Der Streit über die „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“ spitzt sich zu. Für eine anfangs ausgeschlossene Finanzierung aus der Kirchensteuer erklärt Kardinal Woelki die Einrichtung zu einem „pastoralen Schwerpunkt“. Laienvertreter widersprechen.
Woelki-HochschuleSPD spricht von Täuschung der Landesregierung
Im Streit über die von Kardinal Rainer Woelki protegierte „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“ (KHKT) und ihre Finanzierung wirft die SPD Woelki vor, nicht nur die kirchlichen Aufsichtsgremien übergangen, sondern auch die Landesregierung getäuscht zu haben.
„Gesetzliche Fiktion“ einer gesicherten Finanzierung
„Die Wissenschaftsministerin darf sich dieses Spiel nicht länger bieten lassen“, sagte der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Bastian Hartmann, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Hartmann bezog sich auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion zu den Vereinbarungen zwischen der Landesregierung und dem Erzbistum Köln über den Betrieb der KHKT als einer staatlich anerkannten Einrichtung.
In der Antwort vom 22. November, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, führt Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) unter anderem aus, dass der Anerkennungsbescheid des Landes für die KHKT vom 22. Januar 2020 die Finanzierung der Studiengänge „zum Zeitpunkt der Anerkennung“ für gesichert erklärt.
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Hintergrund ist, dass das NRW-Hochschulgesetz die dauerhafte wirtschaftliche Sicherung einer Bildungseinrichtung im Fall der Kirche mit ihrer Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts von vornherein als gegeben betrachtet. Auf dieser „gesetzlichen Fiktion“ basiert auch die Anerkennung der KHKT.
KHKT erhält ihr Geld bisher aus einem bischöflichen Sondervermögen
Für den Betrieb der KHKT hat Woelki eigens eine Stiftung gegründet. Die Finanzierung erfolgt bislang aus einem bischöflichen Sondervermögen, das den Bedarf mangels Masse aber nicht dauerhaft decken kann. Aus einer anfänglichen Finanzierungszusage von 1,2 Millionen Euro wurde bereits in den Folgejahren eine fast dreimal so hohe Summe. Für den Regelbetrieb sind nach Schätzungen auf Dauer acht bis neun Millionen Euro erforderlich.
Dafür will Woelki nun – entgegen ursprünglichen Beteuerungen – doch Kirchensteuermittel verwenden. Mitglieder seines Kirchensteuer- und Wirtschaftsrats (KiWi), bestätigten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), wonach Woelki die KHKT jetzt zu einem „pastoralen Schwerpunkt“ erklärt, gegen dessen Finanzierung sich die Aufsichtsgremien schwerlich wehren können. Die FAZ sprach von einem „Schachzug“ des Kardinals.
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ formiert sich dagegen gleichwohl Widerstand. So will der wichtige Wirtschaftsplanausschuss die Zustimmung zur KHKT-Finanzierung zunächst nicht über 2024 hinaus zusagen und an Auflagen knüpfen. Laut einer Beschlussvorlage für die KiWi-Sitzung am 2. Dezember, in der der Bistumsetat für 2023 beschlossen werden soll, werden ein Alternativ-Szenario für die Schließung der KHKT und eine Erklärung zu deren Notwendigkeit als zusätzlicher theologischer Ausbildungsstätte gefordert.
Dem Erzbistum drohen finanzielle Lasten in dreistelliger Millionenhöhe
Aus Kirchenkreisen ist von „Unmut“ und „Aufruhr“ in den Kontrollgremien zu hören, weil allen klar sei, dass die gegenwärtig an die KHKT fließenden drei Millionen Euro pro Jahr „niemals ausreichen werden“. Das anzunehmen, sei schlicht „Blödsinn“, sagte ein mit der Materie vertrauter Experte. In den Gremien wird auch auf umfangreiche Pensionsverpflichtungen für die Belegschaft der KHKT verwiesen, die zu Lasten des Erzbistums gingen.
Angesichts bevorstehender massiver finanzieller Einschnitte – die Rede ist von einem dreistelligen Millionenbetrag in den nächsten zehn Jahren – gebe es erhebliche Bedenken, mit der KHKT eine neue, zusätzliche finanzielle Verpflichtung in ähnlicher Größenordnung einzugehen.
Auch die Vize-Vorsitzende des Kölner Diözesanrats, Bettina Heinrichs-Müller, verwies auf die „angespannte pastorale Situation im Erzbistum“. Die Gemeinden benötigten „jeden Cent“. Die Finanzierung einer „komplett überflüssigen“ Hochschule aus Kirchensteuermitteln sei vor diesem Hintergrund „absolut auszuschließen“.
Laien kritisieren: Äpfel mit Birnen vertauscht
Zudem sei die KHKT „keine pastorale, sondern eine wissenschaftliche Angelegenheit. Hier werden Äpfel mit Birnen vertauscht, es wird getrickst, um Druck aufzubauen und die KHKT gegen alle Widerstände durchzusetzen.“ Es sei zu hoffen, dass die Finanzgremien dem Ansinnen des Erzbischofs nicht nachgäben und eine Finanzierung der KHKT aus Kirchensteuermitteln ablehnten.
Wie Brandes in der Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD weiter ausführt, geht der Bescheid des Landes von einer gesicherten Finanzierung der KHKT für mindestens sieben Jahre aus. Damit sollen Studierende, die noch im Wintersemester 2019/20 in Sankt Augustin begonnen hatten, die Gewähr haben, ihre Ausbildung „bei Fortführung der Studiengänge über fünf Jahre zuzüglich zweier Karenzjahre beenden“ zu können.
Für den Fall einer weiteren Entwicklung sei das Erzbistum gebeten worden, rechtzeitig Gespräche aufzunehmen. Bislang aber, so Brandes, habe „der Träger keinerlei Gesprächsbitten zu weiteren Planungen oder Entwicklung der Hochschule an das Land Nordrhein-Westfalen herangetragen“.
„Kein Wunder, wenn sich viele getäuscht und betrogen fühlen“
Hartmann zeigte sich nach dieser Auskunft der Ministerin verwundert: „Der Kardinal hat doch bereits vor Monaten öffentlich erklärt, dass er die KHKT auf Jahrzehnte sichern wolle. Obendrein hat er die KHKT jetzt sogar zu einem pastoralen Schwerpunkt erklärt. Von nur sieben Jahren ist da überhaupt keine Rede mehr – ganz im Gegenteil.“
Vergleiche man Brandes‘ Auskünfte mit Woelkis tatsächlichem Agieren, dann – so Hartmann – sei der Eindruck kaum abzuweisen, „dass der Kardinal also auch gegenüber der Landesregierung sein eigenes Spiel spielt. Kein Wunder, wenn sich auch in dieser Sache viele getäuscht und betrogen fühlen.“
SPD sieht Wissenschaftsministerin Ina Brandes gefordert
Mit der Gründung der Stiftung als einziger Gesellschafterin der KHKT habe Woelki Fakten geschaffen, ohne die relevanten Gremien in die Beratung einzubeziehen und ohne den beteiligten Institutionen und der Politik alle relevanten Fakten und seine Absichten offen zu legen – insbesondere die Finanzierung der KHKT. Schon bei Gründung der Stiftung sei eigentlich schon klar gewesen, dass das Erzbistum Köln im Bedarfsfall finanziell einspringen und dafür auf Kirchensteuermittel zurückgreifen müsse.
Wie die NRW-Hochschulrektorenkonferenz wittert die SPD hinter Woelkis Einsatz für die KHKT den Versuch, die katholisch-theologische Fakultät der Universität Bonn zu schwächen. „Die Ministerin muss das durchkreuzen und sich im Interesse des Wissenschaftsstandorts NRW schützend vor die Universität stellen“, sagte Hartmann.