Am Sonntag knackte der Kölner CSD seinen eigenen Rekord aus dem Vorjahr: Mehr als 200 Gruppen nahmen an der Parade teil.
Zwischen Hitze und UnwetterSo war die CSD-Demonstration in Köln
Karl (64) und Rüdiger (61) P. stehen lächelnd und in bunte Farben gehüllt am Neumarkt. Sie können ihre Freude angesichts der CSD-Demonstration am Sonntagmittag kaum in Worte fassen. „Wir sind stolz auf das, was hier passiert.“ Vor sechs Jahren hat das Paar geheiratet, zusammen sind sie aber schon seit 26 Jahren. „Zu Beginn unserer Zeit durften wir sowas hier nicht erleben.“ Deshalb genießen sie den Anblick der vielen bunten Menschen, die in Köln unter dem Motto „Für Menschenrechte – Viele. Gemeinsam. Stark!“ demonstrieren, umso mehr.
Bei strahlendem Sonnenschein startet Sonntagmittag auf der Deutzer Brücke die größte CSD-Parade, die Köln jemals gesehen hat. Mit mehr als 200 Gruppen und rund einer Million Zuschauenden knackt Deutschlands größte Parade ihren Rekord aus dem Vorjahr. Mit einem dreifachen „Happy Pride!“ rollen die ersten LKW los. Und ganz vorne mit dabei: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit Regenbogenfächer. „Der CSD ist wichtig, weil queere Menschen immer noch Feindseligkeit erleben müssen. Als Stadt sehen wir Vielfalt als Chance, wir geben Hass und Feindseligkeit nicht einen Zentimeter nach.“
Köln: Hitze- und Unwetterwarnung bei CSD-Demonstration
Die Mittagshitze macht vielen Zuschauenden zu schaffen: Fächer und bunte Sonnenschirme sind das Lieblingsaccessoire bei der CSD-Parade. Viele behelfen sich auch mit Wasserpistolen – oder direkt mit dem Gartenschlauch. Bewohner eines Hochhauses in der Magnusstraße bespritzen mit dem Schlauch die Zuschauenden und Demonstrierenden. Manch einer reißt sich dankbar das Hemd auf und genießt die Abkühlung, andere machen lieber einen Bogen um den Wasserstrahl. Gegen Nachmittag zieht sich der Himmel über der Parade aber zu, die Luft wird drückender und die Bäume vor dem Stadtmuseum biegen sich im Wind. Der Deutsche Wetterdienst warnt vor starkem Gewitter und einige Zuschauende flüchten vorsichtshalber schon bevor die ersten Tropfen runterkommen.
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Auch das Bühnenprogramm am Heumarkt und Neumarkt muss zeitweise wegen der Unwetterwarnung unterbrochen werden. Nach wenigen Regentropfen lockert der Himmel aber wieder auf, auch der Wind beruhigt sich etwas.
Der Stimmung am Paradenweg tun währenddessen weder Unwetter noch Hitze einen Abbruch: Jubelrufe, Trillerpfeifen und „Happy Pride!“ schallen durch Kölns Straßen. Auf Schildern von Demonstrierenden stehen Sätze wie „Wie kann man es hassen, dass Menschen sich lieben?“ oder „Warum ist meine Liebe deiner Rede wert?“. Spezieller sind da die Schilder von Katholikinnen und Katholiken, die unter dem Motto „Katholisch und queer“ beim CSD mitlaufen. Sie setzen ein Zeichen gegen Kölns Kardinal Rainer Woelki: „Lebe so, dass Woelki was dagegen hätte“ steht auf einem Regenbogenschild.
Beim diesjährigen CSD demonstrieren so viele Kölner Studierende gemeinsam wie noch nie zuvor, meint Steph Metz vom Queer-Referat „AQUK“ der Universität zu Köln. „Wir haben die Tausendergrenze schon lange geknackt.“ Nicht nur Studierende der Uni Köln laufen in dem Hochschulblock mit, auch Studierende der anderen Kölner Hochschulen wie der Sporthochschule zu Köln oder der Technischen Hochschule Köln. Und die Studierenden haben sich noch etwas Besonderes ausgedacht: Ilona Hug läuft mit einem großen Bilderrahmen durch die Menge, darauf steht „Queer Kisscam“. Viele Zuschauende wollen sich in dem Rahmen fotografieren lassen. Die Idee dahinter: „Wir wollten den Leuten eine Möglichkeit geben, diese schönen Momente festzuhalten“, erzählt Metz.
Ralf Gehweiler, Christof Sein, Siggi Fischer und das Ehepaar Thomas und André Blankenburg haben sich für den CSD in Schale geschmissen. Statt wie im Alltag Hemd und Anzug zu tragen, schlendern sie in hohen Schuhen, rosa Tutu, Kleid und Netzoberteilen durch Kölns Straßen. „Wir feiern die Offenheit und Vielfalt.“ Und sie wollten einfach mal was anderes machen. Für den CSD sind sie extra aus Stuttgart und vom Bodensee nach Köln gereist.
Kölner Freundesgruppe zeigt ihre Unterstützung
Nathalie Winter, Sandra und Frank Haßelwalder und Daniel Rickmann haben es sich mit einem Fässchen Kölsch am Straßenrand gemütlich gemacht, um die Parade zu sehen. Auf die Frage, wie oft sie die CSD-Parade schon gesehen habe, sagt Winter: „Wie lange wohnen wir jetzt in Köln?“ Einige Jahre sind es auf jeden Fall schon. Die Freundesgruppe will als „Ally“, also Verbündete, ihre Unterstützung zeigen. Es ist das erste Mal, dass das Kind von Frank und Sandra Haßelwalder nicht mit dabei ist, das schaut sich den CSD jetzt ohne die Eltern an. Vater Haßelwalder erzählt, sie hätten ihr Kind sonst immer mitgenommen, „damit es versteht, dass es auch andere Lebensweisen gibt als hetero.“