Der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) präsentiert einen Bildband zur deutschen Hilfe beim Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame – mit kleinen politischen Seitenhieben.
Wiederaufbau Notre-DameDeutsche Hilfe und französische Sensibilitäten
Wenn's an die Details geht, sind auch Jahrhundert-Ereignisse nicht gefeit gegen das Vergessen. Das weiß ein erfahrener Politiker wie Armin Laschet (CDU), das weiß aber auch die Kölner Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner. Deshalb haben beide gemeinsam jetzt ein Buch über die deutsche Hilfe beim Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame veröffentlicht: „Zurück im Herzen Europas“ ist der programmatische Titel des Sammelbands, dem der Greven-Verlag eine gewohnt opulente Aufmachung hat angedeihen lassen.
Mit zahlreichen atmosphärischen Abbildungen und zweisprachig auf Deutsch und Französisch zeichnen die darin gesammelten Beiträge die Restaurierung von vier großen Fenstern des Glasmalers Jacques Le Chevallier (1896 bis 1987) durch die Kölner Dombauhütte nach. Die jeweils 22 Quadratmeter großen Werke aus einem Zyklus von insgesamt zwölf Fenstern waren beim verheerenden Brand am 15./16 April 2019 „mit giftigem Bleistaub kontaminiert“ worden, wie Glasrestauratorin Karin Wittstadt in ihrem lesenswerten Aufsatz schreibt.
Armin Laschet: Ein besonderes Signal Frankreichs
Diplomatisch verklausuliert berichten Laschet und Schock-Werner bei der Vorstellung ihres Buchs von den „Sensibilitäten“ auf französischer Seite: Dass nationale Kulturgüter überhaupt aus der Hand gegeben und ausländischen Experten überlassen wurden, sei im Rahmen des Wiederaufbaus die absolute Ausnahme gewesen. Von einem „besonderen Signal Frankreichs“ an die deutschen Nachbarn spricht Laschet, der seinerzeit als NRW-Ministerpräsident auch „Kulturbevollmächtigter für die deutsch-französischen Beziehungen“ war.
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Unmittelbar nach dem Brand habe er damit begonnen, in Deutschland Spenden für Notre-Dame einzuwerben, und zwar im ersten Impuls „aus Furor“: Als alle Welt am Abend des 15. April mit Entsetzen die Bilder der brennenden Kathedrale sah, die weit mehr sei als eine Kirche und ein Weltkulturerbe, nämlich „das“ zentrale Symbol der französischen Nation, da habe die ARD es fertiggebracht, ungerührt „Tierfilme auszustrahlen“. Was, fragte sich Laschet, wäre wohl gewesen, wenn in Köln der Dom in Flammen gestanden hätte?
Eine Dreiviertelmillion Euro an Spenden für Notre-Dame
Er jedenfalls habe mit der anschließenden Hilfsaktion dokumentieren wollen, dass das Inferno von Paris auch den Deutschen nahegegangen sei. Zahlreiche Geldgeber, große und kleine, brachten eine Dreiviertelmillion Euro zusammen. Ein Drittel dieser Summe steuerte der Zentral-Dombau-Verein (ZDV) bei, der zugunsten von Notre-Dame eigens einen Unterverein einrichete. Übrig von dem Geld seien jetzt noch 200 Euro, berichtet ZDV-Präsident Michael Kreuzberg. „Die werden zur Abwicklung gebraucht.“
Zur Koordinatorin von etwa 250 Hilfsangeboten, die in Berlin bei der Bundesregierung eingingen, bestellte die damalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) Barbara Schock-Werner. Viele Offerten seien „gut gemeint“, manche „merkwürdig“ gewesen, berichtet sie. Nach ersten Konferenzen und Ortsterminen in Paris sei ihr schnell klar geworden, dass es mit deutschen Handwerkern auf der Baustelle „nicht so einfach“ geworden wäre – und im Grunde auch nicht sinnvoll. Aus dieser Erkenntnis gebar Schock-Werner die Idee, dass die Deutschen sich der in Mitleidenschaft gezogenen Fenster annehmen könnten. „Glasrestaurierung findet nie an Ort und Stelle statt.“ Und sei obendrein eine deutsche Kernkompetenz, gerade auch in Köln.
Nach nur einem Jahr waren hier die Arbeiten im April 2023 erfolgreich abgeschlossen – auch terminlich eine Punktlandung. Nicht auszudenken, wenn ausgerechnet die Dombauhütte am ambitionierten Zeitplan des französischen Präsidenten gerüttelt hätte. Emmanuel Macron, im Buch mit einem „Dankesbrief“ vertreten, hatte gleich nach dem Brand die Parole ausgegeben: In fünf Jahren ist Notre-Dame aus der Asche wiedererstanden.
Laschet kann sich da einen Seitenhieb auf deutsche Endlos-Baustellen nicht verkneifen, räumt aber ein, dass Notre-Dame von Rang und Würde eben doch etwas anderes sei als die Leverkusener Brücke. Als er dann noch gefragt wird, inwiefern er das deutsch-französische Verhältnis gegenwärtig „in keinem guten Zustand“ sehe, verschwimmt für einen Moment die Grenze zwischen Kultur- und Außenpolitik.
Macron würde für die bilateralen Beziehungen mehr wollen, als Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu bieten habe, befindet Laschet. Mit der kühlen Mentalität des Hanseaten sei das nicht hinreichend erklärt. „Man muss kein Rheinländer sein, um zu verstehen, dass das deutsch-französische Verhältnis wichtig ist.“ Muss man nicht. Aber, so gibt der Aachener zu verstehen, es hilft doch ungemein.
Armin Laschet und Barbara Schock-Werner (Hrsg.): Zurück im Herzen Europas. Notre-Dame de Paris und die deutsch-französische Freundschaft, Greven Verlag Köln, 112 Seiten, zweisprachig, mit zahlreichen Fotos, 22 Euro.
frank&frei mit Armin Laschet und Barbara Schock-Werner: Die Herausgeber stellen ihr Buch am Sonntag, 21. April, um 17 Uhr in der Talkreihe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der Karl-Rahner-Akademie vor. Anmeldungen hier.