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Ein Licht in schweren ZeitenGerhard Richters „Kerze” im „Kölner Stadt-Anzeiger”

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Die „Kerze” von Gerhard Richter wird am Samstag in der Ausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger” abgedruckt.

  1. Das berühmte Gemälde „Kerze” des Kölner Künstlers Gerhard Richter wird am Samstag in der Printausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger” abgedruckt – als Symbol der Hoffnung in der Corona-Krise.
  2. Zeitgleich startet eine große Benefiz-Aktion, bei der berühmte Künstler, viele davon aus Köln, Werke verkaufen, um mit dem Geld Betroffenen der Corona-Krise zu helfen.
  3. Lesen Sie hier alle Hintergründe.

Köln – Seit Jahren spendet der Kölner Künstler Gerhard Richter Werke für den guten Zweck. Die Düsseldorfer Obdachloseninitiative „fitfyfifty“ konnte dank seiner Hilfe sechsstellige Einnahmen erzielen, und auch der gemeinnützige Kölner Verein „Kunst hilft geben“ blickt auf eine langjährige Partnerschaft mit Richter zurück. Angesichts der Corona-Krise hat sich Richter jetzt zu einer besonderen Benefizaktion bereiterklärt: Das Motiv seines berühmten Gemäldes „Kerze“ aus dem Jahr 1982 wird an diesem Samstag exklusiv auf einer ganzen Seite des „Kölner Stadt-Anzeiger“ abgedruckt, zudem werden am selben Tag dreißig Sonderdrucke der „Kerze“ über den Verein „Kunst hilft geben“ verkauft.

Mit dieser Geste möchte Richter die große künstlerische Solidaritätsaktion „Notgeld“ für Betroffene der Corona-Krise unterstützen. 30 berühmte Künstler, neben Richter etwa auch die in Köln lebende Rosemarie Trockel, der Fotograf Boris Becker oder HA Schult, spenden Kunstwerke. Das durch den Verkauf der Werke gesammelte Geld soll unter anderen Kölner Obdachlosen-Einrichtungen zugutekommen.

Kunst-Benefiz-Aktion „Notlicht“

Mehr als 30 Künstler spenden einige ihrer Werke für Betroffene der Coronakrise. Auch der Kölner Bananensprayer Thomas Baumgärtel, der Bildhauer Odo Rumpf („Odonien“) sowie Mikail Akar (7), der junge Kunst- Shooting-Star aus Köln, beteiligen sich an der Aktion.

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Die Einnahmen durch den Verkauf der Werke sollen an Obdachlosen-Einrichtungen gehen, aber auch an die „Kölner Stadt-Anzeiger“-Aktion „wir helfen“, die ausgegrenzte Kinder und Jugendliche unterstützt. Nach dem Abschluss der Verkaufs-Aktion entscheidet ein Gremium, bestehend aus dem Kölner Pfarrer Franz Meurer, Hedwig Neven DuMont („wir helfen“) sowie Initiator Dirk Kästel vom Kölner Verein „Kunst hilft geben“, welche Initiativen konkret bedacht werden.

Die Liste mit den Kunstwerken wird ab Samstag, 18. April, auf der „Kunst hilft geben“-Internetseite zu finden sein. (sbs)

www.kunst-hilft-geben.de

Der 88-jährige Richter gilt zu Unrecht als menschenscheu und sein Werk als schwierig. Denn er bringt die beiden wichtigsten Voraussetzungen für einen Publikumsliebling mit: handwerkliche Virtuosität und einen Hang zum Schönen. Doch Richter ist eben auch ein Künstler des Sich-Entziehens, der seine Karriere in den 1960er Jahren mit einem hintersinnigen Scherz, der Erfindung des „kapitalistischen Realismus“ begann, dann schwarz-weiße Gebrauchsfotografien in verschwommener Optik abmalte und schließlich, als die Kritik glaubte, ihn endlich verstanden zu haben, einen seiner vielen stilistischen Haken schlug.

Er wechselte auf die Seite der abstrakten Malerei, schuf nach Industrieschema geordnete bunte Farbtafeln oder graue Schlieren im Großformat; später malte er in seiner mittlerweile legendären Wischtechnik „fotorealistische“ Landschaften und Stillleben und dann wieder wild-abstrakte, farbensprühende Gemälde.

Gerhard Richter hat nicht nur Gemälde, sondern auch Installationen geschaffen.

So wurde er als wandelnde Gegenthese zu den gängigen Kunstströmungen seiner Zeit berühmt – als jemand, der immer wieder den Beweis antrat, dass die totgesagte Malerei noch sehr lebendig ist.

Der große Erfolg setzte für den seit 1983 in Köln lebenden Richter in den 90er Jahren ein, als die renommiertesten Museen der Welt begannen, ihm Retrospektiven einzurichten. Seitdem erzielen vor allem seine „verschwommenen“ Werke nach Fotografien Höchstpreise bei Auktionen. Eine „Kerze“ von 1982 wurde beim englischen Auktionshaus Sotheby’s für zwölf Millionen Euro versteigert – was Richter freilich öffentlich am gesunden Menschenverstand des Kunstmarkts zweifeln ließ. Für einen deutlich günstigeren Preis erhielt Richters Heimatstadt eine einzigartige Attraktion: das aus tausenden monochromen Mosaikstücken bestehende Domfenster. In seinem Licht erscheint Richter weniger scheu als den Menschen zugewandt, und sein Werk weniger schwierig als ergriffen von der Schönheit dieser Welt.

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Gerhard Richter vor dem von ihm geschaffenen Fenster im Kölner Dom

Gerhard Richter malt nicht nur häufig nach Fotografien, er versucht mit seinem gesamten Werk, den Schock der Fotografie zu überwinden: dass sich die Welt nämlich durch bloßes Auslösen eines Mechanismus wahrhaftiger darstellen lässt, als es selbst der kunstfertigste Maler mit Pinsel und Farben vermag. In seiner in den frühen 1980er Jahren begonnenen und vollendeten Serie von „Kerzen“ zeigt sich dieses Ringen mit der fotografischen Konkurrenz an einem ausgesprochen klassischen Motiv.

Zwar lassen sich die damals entstandenen Gemälde auch als frühe Solidaritätsgesten an die stummen Proteste in der DDR verstehen, zumal der in Dresden geborene Richter dort seine biografischen Wurzeln hat. Aber selbstredend reichen die Wurzeln des Kerzenmotivs sehr viel weiter in der Zeit zurück.

Seit jeher ist die brennende Kerze ein Symbol für Luxus, Hoffnung und vor allem für die Vergänglichkeit. Als kurzlebiges Licht steht sie für die beschränkte Zeit des Menschen auf der Welt, für die sich selbst verzehrende Natur des Lebens und für dessen Anfälligkeit – in der Not sind wir ein flackerndes Licht im Wind. Mit dieser reichen, selbsterklärenden Symbolik bietet die Kerze den Malern reichen Stoff und fordert sie zugleich heraus: So wie die Kerzenflamme niemals stillsteht, so steht auch das Leben niemals still.

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Es ist kaum verwunderlich, dass für Richter das Kerzenmotiv zum Gleichnis auf die Malerei wurde. Was sich selbst verzehrt, kann man nicht malen, Fotografie und Malerei können die Zeit nur anhalten. Jedes Bild ist daher nur eine Beschwörung dessen, was es zeigt, eine paradoxe, letztlich zum Scheitern verurteilte Annäherung an seinen Gegenstand. Nichts zeigt diese Paradoxie deutlicher als die Fotografie, deren Natur darin besteht, die Wirklichkeit im Bruchteil einer Sekunde einzufrieren.

Das Malen als letzte vergebliche Geste

Und deswegen ist es auch von besonderer Bedeutung, dass Richter seine „Kerze“ von einer Fotografie abmalt: Statt das Leben anzuhalten, bringt er es, Strich für Strich, wieder in Gang, er löst das eingefrorene Bild aus der Erstarrung, bis es dem fotografischen Vorbild gleicht. Das Malen nach Fotografien ist also eine letztlich vergebliche Geste, deren Vergeblichkeit aber im Gemälde festgehalten wird. Das ist die Kunst von Richters „Kerze“, die er durch das Verwischen der nassen Farbe, den berühmten Richter’schen Unschärfe-Effekt, lediglich unterstreicht.

Das Malerische des Kerzenmotivs betont Richter, indem er es auf das Notwendigste beschränkt. Außer der brennenden Kerze mit der leicht geneigten Flamme befindet sich nichts im Raum des Bilds, man sieht weder, was die Kerze aufrecht stehen lässt noch welche Umgebung sie erleuchtet; die Düsternis wird gerade deutlich genug, um dem Bild Tiefe zu verleihen. So steht die Kerze für nichts als sich selbst und gleichzeitig für alles, was sie an symbolischer und ästhetischer Kraft enthält. Besonders hell strahlt sie derzeit als Licht der Hoffnung.