Folgen mag sich niemand persönlich zitieren lassen. Das Diagramm, das die hohe PCB-Belastung nach der Sanierung zeigt und offenbar aus dem Jahr 2016 stammt, hat die Fachschaft wieder entfernt.
Im Bericht der Schadstoff-Gutachter übrigens heißt es, dick unterstrichen und in Fettdruck: „Die Nutzer (Lehrkräfte, Studenten, Personalrat, etc.) sind über die Untersuchungsergebnisse zu informieren.“Uni-Sprecher Patrick Honecker sieht bei der Universität keine Schuld: Die 2016 erhobenen Werte seien an Ostern dieses Jahres bei einer Infoveranstaltung mit dem akademischen Personal kommuniziert worden. Man habe darauf gesetzt, dass diese die Nachrichten an die Studenten weitergeben würden.
Die Sanierung der für die anhaltende Belastung verantwortlichen Bodenfugen soll in den kommenden Semesterferien erfolgen. Trotzdem erkennt Honecker keine Dringlichkeit bei der Sanierung: „Die Belastung ist weit unter gesundheitlichen Risikogrenzen. Hier besteht keine Gesundheitsgefährdung.“