Köln – Das kleine Mädchen blutet aus dem Mund. Dann streckt es triumphierend die Hand aus, in Richtung der Eltern, die hinter der Absperrung warten. Ein Wackelzahn ist ausgefallen. Das sieht man eher selten auf einem Konzert. Doch beim Auftritt von Deine Freunde im ausverkauften Palladium ist eben alles ein bisschen anders.
Der Bereich zwischen Mischpult und Seitenpfeilern ist ausschließlich für Kinder reserviert. Dahinter drängen sich die Eltern. Teils, weil sie noch ein wenig helikoptern müssen, Getränke ranschaffen, Streit schlichten. Teils, weil sie ja selber hören und sehen wollen, was Florian Sump, Markus Pauli und Lukas Nimscheck da so auf der Bühne veranstalten.
Von der Kita auf die Bühne
In den 90ern war Sump mal Schlagzeuger der Teenie-Band Echt. Wieder angekommen im Zivilleben, wurde der Flensburger schließlich Erzieher. Weil er ein Lied für seine Kita aufnehmen wollte, fragte er bei Markus Pauli nach, dem Tour-DJ von Fettes Brot, denn der hatte ein eigenes Studio. Zusammen mit dem früheren Tigerenten-Moderator Lukas Nimscheck nahmen sie dann einen Song namens „Schokolade“ auf. Den kann heute jedes Kind mitsingen. Rolf Zuckowski, der Doyen deutscher Kindermusik, gründete ein eigenes Label für die Band.
Die bedient heute genau jene Familien, denen „Weihnachtsbäckerei“ und „Zebrastreifen“ längst zu den Ohren herauskommen, mit basslastigen Hip-Hop-Beats, Elektro-Synthies und Popmelodien, für die sich Justin Bieber ein Tattoo weglasern würde. Das ist nicht nur anhörbar, das ist richtig gut. Gerappt wird über Hausaufgaben, Gemecker, Pyjamapartys („mindestens bis acht!“), dumme Erwachsenensprüche („Du bist aber groß geworden!“) und den „Brudi“.
Kinder können Selbstironie
Die jungen Hörer dürfen sich nicht nur ernst genommen fühlen, sie teilen auch den Humor der Band. Kinder können Selbstironie, wer das noch nicht wusste, kann sich bei Deine Freunde bedanken. „In Hannover gestern war die Stimmung so gut“, heizt Lukas sein Publikum an, „als wäre bei Bibi und Tina ein Fohlen geboren worden.“ Im Palladium fühlt es sich schon bald wie nach dem ersten Ausritt an, es wird getanzt, gehüpft und vor allem lauthals mitgesungen: „Schieb, schieb, schieb die Hausaufgaben weg.“
Es gibt Zwergenkostüme zu bewundern und Aufblasmännchen, Nebelwände, mutwillig zerdepperte Vasen und goldene Glitzerjacken, in denen das Trio kurz zur Boyband mutiert, nicht etwa um eine Traumfrau anzuschmachten, sondern die „Fontanelle, weiche Stelle“.
Die größte Schau sind allerdings die Zwischenmoderationen, in denen die Band verrät, wer von ihnen an Tankstellen Glubschis kauft oder zum Einschlafen esoterische Motivations-CDs („Heilendes Bewusstsein“) hört. Zur Zugabe tauchen die drei dann plötzlich vorm Mischpult auf und springen in den Kinderbereich. „Findet ihr auch, dass das eine ganz sichere Idee war?“ fragt Florian und erntet, na klar, allergrößte Zustimmung.