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Philharmonie KölnUkrainische Jugendliche spielen für die Zukunft ihres Landes

Lesezeit 5 Minuten
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Das Jugendorchester der Ukraine  

Köln/Rendsburg – „Ich kann Musik machen, und dann habe ich keine Probleme mehr. Das hilft immer.“ Für die 17-jährige Elizaveta spielt die Musik eine riesige Rolle in ihrem Leben. Sie ist Geigerin im Jugendsinfonieorchester der Ukraine, kommt aus Lwiw, wohnt aber seit kurzer Zeit in der Schweiz. „Musik hilft, zu vergessen, aber auch, sich zu erinnern“, betont sie. Es ist ein Motto, das unter den Umständen der letzten vier Monate eine ganz andere Bedeutung gewinnt.

Am 5. Juli tritt das Jugendsinfonieorchester der Ukraine zusammen mit dem Bundesjugendorchester in der Philharmonie Köln auf. Ein gemeinsames Projekt dieser beiden Orchester war für dieses Jahr schon länger geplant, doch eigentlich hätte es bereits im Mai in Odessa stattfinden sollen. Spätestens Ende Februar stand jedoch fest, dass sich das Projekt in dieser Form nicht durchführen lässt. Für Sönke Lentz, dem Orchesterdirektor des Bundesjugendorchesters, war es dennoch keine Option, das Projekt komplett aufzugeben: „Uns war nach Beginn des Angriffskrieges klar, dass wir irgendetwas unternehmen müssen, um die Kooperation weiterzuführen.“

Wenn Musiker nicht ausreisen dürfen

Doch das Projekt nach Deutschland zu verschieben, brachte seine eigenen Herausforderungen mit sich. Kurzfristig mussten Probenorte, Unterkünfte und freie Konzerthallen gefunden werden – jetzt, kurz vor der Sommerpause, wo die Terminkalender der großen Konzerthäuser schon lange gefüllt sind. Auch in der Kölner Philharmonie wurde extra neu geplant und umorganisiert, um den 5. Juli für die jungen Musikerinnen und Musiker freizuräumen.

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Sönke Lentz, Elizaveta Zubenko und Leo Möller (v.l.)  

Lange blieb jedoch auch unklar, ob die ukrainischen Musikerinnen und Musiker überhaupt zum Proben anreisen können. Besonders für die jungen Männer über 18 kann die Ausreise aus der Ukraine große Probleme bringen. Zu Beginn der Probenphase in Deutschland fehlten noch immer Mitglieder des ukrainischen Orchesters, etwa ein Fagottist, der mehrere Tage an der Grenze zwischen der Ukraine und Polen auf eine Sondergenehmigung zur Ausreise warten musste.

„Unsere Häuser werden zerbombt, und manche Leute sind schon tot“

Im Nordkolleg Rendsburg haben sich die Orchester gemeinsam auf die Konzerte in Berlin, Hannover und Köln vorbereitet. Dort wurden Beethovens Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“, Dvořáks Sinfonie Nr. 8 sowie die Symphonische Ballade „Grazhyna“ des ukrainischen Komponisten Borys Ljatoschynskyi einstudiert. Das Proben mit den ukrainischen Gästen laufe, abgesehen davon, dass man nun auf Englisch kommuniziere, eigentlich ganz normal ab, erzählt Leo. Er ist 22, kommt aus Köln und spielt schon seit Jahren Bratsche im Bundesjugendorchester.

Nur die Freizeit sähe etwas anders aus als sonst, da man vor allem in den Pausen zwischen den Proben die ukrainischen Musikerinnen und Musiker besser kennenlerne. Die Abende werden damit verbracht, sich die jeweilige Orchesterkultur gegenseitig vorzustellen: welche Bräuche man hat, welche Freizeitaktivitäten zur Orchestertradition geworden sind, welche Musik man, auch abseits der Klassik, zusammen hört. „Das finde ich eine total klasse Erfahrung“, so Leo, „gerade in einer Zeit, wo alles ziemlich schwierig ist in der Ukraine, dass wir die Möglichkeit haben, zusammen zu kommen und hier schöne Musik zu machen.“

Benefizkonzert gegen das Vergessen

Dem kann auch Elizaveta nur zustimmen. Aber es ist nicht leicht für sie, so weit von ihrer Heimat entfernt zu sein, während dort so viele Menschen leiden. „Unsere Häuser werden zerbombt, und manche Leute sind schon tot – ich weiß nicht, warum wir das erleben müssen“, sagt die 17-Jährige. Doch eines spürt sie trotz des Gefühls der Hilflosigkeit: „Wir als Musiker in Europa können dafür sorgen, dass die Ukraine hier nicht vergessen wird.“

Gerade dazu dient auch das Benefizkonzert in der Philharmonie Köln. Es soll die Ukraine wieder ins Bewusstsein rufen, damit der Krieg nicht zur Normalität wird. Mit dem Konzert werde auch ein Signal für die Zukunft gesendet, so Lentz, dass die Kooperation weitergeht und dass die Freundschaften zwischen den jungen Musikerinnen und Musikern weiterhin stark bleiben. Auch Elizaveta appelliert: „Wir sind die gleichen Leute. Wir müssen gemeinsam etwas in dieser Situation machen.“

„Wir sind jung, unser Land ist noch jung, und wir wollen gemeinsam weiterleben.“

2018 war das Bundesjugendorchester bereits bei ihrem ukrainischen Partnerorchester in Kiew zu Besuch. Leo erinnert sich noch gut an diese Fahrt. Es sei erschreckend, die Bilder vom Orchester 2018 in Kiew mit den heutigen Bildern in den Nachrichten zu vergleichen. „Es trifft einen schon“, gesteht er, „weil man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann, dass ein Ort, den man als so schön in Erinnerung hat, jetzt auf einmal von Krieg überzogen ist.“ Umso schöner sei es jedoch, jetzt wieder mit einigen der Musikerinnen und Musiker, die man damals in Kiew kennengelernt hat, zu spielen.

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Insgesamt sind etwa 50 ukrainische Musikerinnen und Musiker für dieses Projekt nach Deutschland gereist. Einige kamen direkt aus der Ukraine, die meisten sind jedoch schon über verschiedene europäische Länder verteilt. So auch Elizaveta, die bald ein Studium in der Schweiz beginnen wird. Für die Zukunft wünscht sie sich zwei Dinge: Musik und Frieden. „Ich möchte mich weiter in der Musik entwickeln und wünsche mir, dass die Ukraine sich auch weiterentwickelt“, sagt sie. „Dieser Krieg muss wirklich beendet werden. Wir sind jung, unser Land ist noch jung, und wir wollen gemeinsam weiterleben.“

Zum Konzert

Geleitet wird das Benefizkonzert von Artem Lonhinov, einem jungen ukrainischen Dirigenten. Die Einnahmen aus dem Konzert dienen als Spende für das Jugendsinfonieorchester der Ukraine, damit sie weiterhin gemeinsam musizieren können, auch wenn dies in der Heimat zurzeit nicht möglich ist. Für die, die über das Konzert hinaus gerne das Jungendsinfonieorchester der Ukraine unterstützen wollen, hat das Bundesjugendorchester ein Spendenkonto eröffnet. Alle Informationen zum Spendenkonto finden Sie auf der Website des Bundesjugendorchesters.

„United for the Future“, Benefizkonzert in der Kölner Philharmonie, 5. Juli 2022, 20 Uhr, Eintritt 29 Euro/12 Euro