Der Trend, die eigenen vier Wände zum Tausch anzubieten, wächst. Immer mehr Menschen versuchen so, Massenbesichtigungen zu umgehen.
Schwierige WohnungssucheKölner Paar findet seine Traumwohnung per Tauschangebot
Die Wohnung ist ein Traum. Hohe Decken, knarzender Holzboden, lichtdurchflutet, gleich am Rathenauplatz gelegen. „Ein absoluter Glücksgriff“, bringt es Daniel Nienkämper auf den Punkt. „Auf dem klassischen Wohnungsmarkt haben wir es gar nicht erst versucht.“ Denn wer in Köln eine Wohnung sucht, noch dazu eine bezahlbare, hat es schwer und braucht sehr viel Zeit, Geduld und Glück. Auf ein Angebot kommen nicht selten hunderte Interessenten. Und die stehen dann bei Massenbesichtigungen Schlange.
Köln: Immer mehr Mietwohnungen werden zum Tausch angeboten
Um diesem Wahnsinn zu entgehen, probierten es der 34-Jährige und seine Partnerin Mana Kakuan über ein Portal für Tauschwohnungen. Zuvor hatten beide allein gewohnt. Keine der bisherigen Wohnungen war groß genug, um dort gemeinsam einzuziehen. „Wir haben uns nur vier Wohnungen angesehen, dann haben wir diese gefunden“, sagt Mana Kakuan. Es ist die Wohnung, in der zuvor Claudia Schwarz gelebt hat. „Ich bin in dieser Wohnung aufgewachsen“, sagt die 32-Jährige. Ihre Eltern hatten schon immer vorgehabt, nach Spanien zu ziehen, wo Schwarz‘ Mutter geboren ist. „Für mich allein war die Wohnung dann auf Dauer zu groß und zu teuer.“
Also bot Claudia Schwarz ihre bisherige Bleibe als Tauschwohnung an. Nach einigen Monaten wurde sie von Mana Kakuan und Daniel Nienkämper kontaktiert. Die drei verabredeten sich. „Claudias Wohnung war sehr dunkel, es hingen alte Tapeten an den Wänden, aber wir konnten uns gleich vorstellen, dass man etwas darauf machen könnte“, erinnert sich Nienkämper an die erste Besichtigung.
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„Unsere Wohnung musste groß genug sein, um als Lebens- und Arbeitsort zu dienen“, sagt Kakuan, die ihre eigene Kunst vertreibt – Illustrationen und Kunstdrucke – und gemeinsam mit Nienkämper zwei Start-ups betreibt: „Bookhoover“ ist eine Art Lesehilfe aus dem 3D-Drucker, „Yourlocalartdealer“ ein Onlineshop für lokale Kunst. Das geräumige Arbeitszimmer, gleichzeitig Kakuans Atelier, mit einem offenen Durchgang zum Wohnzimmer bietet genug Raum für Kreativität und Chaos.
Claudia Schwarz wiederum hatte zwei Wohnungen zur Auswahl: Sie entschied sich gegen Kakuans Wohnung am Friesenplatz, „die war mir zu teuer“, aber für Nienkämpers Wohnung in der Nähe des Bahnhofs Ehrenfeld. „Ich arbeite in Ehrenfeld, habe eine super Verkehrsanbindung und bin froh, dass alles so unkompliziert abgelaufen ist“, sagt Schwarz.
Hauptgrund für Wohnungstausch: die Liebe
Das Phänomen, Wohnraum zum Tausch anzubieten, nehme zu, sagt einer, der es wissen muss: John Weinert ist Gründer und Geschäftsführer der Plattform Tauschwohnung.com, die Wohnungen, Häuser und WG-Zimmer zum Tausch in vielen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz vermittelt. Aktuell bietet Tauschwohnung.com rund 4500 Mietwohnungen in Köln zum Tausch an. Beim Portal Wohnungsswap.de sind es 1500.
Doch auch in klassischen Wohnungsportalen tauchen Inserate von Wohnungen auf, die zum Tausch angeboten werden. Wer auf Immoscout nach Mietwohnungen in Köln sucht, findet aktuell rund 900 Angebote, davon sind 300 Tauschwohnungen. In bestimmten Kölner Vierteln machen Tauschwohnungen einen noch größeren Anteil aus: In Ehrenfeld beispielweise gibt es aktuell 139 Anzeigen für Mietwohnungen, davon sind 73 Tauschwohnungen. In der Innenstadt sind 127 von 232 Angeboten Tauschwohnungen.
Vor allem in Großstädten wächst die Anzahl der Tauschangebote Weinert zufolge. Etwa 500 erfolgreiche Tauschvermittlungen zählt das Portal für das Jahr 2022 in Köln. „Der Hauptgrund für einen Tausch ist die Liebe. Am häufigsten werden Wohnungen angeboten von Paaren, die sich trennen, oder von Menschen, die mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin zusammen ziehen wollen“, sagt Weinert. Etwa zehn Prozent der Tauschangebote seien solche zwischen verschiedenen Städten.
Kölner Paar seit einem Jahr auf Wohnungssuche
Natalie Pinzauti hingegen möchte möglichst in ihrem Veedel oder in der Nähe bleiben: Sie wohnt mit ihrem Mann und zwei Katzen in einer Maisonette-Wohnung mit riesiger Terrasse im Herzen von Ehrenfeld. Die 153 Quadratmeter haben allerdings auch ihren Preis: 2200 Euro zahlt das Ehepaar an Warmmiete. „Wir sind mitten im Lockdown hier eingezogen. Es war fantastisch, so viel Raum zu haben“, sagt die 33-Jährige. Damals seien sie die meiste Zeit zu Hause gewesen, „aber inzwischen sind wir wieder viel unterwegs und auf Reisen“. Es sollte also eine kleinere und günstigere Wohnung her.
Seit rund einem Jahr sucht das Paar nun nach einer Wohnung. Ihr Mann meldete sich bei Immoscout an und suchte in den klassischen Onlineportalen. Natalie Pinzauti schaltete eine Anzeige bei Tauschwohnung.com. „Wir haben zum Glück keinen Zeitdruck oder brauchen aus einer Not heraus eine neue Bleibe“, sagt Pinzauti.
Und tatsächlich ist das Paar nun fündig geworden: „Wir tauschen mit einer Familie, die ein Kind hat, unsere Wohnung.“ Die neue Wohnung ist 85 Quadratmeter groß, hat drei Zimmer und kostet warm 1300 Euro. „Das Beste: Sie ist im Haus gleich gegenüber und hat sogar einen Garten.“ Natalie Pinzauti kann ihr Glück noch kaum fassen. Noch sind die neuen Mietverträge nicht unterschrieben, aber beide Vermieter sind einverstanden. „Wir planen den Umzug voraussichtlich für Januar. Das Schöne am Wohnungstausch ist, dass man sich bestens miteinander abstimmen kann, was den Umzug angeht“, sagt Pinzauti.