Köln/Münster – Die Polizei muss am Samstagnachmittag für die Dauer einer angemeldeten Versammlung auf dem Wiener Platz mehrere Überwachungskameras verhüllen. Die Apparate entfalteten durch ihre bloße Präsenz eine abschreckende und einschüchternde Wirkung auf die Demonstrationsteilnehmer, entschied das Verwaltungsgericht Köln am Donnerstag. Eine Beschwerde der Polizei lehnte das Oberverwaltungsgericht Münster am Freitag ab. Die Kamerapräsenz stelle einen Eingriff in das Versammlungsgrundrecht dar, hieß es in der Begründung. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Rechtsanwalt Michael Biela-Bätje, der den Versammlungsleiter vertritt, schreibt der Gerichtsentscheidung eine Signalwirkung über den Samstag hinaus zu. „Mit dem Beschluss hat das Gericht das Versammlungsrecht gestärkt“, sagte Biela-Bätje dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Jeder Fall muss einzeln bewertet werden
Seit 2016 seien in Köln die Bereiche mit polizeilicher Videokamera „irrsinnig ausgeweitet“ worden. Für Demonstrationen gelte aber ohnehin, dass die Kameras nicht filmen dürften und „nicht mal so tun dürfen, als ob“, so Biela-Bätje. Er trennt damit deutlich zwischen lediglich abgeschalteten und verhüllten Kameras. Für Außenstehende sei nicht zu erkennen, ob die Kameras ein- oder ausgeschaltet sind.Eine Bindungswirkung für ähnliche Fälle in der Zukunft sieht das Gericht selbst jedoch nicht. „Es müssen jeweils die Umstände des Einzelfalls abgewogen werden“, sagte Lilo Gerdes, Sprecherin des Verwaltungsgerichts.
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Für Polizeiwissenschaftler Christoph Keller von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen entspricht das Urteil klar der gültigen Rechtslage. „Die Versammlungsfreiheit ist mit Recht ein hohes Gut in Deutschland. Die Kameramaste können Teilnehmer davon abhalten, zu der Demonstration zu gehen. Das wäre ein Eingriff in die innere Versammlungsfreiheit“, sagt Keller.
Straftaten sollen verhindert werden
Ursprünglich hatte die Polizei angekündigt, die Kameras für die Dauer der Demonstration auszuschalten, aber einen Abbau oder eine Verhüllung abgelehnt. In der Vergangenheit sei nicht zu beobachten gewesen, dass sich Teilnehmer durch die bloße Präsenz von ausgeschalteten Kameras von Versammlungen hätten abhalten lassen, hieß es von der Polizei. Die Kameras seien auch nicht zur Beobachtung von Versammlungen installiert worden, sondern zur Verhütung von Straftaten.
Die „Demonstration gegen Repression“ ist für den Samstag mit etwa 300 Teilnehmern geplant. Ein Protestzug soll durch Kalk und Mülheim ziehen. Auf dem Wiener Platz stehen seit Anfang Dezember vier Kameramasten, die neben dem Platz auch umliegende Straßen abdecken.