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Wirtschaftsfaktor UniStudenten und Mitarbeiter spülen viel Geld in die Kölner Kassen

Lesezeit 5 Minuten

„Ohne die Studenten gäbe es viele Geschäfte auf der Zülpicher Straße nicht“.

Wenn Studentin Annika Kirchesch (22) und ihr Freund Einkaufen gehen, freuen sich die Bio-Läden in ihrem Stadtteil Neuehrenfeld. „Wir geben relativ viel für unsere Lebensmittel aus“, sagt die junge Frau, die an der Universität Deutsch und Linguistik lernt. Aber auch sonst bleiben einige Euros, die sie ausgibt, in den Kölner Kassen: Allein 40 Prozent ihres Einkommens geht für die Miete drauf, der Rest für Bücher und Haushaltsmittel. Und mal geht sie mit Freunden ins Kino, mal in der Südstadt etwas trinken. Laut Kölner Studierendenwerk haben die Studenten etwa 850 Euro zur Verfügung – der größte Teil davon bleibt in der eigenen Stadt.

Wirtschaftsfaktor Universität: Köln profitiert wie kaum eine andere Stadt von seinen wissenschaftlichen Einrichtungen und den angehenden Akademikern: Jeder zehnte Einwohner der Stadt studiert an einer der 19 Hochschulen, immerhin knapp jeder 20. Kölner an der Universität Köln. Die Hochschulen und besonders die Universität heben nicht nur den Nimbus der Stadt, sondern spülen Einzelhandel, Firmen, aber auch Vermietern viele Millionen Euro pro Jahr in die Kassen.

Volle Geschäfte, Cafés und Kneipen

Die Kölner Wissenschaftsrunde schätzt in ihrem Bericht „Wachstumstreiber Wissenschaft“ von 2017, dass die Hochschulen für eine Nachfrage von 1,65 Milliarden Euro pro Jahr in Köln sorgen. 895 Millionen Euro gehen dabei auf das Konto der wissenschaftlichen Einrichtungen, 695 Millionen Euro auf die Nachfragekraft der Studenten. 70 Millionen Euro werden laut Kölner Wissenschaftsrunde durch Kongresse erzielt.

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Das Kwartier Latäng an der Zülpicher Straße

Abends auf der Zülpicher Straße kann man einiges davon erleben: Trauben von jungen Menschen sitzen auf dem bereits zum Kult gewordenen Mäuerchen gegenüber der Mensa. Die benachbarten Kioske freut der Umsatz. Voll sind auch die Döner-Buden und Falafel-Geschäfte, die Cafés und die Kneipen. Der „Stiefel“ ist im Viertel eine Institution, die schon Generationen von Studenten gesehen hat. Inhaber Stephan Freund sagt, viele der Studenten wollten fast täglich ausgehen, anderen Menschen reiche es, wenn sie ein- oder zweimal pro Woche in die Kneipe gingen. Auch wenn sie nicht über viel Geld verfügten, wirtschaftlich seien sie eine starke Kraft. „Ohne die Studenten gäbe es wohl viele Geschäfte auf der Zülpicher Straße nicht.“

Geld, wo man es nicht sehen kann

Viel Geld aus dem universitären Umfeld landet aber auch dort, wo man es auf den ersten Blick nicht sehen kann: Das Geld fließt vor allem an öffentliche und private Dienstleister (580 Millionen Euro), den Einzelhandel (480 Millionen Euro) und das verarbeitende Gewerbe (150 Millionen Euro). Die wissenschaftlichen Einrichtungen zahlten zwölf Millionen Euro Gewerbesteuer – und realisierten Bauprojekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 2,7 Milliarden Euro.

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Studenten in der Uni in Köln

Wie viel davon durch die Universität aufgebracht wird, kann man nur schätzen. Weil jeder zweite der insgesamt knapp 100 000 Studenten an der Kölner Uni lernt, kann man annehmen, dass knapp 350 Millionen Euro von den Uni-Studenten ausgegeben werden. Bei der Nachfrage durch die wissenschaftlichen Einrichtungen sowie der Kongresse wird der Effekt der Universität vermutlich über 50 Prozent liegen, da die Hochschule als besonders forschungsstark gilt und hier mehr als an kleineren Hochschulen gebaut wird.

Magnet für Besucher

Der Wissenschaftsstandort Köln – und hier auch an erster Stelle die Universität – ist auch ein Magnet für Gäste. Josef Sommer, Geschäftsführer von Köln-Tourismus, schätzt, dass 4,5 Millionen Menschen Köln wegen der Hochschulen besuchen. Darunter zählen einerseits die Verwandten und Freunde, die die Studenten besuchen. Andererseits gilt Köln auch als Hochburg für Kongresse und ähnliche Veranstaltungen. Sommer rechnet damit, dass die „Wissenschaftsbesucher“ insgesamt einen Umsatz von 200 Millionen Euro in Köln ausmachen.

Uni Köln dpa

Die Uni in Köln

Damit die Wirtschaft rund läuft, bedarf es der immer rarer werdenden Fachkräfte. Die Kölner Hochschulen tragen ihren Teil dazu bei, damit die Lücke nicht zu groß wird. Jährlich streben mehr als 14000 Akademiker, die als hoch qualifiziert gelten, aus Kölner Hochschulen auf den Arbeitsmarkt. An der Universität Köln waren es 2017 insgesamt 7800 Absolventen. Berechnungen der Wissenschaftsrunde zufolge bleiben 60 bis 75 Prozent der Absolventen in den ersten drei Jahren in der Region beziehungsweise im Rheinland. Andererseits ziehen die Hochschulen in Köln viele junge Menschen an: Allein an der Kölner Uni gingen im Wintersemester 2017/2018 insgesamt 40000 Bewerbungen für 6000 Studienplätze ein.

Ruf reicht bis in weite Länder

Wären Uni und Uniklinik eine Firma, wären sie mit gut 16000 Mitarbeitern der drittgrößte Kölner Arbeitgeber nach Ford und der Stadtverwaltung – noch vor Rewe, der Bahn oder Axa. Im Geschäftsbericht der Uniklinik kann man nachlesen, dass den Mitarbeitern 2017 ein Gehalt in Höhe von 418 Millionen Euro ausgezahlt worden sei. Von den 4000 Neugründungen pro Jahr im IHK-Bezirk Köln steht rund ein Drittel im Zusammenhang mit einer wissenschaftlichen Einrichtung, so die Wissenschaftsrunde. Pro Jahr entstehe ein Effekt auf dem Arbeitsmarkt von 4000 Arbeitsplätzen.

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Der Ruf der Wissenschaftsstadt reicht bis in weit entfernte Länder. Allein an der Uni lernen 5000 internationale Studenten. Nicole Aranibar (26) etwa ist aus Bolivien nach Köln gekommen, um Betriebswirtschaft zu studieren. Deutschland hat in ihrer Familie einen guten Ruf, viele ihrer Onkel und Tanten haben deutsche Schulen im südamerikanischen Land besucht. Sie ist aber die erste, die den Sprung nach Europa gewagt hat. Deutschland kennt sie von einem Jahr als Austauschschülerin in München. Die bayrische Kapitale hat ihr aber nicht gut gefallen, so dass die Wahl zum Studium auf Köln fiel.

Dass die Kölner Uni so viel Strahlkraft entwickelt, hätten sich wohl auch die Gründer um Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer nicht vorgestellt. Im ersten Jahr lernten nur einige Hundert Studenten in Köln.