Köln – Im Ukraine-Krieg haben sich die russischen Truppen zwar aus der Nähe von Kiew zurückgezogen, stattdessen wird nun aber mit einem bevorstehenden Großangriff auf den Donbass, also die Ost-Ukraine, gerechnet. Bilder der Kriegsverbrechen der russischen Armee in Butscha und Borodjanka gingen um die Welt. Ein Ende des Krieges ist auch sechs Wochen nach seinem Ausbruch noch nicht absehbar. Deshalb fragte Moderator Frank Plasberg am Montagabend in seiner Sendung „Hart aber fair“: „Was muss geschehen, damit die Ukraine siegen kann?“
Über das Thema diskutierten folgende Gäste:
- Margarete Klein: Russland- und Militärexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik
- Alexander Graf Lambsdorff (FDP): Außenpolitiker, stellvertretender Fraktionsvorsitzender
- Ralf Fücks (Grüne): Publizist, Leiter der Denkfabrik „Zentrum Liberale Moderne“
- Christoph Reuter: Reporter beim „Spiegel“, berichtet aus der Ukraine
- Petra Pinzler: Hauptstadt-Korrespondentin der „Zeit“
Zu Beginn der Sendung sah es noch nach großer Einigkeit unter den Gästen Frank Plasbergs aus. Auf die Frage, ob Deutschland noch weitere und vor allem schwerere Waffen an die Ukraine liefern müsse, um die russischen Truppen zu besiegen, folgte große Zustimmung. „Dieser Krieg ist ein Verbrechen. So archaisch das klingt, die Ukraine muss das jetzt militärisch lösen und die Russen stoppen. Es muss auf dem Schlachtfeld entschieden werden“, sagte Graf Lambsdorff.
Die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung war gering. „Das wichtigste ist, dass die Ukrainer schnell die Waffen bekommen, die sie brauchen“, so Journalist Reuter, der live aus Kiew zugeschaltet war. Immer wieder brach die Internetverbindung ab, der Reporter musste sich dann per Telefon zuschalten. Ralf Fücks unterstrich angesichts der Schilderungen Reuters aus der Ukraine, dass zu wenig und zu langsam seitens der Bundesregierung agiert werde.
Kritik an Kanzler Scholz
Zu einer ersten Diskussion kam es daher rund um das Verhalten der Bundesregierung. Journalistin Pinzer kritisierte, dass Bundeskanzler Scholz seit seiner ersten Rede zum Krieg vor vier Wochen verstummt sei. Als Graf Lambsdorff daraufhin einwarf, Scholz sei kein Mann für Show, unterbrach sie: „Mir geht es nicht um Show.“
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Militärexpertin Klein warnte unterdessen davor, dass der Krieg sich noch über eine lange Zeit hinziehen könnte. „Eine weitere Offensive in Richtung Kiew im Sommer ist denkbar. Dieser Krieg könnte immer in unterschiedlichen Aggregatszuständen ablaufen, mal heißer und mal kälter“, sagte Klein. Angesichts der möglichen Dauer des Krieges befürchteten alle Gäste Plasbergs, dass das Interesse und die Anteilnahme Europas am Schicksal der Ukraine nachlassen könnten.
Streit um Gaslieferungen
Ein sichtlich emotionaler Fücks zeigte sich deshalb auch als Kritiker seiner eigenen Partei und der Ampelregierung, auch in Bezug auf Waffenlieferungen. So hatte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) die Lieferung von Marder-Panzern an die Ukraine abgelehnt. „Wenn es wirklich so ist, wie die Verteidigungsministerin sagt, wir sind blank, wir haben nichts mehr zu bieten - warum geben wir der Ukraine dann nicht zwei Prozent der 100 Milliarden für die Bundeswehr ab, damit sie jetzt das kaufen kann, was sie braucht?“, so Fücks. Auch Moderator Plasberg fragte angesichts des abgelehnten Marder-Deals: „Muss man sich für so eine Begründung nicht schämen?“
Die hitzigste Diskussion des Abends ging dann um die deutsche Energieversorgung durch russisches Gas. Während Journalistin Pinzer darin eher eine Schwächung der deutschen Wirtschaft und den Beginn einer großen Umverteilungsdebatte sah, nahm Fücks auch hier wieder die radikalste Position ein: „Die Frage ist doch – was kostet uns mehr? Diesen Krieg weiter fortzuführen oder zu versuchen, ihn schnellstmöglich zu beenden?“
Expertin Klein begrub abschließend noch die Hoffnung, dass der Krieg wie von allein beendet werden könnte. „Im Westen gibt es diese Erwartung: Wir müssen nur lang genug abwarten, dann bricht das Regime schon zusammen.“ Schockierende Bilder von Putin-Unterstützerinnen und –unterstützern selbst in Deutschland zeigten aber: Damit ist nicht zu rechnen.