Der neue Kölner „Tatort“ aus Köln führte plakativ, aber unterhaltsam vor Augen, wohin die Gier nach dem schnellen Geld führen kann.
So war der „Tatort“ aus KölnEin bisschen Wall Street am Rhein
Ein Anwalt für Verbraucherrecht lag erschlagen in seiner Kanzlei. Er hatte eine Sammelklage gegen die Investmentfirma Concreta angestrebt, die mit windigen Anlagen ihren Kunden das Geld aus der Tasche gezogen und sie dann um ihr Erspartes gebracht hatte.
Einer der Mitarbeiter der Firma, André Stamm (Rouven Israel) hatte unterdessen die Frau seines Kollegen Robert „Rocko“ Andersen (Oleg Tikhomirov) entführt, weil er den Mann, der ihn zu der Firma gelockt hatte, zwingen wollte, ihren gemeinsamen Chef Christopher Komann (Robin Sondermann) dazu zu bringen, seine miesen Tricks zuzugeben - notfalls auch mit Waffengewalt.
Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) hatten im neuen Kölner „Tatort“ also alle Händen voll zu tun, zu verstehen, wie das alles miteinander zusammenhing.
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Die Auflösung
Dass André Stamm für die Entführung verantwortlich war, stand früh fest. Entscheidend war aber die Frage, ob er auch den Anwalt getötet hatte, der die Klage trotz seines anfänglichen Optimismus fallengelassen hatte, weil er, wie sich im Verlauf der Folge herausstellte, von Christopher Komann dazu gebracht worden war.
Doch damit hatte Stamm nichts zu tun. Vielmehr hatte seine schwangere Frau Anja (Roxana Samadi), die der vermeintlichen Erfolgsgeschichte ihres Mannes in seinem Job von Anfang nicht getraut hatte, herausgefunden, warum der Anwalt seine Klientinnen und Klienten hängenließ. Als sie ihn mit ihrer Erkenntnis konfrontieren wollte, kam es zu einem Handgemenge und schließlich zur Tötung.
Das Thema
Das erfahrene Autorenduo Arne Nolting und Jan Martin Scharf (unter anderem „Club der roten Bänder“) hatte sich ein Thema gesucht, dass schon für viele Filme und Serien herhalten musste. Am besten in Erinnerung geblieben sind vermutlich „The Wolf of Wall Street“ mit Leonardo DiCaprio und zuletzt die Netflix-Satire „King of Stonks“ mit einem wunderbar überdrehten Matthias Brandt.
Der Haken an Komanns Geschäftsmodell ist natürlich offensichtlich: Der Chef der Firma hatte ein Schneeball-System aufgebaut, das ihn und vielleicht noch ein, zwei andere reich machte - und den Rest seiner Mitarbeiter und Kunden ins Unglück stürzte. Denn nach einem ersten Verkaufserfolg, der manipuliert war, musste André irgendwann Freunde und Familie für die Finanzprodukte gewinnen. Die investierten gutgläubig, und verloren - genauso wie er selbst - alles.
Die Frage, warum Menschen sich so schnell verführen lassen, wenn die Alarmzeichen so deutlich sind, stand dabei immer im Raum. Rouven Israel gelang es, die Sehnsucht des jungen Mannes, der seiner Familie mehr bieten wollte als er konnte, glaubhaft darzustellen.
Fazit
Köln ist nicht New York, und ein wenig krankte dieser „Tatort“ daran, dass die Verführung in einem schnöden Kölner Bürogebäude weniger leicht erscheint als im Zentrum der amerikanischen Finanzwelt. Und mitunter geriet das Ganze auch ziemlich plakativ.
Nolting, Schaf und Regisseurin Charlotte Rolfes konnten sich aber durchweg auf die Darstellerinnen und Darsteller verlassen. Robin Sondermann hatte sichtlich Spaß an der Rolle des skrupellosen Strippenziehers, der Worthülsen hinter Champagner-Duschen, Partys und schönem Schein versteckte und sehr offensichtlich der Meinung war, dass selbst schuld ist, wer sein Geld verliert, wenn man auf einen wie ihn reinfällt.
Was dem „Tatort“ ebenfalls guttat, war seine Erzählstruktur. Die Geschichte wurde nicht chronologisch, sondern in einzelnen Kapiteln mit immer eingestreuten Rückblenden erzählt, sodass sich langsam aus einzelnen Puzzleteilen ein Gesamtbild ergab.
Die beiden Kommissare hielten sich dabei angenehm zurück, was dem Film auch deshalb half, weil der eigentliche Kriminalfall nicht der stärkste Teil der Verführungsgeschichte war, die Rolfes bei ihrem „Tatort“-Debüt souverän inszeniert.