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Arnold Schwarzeneggers Ukraine-RedeDie Pumpgun der Freiheit

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Szene aus der Schwarzenegger-Rede

Los Angeles/Berlin – Als Actionstar war Arnold Schwarzenegger berühmt dafür, so gut wie nie zu sprechen, und wenn, dann nur mit schwerem steirischen Akzent. In „Conan, der Barbar“ artikuliert sich der siebenmalige Mr. Olympia nach 24 Minuten zum ersten Mal. Im gesamten „Terminator“ sagt er weniger als 100 Wörter. Und das, obwohl Schwarzenegger in beiden Filmen Hauptdarsteller ist.

Nun hat sich der ehemalige Gouverneur Kaliforniens jedoch mit einer rhetorischen Meisterleistung in den Ukrainekrieg eingemischt. Worte können bekanntlich Waffen sein. Schwarzeneggers Ansprache an seine „lieben russischen Freunde“ ist eine Pumpgun der Liebe: Er möchte über Dinge, die in der Welt passieren, sprechen, hebt der Schauspieler an, „schreckliche Dinge, die euch vorenthalten werden“. Dann wechselt er unvermittelt die Spur: „Aber lasst mich euch erst von dem Russen erzählen, der zu meinem Held wurde.“

Der Held ist der sowjetische Gewichtheber Juri Petrowitsch Wlassow, „der stärkste Mann der Welt“. Schwarzenegger erzählt, wie er Wlassow als 14-jähriger traf, seine zarte Bubenhand in der gewaltigen Pranke des sanftmütigen Riesen legte. Wie er sich mit seinen Vater stritt, der als Soldat in Hitlers Armee in Leningrad verwundet worden war, und es nicht ertragen konnte, dass sein Sohn das Bild eines Russen über sein Bett pinnte.

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Dann hält er eine Porzellantasse in die Kamera, die ihm Wlassow geschenkt habe, als er in Moskau „Red Heat“ drehte. Jeden Morgen trinke er aus dieser Tasse seinen Kaffee.

Bilder von der Güte Shakespeares

Ein Schlenker von Shakespeare’schem Format: Der Gewichtheber als Verkörperung des gewaltigen Russlands, das Bild vom späteren Muskelheld als schmaler Bub, der in Wlassows Stärke Schutz vorm Nazi-Vater findet. Die Sympathie des Publikums zu gewinnen und seine Gefühle im Sinne dessen, was der Gegenstand der Rede erfordert, zu beeinflussen sind, laut Ciceros „De oratore“, zwei der drei Faktoren, welche die Redekunst ausmachen.

An den dritten, den Beweis der Wahrheit dessen, was der Redner vertritt, tastet sich Schwarzenegger sachte heran. Niemand höre gerne etwas Kritisches über seine Regierung, betont er. Und erinnert sein russisches Publikum daran, dass er sich mit derselben Sorge nach dem Umsturz-Versuch vom 6. Januar 2021 an seine amerikanischen Mitbürger gewendet habe.

Der Nazi-Vater als machtvolle Analogie

Erst dann folgt, was zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu sagen ist. Schwarzenegger korrigiert die Propaganda-Lügen des Kremls. Bezichtigt die Machthaber (Putin erwähnt er erst am Ende), junge Männer den eigenen Ambitionen zu opfern.

Jetzt kehrt er zum Anfang seiner Rede zurück und das Anekdotische erweist sich als machtvolle Analogie: Sein Vater sei aufgeputscht von den Lügen seiner Regierung nach Leningrad gekommen: „Als er zurückkehrte war er physisch und geistig gebrochen.“ Er wolle nicht, wendet sich Schwarzenegger an die russischen Soldaten, „dass ihr von diesem Krieg zerbrochen werdet“. Die Russen aber, die es gewagt haben, auf den Straßen gegen den Krieg zu protestieren, nennt er seine neuen Helden: „Ihr habt die Stärke von Juri Petrowitsch Wlassow. Ihr habt das wahre Herz von Russland.“

Wenn Worte Waffen zum Schweigen bringen könnten

Einen Angreifer davon zu überzeugen, dass seine wahre Stärke im Rückzug liegt, dass alles, was er bisher geglaubt hat, nicht nur falsch ist, sondern auch gegen seine eigene Natur verstößt, das ist keine leichte Aufgabe. Arnold Schwarzeneggers Rede stellt zumindest den bislang besten Versuch dar, mit Worten die Waffen zum Schweigen zu bringen.

Auch die Rede, die der ukrainische Präsident in dieser Woche vor dem Bundestag gehalten hat, war ein rhetorisches Bravourstück, vor allem der Teil, in dem Selenskyj den deutschen Volksvertretern eröffnete, sie befänden sich „wieder hinter einer Mauer“. „Nicht hinter der Berliner Mauer. Sondern mitten in Europa. Zwischen Freiheit und Unfreiheit.“ Dann brandmarkte er das deutsche Zögern, den beständigen Verweis auf die „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“ als „Steine für diese neue Mauer“ um, Pink Floyd und Ronald Reagan kurzschließend, Olaf Scholz aufzufordern: „Zerstören Sie diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient.“

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In seiner Rede vor dem amerikanischen Kongress hatte Selenskyj Pearl Harbour und 9/11 heraufbeschworen, um die Abgeordneten davon zu überzeugen, den Luftraum über der Ukraine zu schließen.

Dieser schrecklich ungerechte Krieg scheint auch die große Stunde der Schauspieler zu sein. Rhetorik als letzte Waffe, wenn man in allen anderen Bereichen hoffnungslos unterlegen ist.

Erinnern wir uns kurz daran, dass Wolodmyr Selenskyj Präsident der Ukraine wurde, nachdem er in einer Satireserie einen Geschichtslehrer gespielt hatte, der überraschend zum Regierungschef gewählt wurde. Warum? Aufgrund einer spontanen, aber brillanten Wutrede, heimlich mitgefilmt von einem seiner Schüler.