- Nach dem Ende seines Nachttalks kehrt Domian ins Fernsehen zurück.
- Er wundert sich schon lange, warum es neben all den Promi-Shows nicht einen einzigen No-Name-Talk gibt.
- Wenn ein Gespräch aus dem Ruder läuft, will er die Gäste zur Not rauswerfen lassen.
Köln – Jürgen Domian, Sie starten im WDR mit einer neuen eigenen Talkshow. Rückkehr auf die große Bühne – wie fühlt sich das für Sie an?
Ich freue mich riesig darauf. Was ich nach dem Ende meines Night-Talks überhaupt nicht vermisst habe, war die Nachtarbeit. Dagegen hat mir schon nach wenigen Monaten das Talken gefehlt – dieser intensive Gesprächskontakt mit unterschiedlichsten Menschen zu allen denkbaren Themen.
Man soll ja nicht zweimal in denselben Fluss steigen …
Die neue Sendung ist auch nicht derselbe Fluss, sondern eine vorsichtige, logische Weiterentwicklung des alten Formats: dieses Mal ausschließlich im Fernsehen und mit leibhaftigen Gästen. Nach 22 000 Telefon-Interviews hatte ich ganz schlicht das Bedürfnis, meine Gesprächspartner auch einmal zu sehen. Mimik, Gestik, Körperhaltung, Augenkontakt – das alles ist ja auch eine Fülle von Informationen für den Interviewer. Also: Meine Gäste sollen sichtbar sein, aber nicht prominent. Ich habe mich immer gewundert, warum es im deutschen Fernsehen, neben all den Promi-Shows, nicht einen einzigen No-Name-Talk gibt. Diese Lücke möchten wir füllen.
Wie kommen Sie denn an Ihre Gesprächspartner?
Eine Besonderheit der Sendung: Wir recherchieren keine Gäste. Wer mit mir reden will, kann sich per Hotline oder Mail melden. Meine Redaktion bereitet dann die Sendung vor, etwa mit einem Faktencheck, damit nicht am Ende Martin Sonneborn oder ein anderer Satiriker auf die Bühne kommt und mir eine Nase dreht. Ich selber aber weiß vor Beginn der Sendung nichts, gar nichts. Das ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Ich gehe in die Sendung und erfahre erst dort, mit welchen vier oder fünf Menschen ich in der nächsten Stunde rede und worüber. Alles Überraschung, alles Spannung, alles live.
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Anders als bisher am Telefon, fällt im Fernsehen der Schutz der Anonymität weg. Fürchten Sie nicht, dass Ihre Gäste furchtbar aufgeregt und verkrampft sein werden?
Ich habe mit vergleichbaren Gesprächen auf der Bühne gute Erfahrungen gemacht. Wer sich aus eigenem Impuls dafür entscheidet, dass er seine Geschichte öffentlich erzählen will, dem traue ich zu, dass er das im Dialog mit mir auch kann. Bei ganz aktuellen Geschehnissen oder in besonderen Fällen kann ich mir auch ein Skype-Interview vorstellen – oder auch ein Telefonat, wenn wir anders nicht an einen Gast herankommen.
Der Bundespräsident hat an Weihnachten gesagt, wir müssen mehr miteinander reden, einander besser zuhören. Verstehen Sie Ihre Sendung auch als Einlösung dieses Aufrufs?
Für mich ist es geradezu Bürgerpflicht, solange zu reden, wie überhaupt die Chance dazu besteht. So habe ich es mehr als 20 Jahre bei „Domian“ gehalten: mit allen reden, die reden wollen – über alles, was sie zu sagen haben. Nur so lässt sich vielleicht etwas bewegen. Wer schweigt und ausgrenzt, hat diese Hoffnung aufgegeben. Ich rede mit Nazis, mit Mauerschützen, mit Hooligans …
Und wenn so ein Gespräch aus dem Ruder läuft …?
Im Radio konnte ich die Leute notfalls wegdrücken. Im Fernsehen würde ich sie rauswerfen lassen.
Nicht im Ernst.
Doch. Eine Security ist vorgesehen. Ich denke, dazu wird es nicht kommen. Aber theoretisch kann alles passieren. Das ist ja das Spannende an einer Live-Sendung. Alle reden immer davon, es solle mehr live im Fernsehen gesendet werden, es solle spannender und authentischer werden. Aber am Ende trauen sich viele dann doch nicht.
Ein gewisses Krawallpotenzial ist aber demnach einkalkuliert. Gibt es Tabus, die Ihnen nicht auf die Bühne kommen?
Wir schränken den Leitsatz „mit allen über alles reden“ an einer einzigen Stelle ein. Wir werden keinen Gast der Gefahr aussetzen, dass am nächsten Tag die Leute über ihn herfallen. Beispiel: In meinem Night-Talk habe ich mehrfach mit pädophil veranlagten Männern geredet, die sich selbstkritisch gesehen haben und an ihrer Veranlagung litten. Das würde ich im Fernsehen nicht tun. Denn ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn so ein Mann anderntags über die Ehrenstraße oder den Neumarkt spaziert und erkannt wird. Da setzt unsere Verantwortung ein, dass wir die Menschen vor sich selbst schützen. An den flüchtigen „15 Minuten Ruhm“, von denen Andy Warhol einmal medienkritisch gesprochen hat, ist uns nicht gelegen.
Aber gibt es umgekehrt auch Themen, von denen Sie sagen, die haben in meiner Sendung nichts zu suchen?
Nein. Vom genannten Fall Pädophilie abgesehen, haben wir keine Ausschluss-Kriterien festgelegt. Dafür haben wir übrigens auch die volle Unterstützung des WDR. Für diesen Vertrauensvorschuss bin ich sehr dankbar. Das Ganze ist ja doch auch ein Experiment – und ich hoffe, dass es gelingt.
Die neue Show
„Domian live“ wird vom 8. November an nach dem „Kölner Treff“ jeweils von 23.30 bis 00.30 Uhr im WDR Fernsehen ausgestrahlt. Geplant sind zunächst vier Sendungen.
Als Gäste teilnehmen können laut WDR alle, „die mit Domian reden, diskutieren oder sich beraten wollen“. Bewerbungen sind möglich unter der Hotline-Telefonnummer 0800/220-8899 oder per Mail unter domian@wdr.de. (jf)