Das Film Festival Cologne startet am 17. Oktober mit beeindruckendem Programm. Doch ein offener Brief von ehemaligen Mitarbeitern trübt die Freude.
Film Festival CologneVorwürfe gegen Chefin Martina Richter
Sehr rund und bunt und einlullend ist das neue bewegte Key-Visual des Film Festival Cologne (FFCGN). Das Kölner Kinofest findet vom 17. bis zum 24. Oktober statt. Doch nach diesem sanft psychedelischen Auftakt muss Festivalchefin Martina Richter sofort auf die unschönen Begleitumstände der diesjährigen Programmvorstellung eingehen.
Am Tag zuvor war ein offener Brief an 160 Politiker, Branchenvertreter, Journalisten und Kooperationspartner des Festivals herausgegangen, in dem Richter Machtmissbrauch und ein Klima der Angst vorgeworfen werden, unterschrieben von neun ehemaligen Mitarbeitenden des FFCGN, die lieber anonym bleiben wollen. Richter gibt die Anschuldigungen ohne sichtbare Emotionen wieder, schließt nur an: „Wir werden den Vorwürfen begegnen, eine Gegendarstellung schreiben.“
Offener Brief wirft Martina Richter ein „Arbeitsklima der Angst“ vor
Sie habe, heißt es in dem offenen Brief, „ein Arbeitsklima der Angst“ geschaffen, ihr Führungsstil sei „autoritär und geprägt von einem Mangel an Fehlerkultur, Misstrauen, Mikroaggressionen, Mikromanagement, Kontrollwahn und Willkür“. Das „millionenschwere Kulturprojekt“ verwaltete sie „fast vollständig eigenmächtig“.
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Ja, bestätigt Martina Richter im Gespräch, es handele sich um schwere Vorwürfe. Aber sie könne diese Vorwürfe Schritt für Schritt entkräften. Der Umgang mit öffentlichen Fördergeldern geschehe vollkommen transparent: „Wir werden jedes Jahr geprüft. Von der Bezirksregierung Köln und seit wir eine Landesförderung kriegen auch vom Landesrechnungshof. Jeder Betrag, den wir ausgeben, wird per Rechnung und per Zahlungsbeleg nachgewiesen und auf seine Förderfähigkeit geprüft.“ Wenn es denn nötig wäre, könnte sie die Finanzierung und auch die Prüfungsberichte offenlegen.
Festival-Chefin sagt, sie könne alle Vorwürfe entkräften
Unbestritten ist die hohe Fluktuation im Team des Festivals, die anonymen Briefschreiber begründen sie mit dem toxischen Arbeitsklima, viele Mitarbeitende würde es nicht einmal ein paar Monate beim FFCGN aushalten oder fielen plötzlich in Ungnade. Richter erklärt die Fluktuation dagegen eher damit, dass man in manchen Teilen des Teams, etwa im Social-Media-Bereich „sehr volatil“ arbeite. Im Programmbereich, dem Kern des Festivals, gebe es dagegen auch Mitarbeitende, die seit 20 Jahren dabei seien.
Die Festival-Filme und - Serien, das immerhin ist unbestritten, können sich sehen lassen. Die spürbaren Kürzungen, so Richter, hätten dem Programm nicht geschadet. Aus mehr als 1400 Einreichungen aus 50 Ländern habe man 80 Beiträge ausgewählt für die verschiedenen Reihen ausgewählt. Ein inhaltlicher Schwerpunkt liege auf Filmen, die sich mit autoritären und antidemokratischen Tendenzen auseinandersetzen, dabei würden auch oft vergessene Konfliktherde wie Nordirland, der Sudan oder der Vormarsch der Islamisten in Tunesien beleuchtet. Eröffnet wird mit „Riefenstahl“, Andreas Veiels Dokumentarfilm über Hitlers Lieblingsregisseurin hatte bereits in Venedig für Furore gesorgt.
Zu sehen gibt es auch den Venedig-Gewinner „The Room Next Door“, Pedro Almodóvars erster englischsprachiger Film, und Jacques Audiards „Emilia Pérez“, der in Cannes den Preis der Jury gewonnen hat und nun für Frankreich ins Oscar-Rennen geht. Das trifft auf sieben der in Köln gezeigten Filme zu. Etwa auf das österreichische Bauerndrama „Des Teufels Bad“ mit Anja Plaschg, besser bekannt als Sängerin Soap & Skin, oder auf „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ von Mohammad Rasoulof, der deutsche Oscar-Beitrag. Der Regisseur war erst vor wenigen Monaten aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet.
Neben den großen Geschützen der Filmkunst gibt es auch zahlreiche Preziosen im Festival zu entdecken. Zum Beispiel ein Hape-Kerkeling-Porträt zum 60. Geburtstag des Entertainers, „Chain Reactions“. Oder eine Doku, in der fünf Prominente – darunter Stephen King – erzählen, auf welche Weise sie Tobe Hoopers Horrorklassiker „The Texas Chainsaw Massacre“ beeinflusst hat. Die Spanne könnte auch sonst nicht weiter sein: Hier ein neuer, weniger als eine Stunde langer Film vom französischen Enfant terrible Leos Carax, dort die Premiere eines Kölner „Tatort“, der ausschließlich im Fernmeldeturm Colonius gedreht wurde.
Preise werden auch vergeben: Udo Kier wird mit dem „International Actor’s Award“ geehrt, der Phoenix-Preis für die beste Dokumentation geht an Michael Premo, der in seinem Film „Homegrown“ in die Welt von drei gewaltbereiten Trump-Unterstützer eintaucht. Der haitianische Regisseur Raoul Peck („Lumumba: Tod des Propheten“, „I Am Not Your Negro“) erhält den Filmpreis Köln, den mit 25.000 Euro dotierten Haupt-Award des Festivals.
Das ganze Programm unter www.filmfestival.cologne