Die lit.Cologne war nach drei schwierigen Corona-Jahren ein großer Erfolg. Wie es in Zukunft weitergeht, bleibt jedoch ungewiss.
Fazit der 23. AusgabeLit.Cologne kehrt zu altem Glanz zurück – aber wie geht es weiter?
Das kann ja heiter werden: „Wir haben einen beschissenen Abend vorbereitet“, versprachen Cordula Stratmann und Bjarne Mädel am Samstagabend im Sartory-Saal dem Publikum. Die miese Laune ist natürlich Teil des Programms, denn die beiden beschäftigen sich in gleich zwei ausverkauften Veranstaltungen mit dem Verdruss.
„Ich bin's leid“ war das Motto, und dann las Mädel in sehr vergnüglichen anderthalb Stunden Texte von Joachim Meyerhoff, Sibylle Berg, Yasmina Reza und anderen zu Themen, die uns allzu oft verdrießlich stimmen.
Anlass zum Verdruss bot die 23. Ausgabe der lit.Cologne ansonsten aber nicht. Im Gegenteil, nach drei schwierigen und ungewissen Jahren, in denen die Corona-Pandemie einen normalen Ablauf unmöglich machte, ist Europas größtes Literaturfestival in diesem Jahr in altem Glanz zurückgekehrt.
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105.000 Besucher, eine Auslastung von 92 Prozent
Die Schlangen vor ausverkauften Sälen waren zurück, die Anziehungskraft der lit.Cologne ist ungebrochen. Ein Literaturfestival, das insgesamt 105.000 Besucherinnen und Besucher und eine Auslastung von rund 92 Prozent vorweisen kann, ist für Kölns Kulturleben ein ungemein wichtiger Fixpunkt. Die lit.kid.Cologne verzeichnete mit 25.000 Besuchern sogar einen Publikumsrekord.
Nun, wo man wieder reisen kann, kamen viele große Namen auch von weit her. Zum ersten Mal gelang es den Veranstaltern, Bret Easton Ellis nach Köln zu locken. Auch Julian, Barnes, Maria Ressa, Ian McEwan, Judith Hermann und viele andere große Namen waren in Köln zu Gast.
Geschäftsführer euphorisch: „Mein Fazit lautet: fulminant!“
Rainer Osnowski, Geschäftsführer der lit.Cologne, war die Freude und Erleichterung anzumerken. „Mein Fazit lautet: fulminant! Für uns ist es die triumphale Rückkehr der lit.Cologne nach einer dreijährigen Krise“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Das Festival sei fast schon wieder auf Vor-Corona-Niveau angekommen. „Die Säle waren voll, das gilt auch für die Veranstaltungen, bei denen es kurz vorher noch Tickets gab. Deshalb werte ich es auch als Triumph, denn als wir das Programm im Herbst geplant haben, war ja noch nicht abzusehen, wo die Reise hingeht, mit der Pandemie und den Auswirkungen des Angriffskriegs der Russen in der Ukraine. Probleme gab es allenthalben.“
Dennoch habe sich das Team entschieden, wieder ein vielfältiges und großes Festival zu organisieren. „Nicht nur Highlights, sondern ein breites Spektrum, so wie es die Menschen von der lit.Cologne erwarten. Rückblickend kann man sagen, dass der Mut, es so zu machen, vollständig belohnt wurde“, so Osnowski.
Der große Zuspruch zur lit.pop, die zum ersten Mal stattfand und im Stadtgarten in vollen Sälen junge Besucher versammelte, um über Gender, Sex, Feminismus und Politik zu diskutieren, beweist, dass man auch neue Altersschichten erreichen kann. Die lit.pop soll im nächsten Jahr fortgesetzt werden, vielleicht sogar an zwei Tagen.
Verbesserungspotenzial gab es aber auch: Die Sartory-Säle, die dieses Jahr erstmals eine Hauptspielstätte waren, boten für ein solches Festival trotz der guten Lage im Herzen der Stadt keine optimalen Bedingungen. Regelmäßiges Chaos an den Garderoben führte zu verspäteten Starts, die gesamte Organisation war bei vielen der ausverkauften Veranstaltungen nicht optimal.
Ist die Zukunft des Festivals gesichert?
Bleibt die Frage, ob das Festival nach den Krisenjahren nun in eine gesicherte Zukunft blicken kann. „Wir fühlen uns getragen von einer Welle der lit-Cologne-Euphorie bei den Besucherinnen und Besuchern und vertraue darauf, dass allenthalben noch einmal klar geworden ist, welche Strahlkraft dieses Festival für die Stadt hat“, so Rainer Osnowski.
Er hoffe, dass alle Sponsoren dabei bleiben und vielleicht sogar neue gewonnen werden können. Aber man müsse immer abwarten, wie sich deren wirtschaftliche Situation darstelle. „Ich kann nur hoffen, dass deren oft schon langjährig bestehendes Bekenntnis zur lit.Cologne bleibt. Von gesicherter Zukunft kann man nur punktuell sprechen. Aber genügend Unternehmen erkennen sicher den Wert der Marke und wollen ihn für Köln bewahren“, sagte der Chef des Festivals.
Zudem hat die lit.Cologne in diesem Jahr einen Freundeskreis gestartet. Gegen feste jährliche Beträge zwischen 60 und 3500 Euro erhält man zum Beispiel Tickets, Buchempfehlung und Zugang zu Sonderveranstaltungen. „Das wird keinen Hauptsponsor ersetzen, aber komplementär kann er das ein oder andere kompensieren. Die ersten Anmeldungen sind schon da, aber wir müssen das natürlich erst einmal aufbauen und pflegen. Das ist eher auf mittlere Sicht gedacht“, sagt Osnowski.
Wie sich der Freundeskreis entwickelt, wird sich also erst noch zeigen. Viele neue Freundinnen und Freunde hat das Festival in diesem Jahr aber ganz sicher gewonnen.