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Karen Gomyo in der Kölner PhilharmonieDem Star des Abends fehlte das Widerborstige

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Karen Gomyo

Köln – Der Pariser Uraufführungsskandal von 1913 liegt mehr als ein Jahrhundert zurück. Längst hat Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ seinen Platz unter den Bestsellern der klassischen Moderne eingenommen. Auch beim jüngsten Abokonzert des WDR Sinfonieorchesters, zu dem sich viel jugendliches Publikum eingefunden hatte, erlebte man vor allem ein saftig musiziertes, effektvolles Bravourstück.

Bei Strawinsky gab es einige fransige Einsätze

Chefdirigent Cristian Măcelaru nagelte die schweren Tutti-Akzente nicht allzu rabiat ein, suchte eher die federnde Elastizität, den vitalen Groove der wechselnden Metren. Die Klangsteuerung geschah bevorzugt aus der Mitte; die Schärfen und Spitzen - etwa in der hohen Es-Klarinette - gellten weit weniger, als das bei französischen oder russischen Orchestern der Fall ist. So erlebte man eine gut integrierte Darstellung, die bis auf ein paar fransige Einsätze und kleinere Instabilitäten bei den Holzbläsern durchweg von einem hohem Spielniveau getragen war.

Die kanadische Geigerin Karen Gomyo war kurzfristig eingesprungen

Den Solopart im ersten Violinkonzert von Dmitri Schostakowitsch hatte die kanadische Geigerin Karen Gomyo kurzfristig von ihrem griechischen Kollegen Leonidas Kavakos übernommen. Im lyrischen Kopfsatz überwog noch der Eindruck eines vor allem auf Ebenmaß und Tonschönheit fokussierten Spiels, das die unterschwellige Bedrohung, die inneren Verspannungen der Musik kaum greifbar werden ließ. Im Scherzo kam die Geigerin mehr aus der Reserve - aber man merkte doch deutlich, dass das Kratzige und Borstige, das viele Kollegen hier suchen, nicht ihre Sache ist. Am stärksten wirkte die ausgesprochen suggestiv formulierte Kadenz mit ihren lupenreinen Flageolettklängen. Von hier führte ein direkter Weg zur Zugabe, dem „Violin Diptych“ des Amerikaners Samuel Adams, dessen latente harmonische Strukturen Karen Gomyo flächig ausbreitete.

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Eine neue Lieferung der Reihe „Miniaturen der Zeit“ hatte den Abend eröffnet: Elnaz Seyedi, die aus Teheran stammende ehemalige Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendiatin der Stadt Köln, entwirft in „a mark of our breath“ ein Feld aus gleitenden, teils in die Instrumente gesungenen Blechbläser-Klängen, denen markante Punkt-Ereignisse in Gestalt von Streicher-Pizzicati und Schlagzeug-Impulsen gegenüberstehen. Hier ist eine starke musikalische Aura angelegt, die sich aber aufgrund der Kürze des Stückes kaum entfalten konnte - es wirkte wie eine Skizze, die noch ihrer Ausarbeitung harrt.