- Jürgen Kaube, Herausgeber von "FAZ" und „FAS“, soll ein Jan-Böhmermann-Interview aus dem Blatt geworfen haben.
- Der Entertainer macht den Vorgang öffentlich und postet das Gespräch auf Twitter.
- Warum man das durchaus als Angriff auf die klassischen Medien verstehen kann.
Köln – „Sowas habe ich wirklich noch nie erlebt“, ereifert sich Jan Böhmermann auf Twitter. Darunter hat der Moderator („Neo Magazin Royale“) einen offenen Brief an Jürgen Kaube, Herausgeber von „FAZ“ und „FAS“, gehängt.
Demzufolge hatte Böhmermann der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ ein großes Interview gegeben, aus Anlass der Buch-Veröffentlichung (bei KiWi) seiner gesammelten Tweets unter dem Titel „Gefolgt von niemandem, dem du folgst“.
Unter keinen Umständen veröffentlichen
Das Gespräch sei jedoch wenige Stunden vor Drucklegung auf persönliche Anweisung von Kaube aus der Zeitung entfernt worden. Angeblich habe Kaube zudem verlangt, dass das Interview unter keinen Umständen veröffentlicht werden sollte. Welchen Grund er dafür habe, verlangt Böhmermann nun zu wissen.
Die „FAZ“ teilte auf Nachfrage diverser Medien nur einsilbig mit, dass man redaktionelle Entscheidungen nicht kommentiere. Was im Sinne der Pressefreiheit durchaus Sinn macht.
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Böhmermann veröffentlichte daraufhin das verhinderte Interview kurzerhand selbst, aufgeteilt auf 73 Tweets. Ob unter diesen der Grund für die Intervention des „FAZ“-Herausgebers zu finden ist? Von Böhmermanns Ausführungen taugen bestenfalls diejenigen zur „Cancel Culture“ als Empörungsmaterial.
Er könne das schlecht geschauspielerte Gejammer über das Phantom Cancel Culture menschlich nachvollziehen, sagt der Moderator da: „Es fühlt sich sicher beschissen an, wenn man hauptberuflich von der Großartigkeit seiner eigenen Position derart überzeugt ist, dass man persönlich beleidigt davon ist, dass man innerhalb von fünf Minuten von zehn anonymen Twitter-Nutzerinnen auf 280 Zeichen argumentativ ausmanövriert wird. Oder wenn Du als unfehlbarer Querdenker-Kabarettist die geniale Idee hast, deinem senilen Publikum mit antisemitischem Geraune oder regressivem Volkswitz den allertraurigsten Applaus aus den toten Händen zu saugen und das dann jemand im Internet bemerkt und Dir laut hörbar widerspricht.“
Letztere Bemerkung ist selbstredend auf den Fall der Kabarettistin Lisa Eckhart gemünzt.
Eine Lektion in Sachen Cancel Culture
Nun ist Böhmermann selbst gecancelt worden und dürfte sich über den Publicity-Stunt freuen, den Jürgen Kaube ihm auf dem Silbertablett serviert hat. Skandalberichterstattung in einer Vielzahl von Medien ist allemal publikumswirksamer als ein einzelnes Gespräch in einer Sonntagszeitung.
Dass die sozialen Medien den klassischen überlegen sind und man auf Twitter Gegenmeinungen so pointiert artikulieren kann, „dass Du davon auch als Leitmediums-Chefredakteur berührt wirst“, wie es der Entertainer im Interview behauptet, hat er erfolgreich mit seiner passiv-aggressiven Veröffentlichungsattacke bewiesen. Oder, wie es Böhmermann knapp formuliert: „Medienwandel is a bitch.“