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„Hart aber fair“Hitzige Diskussionen zu Warnstreik – Wissler überrascht mit Äußerung zu Protesten in Frankreich

Lesezeit 5 Minuten
Janine Wissler, Parteivorsitzende der „Linkspartei“, hat in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ die Streiks und den Kampf um höhere Löhne für die Arbeitnehmer verteidigt.

Janine Wissler, Parteivorsitzende der „Linkspartei“, hat in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ die Streiks und den Kampf um höhere Löhne für die Arbeitnehmer verteidigt.

Bei „Hart aber fair“ diskutieren die Gäste über den bundesweiten Warnstreik. „Linke“-Chefin Wissler zieht einen fragwürdigen Vergleich zu den Protesten in Frankreich.

Zum Auftakt der dritten Verhandlungsrunde im Tarifstreit der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, rufen die Gewerkschaften am 27. März zu bundesweiten Warnstreiks auf. Züge, Busse und Flugzeuge stehen still. Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen, das ganze Land ist so gut wie lahm gelegt.

So drängt sich am Abend in der ARD-Sendung „hart aber fair“ folgende Frage auf: Gerecht oder Gefahr für die Wirtschaft? Haben Verdi und EVG mit dem bundesweiten Streik aller öffentlichen Verkehrsmittel diesmal überzogen? Oder ist der Arbeitskampf für deutlich mehr Geld in Zeiten von hoher Inflation angemessen? Diese Themen und weitere Fragen diskutiert Moderator Louis Klamroth mit seinen Gästen in Köln.

Die Gäste bei „hart aber fair“

  1. Gitta Connemann (CDU), Bundestagsabgeordnete, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT
  2. Anja Kohl, ARD-Börse-Expertin
  3. Janine Wissler (Die Linke), Parteivorsitzende
  4. Marie-Christine Ostermann, Unternehmerin, Präsidiumsmitglied „Die Familienunternehmer“
  5. Julia Riemer, Trambahnfahrerin und Betriebsrätin
  6. Frank Bräutigam, ARD-Rechtsexperte
  7. Fabian Schmitz, Lieferando-Fahrer, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten

Zunächst will Moderator Louis Klamroth von Marie-Christine Ostermann, die Chefin eines Lebensmittelgroßhandels ist, wissen, wie sich ihr Unternehmen auf den Streiktag vorbereitet hat. Diese zeigt sich erleichtert, dass das „große Chaos auf den Autobahnen“ ausgeblieben ist. Dennoch habe ihr Speditionsunternehmen zur Sicherheit die Waren für die Kunden bereits am Samstag ausgeliefert. Sie hält nicht viel von den bundesweiten Warnstreiks, die Gewerkschaften würden jetzt „die große Keule rausholen“, was aber total unverhältnismäßig sei und die Wirtschaft schwäche.

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Das ruft sofort„ Die Linken“-Parteichefin Janine Wissler auf den Plan. Sie kritisiert die bisherigen Angebote der Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen und betont, wie „wichtig der Streik für die systemrelevanten Berufsgruppen“ sei. Klamroth grätscht rein und stellt den Zeitpunkt der Streiks zum Auftakt der dritten Verhandlungsrunde infrage.

Für Wissler ist dieser genau richtig, um „mehr Druck auf Kommunen und Bund auszuüben. Dann nutzt sie auch gleich die Gelegenheit, den Vorstand der Deutschen Bahn zu kritisieren, der gerade seine Gehälter um 14 Prozent erhöht habe. Die Forderungen der Gewerkschaften von zwölf Prozent mehr Lohn seien da ja wohl legitim.

Hart aber fair: ARD-Expertin spricht von „Machtdemonstration der Gewerkschaften“

Klamroth wendet sich dann Julia Riemer, einer Trambahnfahrerin aus München zu. Der Moderator fällt direkt mit der Tür ins Haus und fragt sie über ihr Gehalt aus. Als Einstiegsgehalt bekomme ein Tramfahrer im Durchschnitt 2.650 Euro Brutto, so Riemer. „Bei den Mietpreisen in München, reichen 2.2000 Euro Netto nicht.“

Viele ihrer Kollegen und Kolleginnen mussten daher auf das Land ziehen und pendeln in die Stadt. Sie sei froh über die Streiks und „hoffe auf Werbung für den ÖPNV“. Die Löhne müssen endlich deutlich angehoben werden. „Es reicht nicht, auf dem Balkon zu stehen und zu klatschen“, fordert Riemer und beschreibt die schlechten Arbeitsbedingungen in ihrem Job.

Nachdem ARD-Börsen-Expertin Anja Kohl ein paar Zahlen einwirft und die aktuelle Inflationsrate in Deutschland bei 8,7 Prozent benennt, kritisiert sie den Zeitpunkt der Streiks, und, dass mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln die „kritische Infrastruktur lahmgelegt“ wurde. Für sie war der Tag eine „Machtdemonstration“ der Gewerkschaften.

Nun schaltet sich auch die ganz rechts am Tisch sitzende, CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann ein. Ihrer Meinung nach betreffe die Inflation alle Gruppen der Gesellschaft. Mit den hohen Kosten haben also nicht nur Angestellte im öffentlichen Dienst zu kämpfen. Zudem sieht sie die Verantwortung der Lohnfestsetzung „nicht bei der Politik, sondern bei den Tarifparteien“.

Hart aber Fair: Film zeigt leere Domplatte in Köln

Der darauf folgende Einspielfilm zeigt zunächst die ungewohnt leere Domplatte am Hauptbahnhof in Köln. Menschen auf der Straße werden nach ihrer Meinung zu den Warnstreiks befragt. Die Reaktionen sind gemischt, eine große Wut auf die Streikenden ist nicht zu spüren. Die Kölnerinnen und Kölner nehmen die Umstände in rheinländischer Lockerheit hin. Danach lenkt Klamroth zum Thema Fachkräftemangel. Riemer fordert als Mutter von vier Kindern 19 Prozent mehr Lohn, was Klamroth ziemlich „happig“ findet. Für Riemer aber der richtige Schritt, um wieder „mehr Menschen für den Job zu gewinnen.“

CDU-Abgeordnete Connemann sieht hier eher den Staat in der Pflicht, der die Bürgerinnen und Bürger „mehr entlasten müsste“. Wissler kontert, dass drei Prozent mehr Lohn „keine Wertschätzung“ sind. Kitas müssten schließen, Zügel fielen aus. Unternehmerin Ostermann merkt an, dass der Personalmangel alle Bereiche, und nicht nur den öffentlichen Dienst betreffe.

Nach weiteren Wortgefechten zwischen Wissler und Connemann, kühlt Börsen-Expertin Kohl die Diskussion mit harten Fakten ab. Sie gibt der Runde einen Crash-Kurs in Sachen Inflation. „Krieg, Energiekrise und das Banken-Beben sorgen dafür, dass die Banken derzeit im Kampf gegen die Inflation ausfallen.“

Hart aber fair: Linken-Chefin Wissler mit fragwürdiger Aussage zu Protesten in Frankreich

Ostermann lässt erneut die Unternehmerin in sich aufblitzen und erklärt, dass die Preissteigerungen wichtig seien, um Gewinne erzielen zu können. Als die Frauen dann abschweifen und über Wohnungspreise und Mietpreisdeckel streiten, muss Klamroth das erste Mal einschreiten und die Diskussion abwürgen. Während sich die Gemüter beruhigen können, wird ein Kurzfilm zu den heftigen Protesten in Frankreich eingespielt.

Mülltonnen und Autos in Brand, Gewalt zwischen Polizei und Demonstrierenden. Laut Gewerkschaften in Frankreich sollen drei Millionen Menschen an den Protesten beteiligt sein. „Linken“-Chefin Wissler war auch vor Ort. Als sie jedoch von „Volksfeststimmung in Paris“ berichtet, muss Klamroth lachen. Weiter fügt sie hinzu, dass sie sich auch für Deutschland wünsche, „dass die Menschen für ihre Rechte eintreten“.

Hart aber Fair: Klamroth muss mehrfach Streit schlichten

Als sich Connemann und Wissler gerade wieder streiten wollen, wendet sich Klamroth schnell dem ARD-Rechtsexperten Frank Bräutigam zu. Sichtlich erleichtert lässt sich der Moderator von Bräutigam erklären, warum die Streiks legal waren, und wo das Grundgesetz zum Recht auf Arbeitskampf Grenzen hat. Ob der Staat das Streikrecht mehr regulieren wird, bezweifelt der Jurist, da es sich hier um „politisch heikles Terrain“ handelt. Politisch heikel nennt Klamroth dann auch seine Gäste, und dreht sich wieder der Frauen-Runde zu. Erneut muss er wenige Momente später einen Streit zwischen Wissler und Connemann schlichten, als ein Konflikt über die Grundrechte der Streikenden entbrennt.

Zum Ende der Sendung geht der Moderator in ein Einzelgespräch mit Fabian Schmidt, einem Lieferando-Fahrer. Dieser habe sich zwar über den heutigen Tag gefreut, da mehr Menschen zu Hause waren, um „essen zu bestellen“. Gleichzeitig habe der Tag gezeigt, wie wichtig es sei, auf die Straße zu gehen. Er verdiene lediglich den Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde. Oft sei am Monatsende kein Geld mehr da.

Viele seiner Kollegen und Kolleginnen machen den Job, um „ihre Familien zu ernähren“. Auch für ihn sei klar, es müsse dringend eine Lohnerhöhung her. Dem 27-Jährigen sei dennoch wichtig zu betonen, dass „viele der Kollegen und Kolleginnen den Job trotzdem gerne machen“. (jd)