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„Hart aber fair“ über Geflüchtete„Unsere Welt steht seit vier Wochen Kopf“

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Köln – Wer bei dieser Sendung nicht geweint hat, hat kein Herz. Während die Debatte zwischen Moderator Frank Plasberg und seinen Gästen sich eher ziellos dahin zog, gab es zwei sehr bewegende Einzelgespräche. „Geflohen vor Russlands Bomben: Wie gut kann Deutschland helfen?“ war das Thema der Sendung.

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Oksana Ilchenko ist Deutschlehrerin aus Kiew und mit ihrer Mutter und Tochter nach Deutschland geflüchtet. Unter Tränen erzählte sie von ihrer Flucht und von der kompletten Ungewissheit, wie es weiter gehen würde.

Alles zum Thema Hart aber fair

Erst landeten sie in Polen in sehr beengten Verhältnissen, jetzt sind sie bei einer Familie in Deutschland untergekommen, wo sie sich sehr wohl fühlen. Und trotzdem hoffen sie jeden Tag darauf, endlich wieder zurück nach Hause zu können.

Erst am 27. April haben sie einen Termin bekommen, um sich in Deutschland anzumelden. So lange, sagt Oksana Ilchenko, wollen sie doch gar nicht bleiben. Jeden Tag verspreche sie ihrer Mutter, dass sie morgen wieder nach Hause fahren werden.

Julia Kroß, Unternehmensberaterin aus Hamburg, erzählte in der Sendung von ihrem Alltag. Sie und ihr Mann haben sieben Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen. „Max‘ und meine Welt steht seit vier Wochen Kopf“, sagt sie. Von der Stadt Hamburg bekomme sie weder Hilfe noch Auskünfte. „Da heißt es dann immer: Sie müssen sich gedulden, schauen Sie, was in der Presse steht.“

Wie lange trägt diese private Hilfsbereitschaft – ist eine der Fragen der Sendung. Und: Sind Gemeinden und der Staat diesmal besser vorbereitet als 2015?

„Bayern als Vorbild“: Joachim Herrmann (CSU) Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration

Wir haben auf jeden Fall eine insgesamt geordnetere Situation als vor sieben Jahren“, sagt Joachim Herrmann und plädiert dafür, alle Geflüchtete zu registrieren. Bayern habe bereits über 40 000 Flüchtlinge aus der Ukraine registriert, „wenn man sich anstrengt ist das machbar.“ Da müsse man eben auch mal am Samstag arbeiten, „wir haben auch manches Landratsamt auf Trab bringen müssen“.

Viele Fragen, keine Antworten: Luise Amtsberg (B'90/Grüne) Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe

Luise Amtsberg gibt zu, dass es Probleme gibt, die angegangen werden müssen: „Die Zivilgesellschaft und ihr Engagement ist in Notsituationen notwendig. Aber Strukturen gehören in staatliche Verantwortung.“ Wie und wann genau das passieren wird oder soll? Dazu sagt sie kaum Konkretes, außer, dass es in den Kommunen „Registrierungsstraßen“ geben müsse.

Als sie die anderen Gäste fragt, wie der Bund denn Länder und Kommunen am besten unterstützen könne, unterbricht Frank Plasberg: „Ich stelle hier die Fragen!“. Sie möge das doch bitte nicht in der Sendung, sondern „auf Arbeitsebene“ klären.

Vermisst staatliche Strukturen: Isabel Schayani, Moderatorin ARD "Weltspiegel", Leiterin der Redaktion "WDRforyou"

„Die Leute bekommen ohne Registrierung keine Arbeitserlaubnis, keinen Aufenthaltstitel. Aber da wird die entscheidende Weiche gestellt. Und die müsste von Bundesebene einheitlich geregelt werden", sagt Isabel Schayani. Die Journalistin wundert sich angesichts der Lage über die „Entspanntheit der Bundesinnenministerkonferenz“.

Fühlt sich von Land und Bund allein gelassen: Heike Jüngling, Sozialdezernentin der Stadt Königswinter in NRW

Heike Jüngling fordert: „Strukturen müssen her, Regeln müssen her. Wir haben einen Monat nach Kriegsausbruch immer noch keine Antworten parat." Wie läuft die Kostenerstattung für Privathaushalte die Geflüchtete aufnehmen? Wie werden Sozialleistungen vergeben? Wie soll der Kita- und Schulbesuch geregelt werden? Mit all diesen Fragen würden die Kommunen alleine gelassen – und die Geflüchteten beziehungsweise die Menschen, die sich gerade um sie kümmern.