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Experte erklärtDarum war der Auftritt von Olaf Scholz bei Joko & Klaas richtig

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rief in der Sendung von Joko und Klaas bei ProSieben zur Corona-Impfung auf.

Herr Reinemann, wie bewerten Sie Olaf Scholz Auftritt und Werben für die Corona-Impfung in der Sendung von Joko und Klaas auf ProSieben am Mittwochabend? Was bedeutet es Ihrer Meinung nach, dass sich der fast-Kanzler für seine im Prinzip erste Ansprache an die Nation ausgerechnet ein Format auf einem Unterhaltungssender aussucht?

Carsten Reinemann: Ich vermute, Scholz wollte den Teil des jüngeren Publikums ansprechen, der mit informationsorientierten Medien sonst nur schwer zu erreichen ist. Wenn das das Ziel war, finde ich das Vorgehen völlig richtig.

Zur Person

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Carsten Reinemann ist Professor für Kommunikationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Er war federführend an der kürzlich erschienenen Studie „Einseitig, unkritisch, regierungsnah? Eine empirische Studie zur Qualität der journalistischen Berichterstattung über die Corona-Pandemie“ beteiligt.

Reinemann ist gebürtiger Kölner.

Die stockenden Corona-Impfungen wurden in den vergangenen Wochen breit in den Medien diskutiert. Kürzlich hat die mediasres-Moderatorin Brigitte Baetz Kritik an der Berichterstattung einzelner Medien geübt – darunter auch ProSieben und der ORF. Baetz bezeichnete die Aktionen der Sender, jeweils eine Impflotterie mit der Verlosung eines Einfamilienhauses und Live-Impfungen, als eine Form der Propaganda. Ist diese Kritik gerechtfertigt oder sind nicht auch die Medien aktuell in der Pflicht, die so wichtigen Corona-Impfungen voranzutreiben?

Wenn es darum geht, alles zu tun, um die Impfungen voranzutreiben, würde ich durchaus ein Fragezeichen daran machen. Es gibt jedoch Sachverhalte, dazu gehören die Impfungen, die von einer solch herausgehobenen gesellschaftlichen Bedeutung sind, und die zudem ja auch in ihrer Notwendigkeit wissenschaftlich unstrittig sind, dass ich es durchaus für gerechtfertigt halte, wenn Medien sich dort einbringen.

Es ist ja an sich nichts Ungewöhnliches, dass Medien sich in den Dienst einer guten Sache stellen.

Genau. Man sieht das ja auch bei anderen Sachverhalten oder kann es sich vorstellen. Ob das jetzt der Kampf gegen Rassismus, gegen Armut oder anderes ist. Medien können dann durchaus eine Verantwortung wahrnehmen. Man kann sicherlich darüber streiten, ob die Verlosung eines Einfamilienhauses wirklich sein muss. Aber dass Medien sich in so einer Frage positionieren, halte ich durchaus für eine gerechtfertigte Entscheidung.

Glauben Sie, dass in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen Aktionen wie Live-Impfungen im TV oder Impflotterien dazu beitragen, das Märchen von den „Systemmedien“ zu unterfüttern?

Ich glaube, damit muss man rechnen. Das ist auch etwas, dessen man sich als Medium bewusst sein und im Ernstfall auch in Kauf nehmen muss. Auf der anderen Seite erreichen manche Medien, wie etwa auch ProSieben, mit ihrem Programm, nochmal andere Menschen als reine Informationskanäle.

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Aber dass es Menschen gibt, die jede Art von Überzeugungsversuch – und gerade wenn er von Medien kommt – als Bevormundung oder mögliche Manipulation empfinden, ist wahrscheinlich. Doch man muss sich überlegen, ob man bereit ist, das in Kauf zu nehmen, um einen Beitrag zu der Lösung dieses enormen Problems der niedrigen Impfquote zu leisten.

Vermutlich muss man sich auch die Frage stellen, ob man diesen gewissen Prozentsatz an Menschen, die sich so vehement gegen eine Impfung wehren, überhaupt erreicht.

Genau, es gibt sicherlich eine größere Zahl von Menschen, die nicht erreichbar sind und die auf jede Art von Appell mit Abwehr reagieren.

Sie haben erst kürzlich eine Studie veröffentlicht, in der Sie die Corona-Berichterstattung verschiedener deutscher Medien untersucht haben. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Es gibt drei Punkte. Der Erste ist der Vorwurf, es sei keine Kritik an der Regierung geübt worden im Verlaufe der ersten Pandemie-Zeit. Das kann man so nicht sagen, es gab sehr viel Kritik seitens der Medien.

Zweitens kann man sagen, dass die meisten Medien aber mit den Maßnahmen einverstanden waren oder sogar zeitweise noch schärfere Maßnahmen gefordert haben. Oder um mit Markus Söder zu sprechen, waren die meisten Medien eher im „Team Vorsicht“ und im „Team Wissenschaft“ unterwegs. Das gilt für manche Medien in etwas abgeschwächter Form.

Und drittens gab es eine sehr starke Konzentration auf medizinische Fachleute und Folgen der Pandemie. Andere Folgen der Corona-Krise, etwa psycho-soziale oder bildungsbezogene Auswirkungen, haben im Vergleich dazu eine geringere Rolle gespielt.

Vielen Dank für das Gespräch!