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Vertrag wird nicht verlängertWarum Opernintendantin Birgit Meyer gehen muss

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Birgit Meyer

  1. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker Opernintendantin Birgit Meyer darüber informiert, dass sie deren Vertrag nicht noch einmal verlängern will.
  2. Unzufriedenheit mit der Arbeit der Intendantin soll jedoch nicht der Grund für diesen Schritt sein.
  3. Die Kulturpolitiker der Stadt reagieren sehr unterschiedlich auf Rekers Entscheidung.

Köln – Die Tage von Birgit Meyer als Kölner Opernintendantin sind gezählt. Wie es aussieht, stehen ihre Chancen, dass ihr laufender Vertrag (bis Ende der Spielzeit 2021/22) noch einmal verlängert wird, schlecht. Das ergaben aktuelle Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Umfeld der Stadtspitze, der Ratsfraktionen und auch des Opernhauses selbst.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, teilte Oberbürgermeisterin Henriette Reker bereits vor einigen Wochen Birgit Meyer ihre Entscheidung einer Nichtverlängerung des Vertrags in einem persönlichen Gespräch mit. Als Grund dafür soll nicht Unzufriedenheit mit Meyers aktueller Arbeit in der Interimsspielstätte Staatenhaus geltend gemacht worden sein, sondern im Wesentlichen ihre bereits beträchtliche Amtsdauer: Zehn Jahre seien, so sei Meyer bedeutet worden, genug. Es sei Zeit für „frischen Wind“ an der Spitze des Hauses – dies auch vor dem Hintergrund, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin dann auch den Umzug vom Staatenhaus ins sanierte Haus am Offenbachplatz bewerkstelligen müsse.

Wiedereröffnung steht in den Sternen

Dessen Wiedereröffnung steht freilich in den Sternen. Vertraute der Materie sprechen mittlerweile vom Jahr 2024 oder gar 2025. In jedem Fall würde eine – in diesem Metier verbreitete – Vertragslaufzeit von fünf Jahren für den Meyer-Nachfolger die „Umzugszäsur“ überbrücken.

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Weiterhin wird vermutet, dass sich Reker – als Nicht-Fachfrau in Operndingen – zur Lösung des Personalproblems externen Sachverstand holen und zum Beispiel eine Findungskommission einsetzen wird. Nach dem weithin als desaströs empfundenen Ergebnis bei der Suche nach Nachfolge für Stefan Bachmann am Schauspielhaus scheint ausgeschlossen, dass Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach mit der Angelegenheit betraut wird.

Ratsfraktionen informiert

Birgit Meyer bestätigte auf Nachfrage am Montag, „dass es Gespräche mit der Oberbürgermeisterin gegeben hat“, wollte aber zu deren Inhalt wie überhaupt zur Sache selbst zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr sagen. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass die Intendantin eine Verlängerung ihres Vertrages gerne gesehen hätte.

Wie weiter zu erfahren war, informierte die Oberbürgermeisterin nach ihrem Gespräch mit Birgit Meyer die Kultursprecher der Ratsfraktionen, die im Gespräch mit dieser Zeitung den geschilderten Hergang bestätigten. Tatsächlich könnte der Stadtrat die Reker-Initiative zurückweisen und einen Verbleib von Meyer auf ihrem Posten durchsetzen. Dass es so kommen wird, ist allerdings unwahrscheinlich: „Im Rat ist derzeit keine Initiative zugunsten von Frau Meyer erkennbar“, war am Montag aus der Fraktionsspitze der Grünen zu hören – sie stellen seit der Kommunalwahl die mit Abstand stärkste Gruppe im Kommunalparlament.

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Einiges wird allerdings davon abhängen, ob sich das Reker-Bündnis aus Grünen und CDU auch als Gestaltungsbündnis formiert. So oder so wird nicht erwartet, dass sich die Grünen als „Schlüsselkraft“ im neuen Stadtrat ausgerechnet bei der Personalie Meyer der von ihnen unterstützten OB in den Weg stellen. Allerdings ist hier noch einiges im Fluss, die künftige Ratskonstellation samt Bündnisoptionen gewinnt in diesen Tagen nur zögernd Konturen.

SPD-Sprecher sieht Entscheidung kritisch

SPD-Kultursprecher Klaus Schäfer sieht die Handhabung der Causa Meyer kritisch: „Frau Meyer hat im Staatenhaus einen auch überregional anerkannten guten Lauf, ihre Ablösung ist alles andere als zwingend“, sagte er gestern im Gespräch mit dieser Zeitung. Im Übrigen sei angesichts der Planungskonditionen im Opernhaus ein Vorlauf von knapp zwei Jahren bis zum gewünschten Personalwechsel „eine sehr kurze Zeit“.

Schäfers CDU-Kollege Ralph Elster äußert sich zur Sache zurückhaltend. Die Intendantin habe im Staatenhaus „gute Arbeit gemacht“, indes sei der Standpunkt „Zehn oder gar zwölf Jahre (mit Meyers Zeit als Operndirektorin) sind genug“ nachvollziehbar: „Ich halte wenig von Endlosverträgen in künstlerischen Leitungspositionen.“ Elster stellt gleichfalls die Dringlichkeit der Entscheidung heraus: „Wenn die Riphahn-Oper 2024 oder 2025 mit Aplomb wiedereröffnet werden soll, muss man jetzt schleunigst in die Gänge kommen.“ Auch FDP-Kultursprecher Ulrich Wackerhagen gibt im Gespräch mit dieser Zeitung zu Protokoll, „dass nach zehn Jahren ein Wechsel Künstlern und Publikum guttut“.

Noch andere Motive?

Schäfer hält es indes – wie andere Beobachter der Szene – für möglich, dass es außer dem Verlangen nach „frischem Wind“ für den avisierten Personalwechsel noch andere, als solche aber nicht benannte Motive gibt. So verweist er auf Meyers angespanntes Verhältnis zu Generalmusikdirektor François-Xavier Roth. Roth, dessen laufender Vertrag ebenfalls 2022 endet, aber bereits bis (vorläufig) 2025 verlängert wurde, soll sein Verbleiben in Köln weiland davon abhängig gemacht haben, dass Meyers Kontrakt nicht fortgeschrieben wird – eine Forderung, die selbstredend in seinem eigenen Vertrag keinen Niederschlag finden konnte. Wenn sich die Beziehung in der jüngeren Vergangenheit auch entspannt zu haben scheint – der Wunsch, den allseits gefeierten Roth unbedingt am Ort zu halten, sei, so ist zu hören, dem Entschluss zum Verzicht auf Birgit Meyer nicht abträglich gewesen.

Andere Insider weisen auf die nicht verstummenden Nachrichten zum angeblich schlechten Betriebsklima und Meyers Führungsstil hin. Auffällig in diesem Sinne ist tatsächlich die starke Personalfluktuation in einigen Bereichen des Betriebs (etwa in der Presseabteilung). Aus dem Freundeskreis der Oper verlautet indes, dass viele Mitarbeiter die Arbeitsatmosphäre als produktiv und kooperativ beschreiben. Für Außenstehende ist es erkennbar schwer, sich ein zutreffendes, nicht von Interessen gefärbtes Bild von den hausinternen Zuständen zu machen.