Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker optiert für einen Tunnel auf der Ost-West-Achse. Leser und Leserinnen nehmen Stellung.
Leserbriefe„Frau Reker, es geht darum, was wir bezahlen können!“
Reker verteidigt Pläne für U-Bahn-Tunnel (25.6.)
Tunnel: Zukunft nicht durch „kleinkariertes“ Denken behindern
Das Dauerthema U-Bahn-Tunnel ist ein erneuter Beweis dafür, dass diese Stadt von unprofessionellen Provinzpolitikern regiert wird. Frau Reker hat doch völlig recht, dass es um eine zukunftsweisende Lösung geht, die nicht durch kleinkariertes Denken behindert werden sollte. Ich muss in diesem Zusammenhang immer an München denken, wo seit Anfang der 70er Jahre wegen der Olympiade systematisch ein U-Bahn-Tunnelsystem ausgebaut wurde. Das hätte doch auch in Köln wenigstens mit konsequenterer Untertunnelung der Straßenbahn-Linien erfolgen können. Aber die Millionen-Metropole bleibt eben doch ein Provinznest.Klaus Harke Köln
Tunneloption: Furcht vor defekten Rolltreppen und Angsträumen
Über die Zukunftsfähigkeit einer Metropole habe ich eine ganz andere Meinung als die Oberbürgermeisterin. Die Straßenbahnen gehören nicht in den Untergrund, vor allem nicht auf der Ost-West-Achse. Die Bevölkerung wird älter, der Autoverkehr muss abnehmen. Ich selbst habe vor kurzem an einem Sonntag erlebt, dass sowohl am Neumarkt als auch am Rudolfplatz sämtliche Rolltreppen ausgefallen sind. Ich konnte also nur mit Problemen in den Untergrund gelangen. Mir ging es so, und wie geht es Menschen mit Rollstuhl oder mit Kinderwagen?
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Zusätzliche Rolltreppen, die, wie in Köln üblich, nach kurzer Zeit nicht mehr funktionieren, zusätzliche Angsträume im Untergrund, in denen sich die Drogenszene niederlassen kann – was soll daran großstädtisch sein? Ein offener städtischer Raum, in dem Fußgänger, Fahrräder und Stadtbahnen auf einer Ebene nebeneinander fahren und gehen, problemloses Einsteigen, Transparenz. Was ist daran provinziell? Rolf Uher Köln
Unten oder oben – Entscheidung über Metropole oder Provinz
Ich kann Frau Reker nur hundertprozentig zustimmen: Köln muss sich entscheiden, europäische Metropole oder deutsche Provinz. Klaus Gutzeit Rösrath
Tunnelvariante: Baustellen, Bauzeit und Kosten schrecken ab
Köln wird nicht zur europäischen Metropole, liebe Frau Reker, indem man die halbe Stadt in eine Baustelle verwandelt, die ewig dauert! Wie kann man als Kölner auf die Schnapsidee kommen, einen Tunnel vom Heumarkt zum Aachener Weiher bauen zu wollen? Mitten durch römisches Kerngebiet, das unmittelbar nach den ersten Spatenstichen zutage treten wird? Damit allein ist schon eine Bauzeit von nicht absehbarer Länge verbunden, nicht zu sprechen von den Kosten.
Haben wir nicht bereits genug Baustellen in der Mitte unserer Stadt? Oper, MiQua, Dom-Carré, Laurenz-Carré und Domumgebung? Ein Neubau rund um die Neumarkt-Passage mit Kreissparkasse steht auch noch an. Da macht es keinen Spaß mehr, in die Stadt zu gehen, und Touristen kommen schon gar nicht mehr zurecht. Liebe Stadtverwaltung, Politik und Privatwirtschaft, macht doch bitte erstmal etwas fertig, bevor Ihr Euch ins nächste ungewisse Abenteuer stürzt! Claudia Schackert Köln
Ost-West-Achse: „Es geht darum, was wir bezahlen können“
Kölns Träume werden immer größer! Frau Reker, es geht nicht darum, wer und was wir in Köln sein wollen, sondern darum, was wir bezahlen können! Wie viel Zeit soll durch einen Tunnel eingespart werden? Vier Minuten Fahrzeit wie beim Stadtarchiv? Jetzt ist das dortige Loch einfach zugeschüttet worden – nach vielen Jahren. Oder habe ich da etwas nicht mitgekriegt?
Bei Tunnel denke ich sofort an die U-Bahn-Station Neumarkt und wie es da jetzt aussieht. Und das soll sich noch ausdehnen bis zum Rudolfplatz – dann sind ja viele nicht gewünschte Nutzer des Neumarkts, die mit Becher oder Tütchen in der Hand oder ohne auf einen zu torkeln, bei schlechtem Wetter gut und trocken untergebracht. Für den Tunnel müssten mindestens acht neue Aufzüge angebracht werden, immer betriebsbereit, plus Treppen.
Sind Kostenerhöhungen schon einkalkuliert? Das MiQua wird gerade 63 Millionen Euro teurer, vom Opernhaus ganz zu schweigen! Mit Bauzeitverzögerungen ist auf der geplanten U-Bahn-Strecke auch zu rechnen. Oder ist man vielleicht der Meinung, dort werde man nicht auf schützenswerte Ausgrabungen treffen, die alles verzögern, so nahe an einem der Stadttore? Helga Eickmann Köln
Tunnel garantiert Unabhängigkeit des ÖPNV vom Straßenverkehr
Bei der aktuellen Diskussion über die möglichen Varianten der Stadtbahntrasse zwischen Heumarkt und Innerer Kanalstraße/Universitätsstraße – oberirdisch oder unterirdisch – wird von den Gegnern der Tunnelvariante vielfach betont, dass bei ihr die Fahrzeitersparnis nur vier Minuten betrage und dies den dafür erforderlichen Aufwand in keiner Weise rechtfertige. Ein wichtiger Aspekt, der dabei immer unberücksichtigt bleibt, ist aber, dass bei unterirdischer Führung der Stadtbahn eine räumliche Trennung des ÖPNV vom Straßenverkehr besteht – ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität des ÖPNV.
Diese hängt nun einmal in hohem Maße davon ab, dass er unabhängig vom Straßenverkehr abläuft und durch diesen nicht gestört, behindert oder sogar zeitweise unterbrochen werden kann. Auf dem Abschnitt zwischen Heumarkt und Neumarkt muss es wohl oder übel mehrere Kreuzungen und Wendemöglichkeiten für den Straßenverkehr geben. Diese stellen aber unweigerlich potenzielle Unfallstellen dar. Tatsächlich kommt es hier häufig zu Kollisionen von Stadtbahnen der Linien 1, 7 oder 9 mit Pkw, meist durch das Fehlverhalten der letzteren beim Linksabbiegen über die Gleise hinweg. Die Folge davon ist dann jeweils eine – durch Fremdverschulden hervorgerufene – Betriebsstörung dieser drei Linien von erheblichem Ausmaß und längerer Dauer, meist sogar in beiden Fahrtrichtungen.
Bei unterirdischer Führung der Stadtbahn sind solche Störungen dagegen ausgeschlossen. Unfälle im Straßenverkehr haben dann keine Auswirkungen auf den Stadtbahnbetrieb. Wenn auf diesem kritischen Abschnitt der Betriebsablauf von drei Stadtbahnlinien nicht mehr durch den Straßenverkehr gestört oder für längere Zeit ganz zum Erliegen gebracht werden kann, ist dies wesentlich wichtiger als die viel zitierten vier Minuten Fahrzeitersparnis. Herbert Sladek Köln
Tunnellösung: Problem defekter und verschmutzter Fahrstühle
Bei der Diskussion um den U-Bahn-Bau kann ich mir die zynische Bemerkung nicht verkneifen, dass in der Argumentation ein wichtiger Aspekt unter den Tisch fällt: Solange Fahrstühle und Rolltreppen zur U-Bahn in Köln permanent defekt sind oder zum Himmel stinken, gar einer Kloake ähneln, kann Frau Reker doch nicht ernsthaft Tunnel-Befürworterin sein. Zumindest sollten die unterirdischen U-Bahn-Stationen obligatorisch saubere WCs und Urinale bereitstellen. Davon gibt es in Köln viel zu wenig. Werner Deuß Köln
U-Bahn-Option: Skepsis gegenüber Kölner Großprojekten
Eine denkwürdige Diskussion, die Ost-West-Achse: Tunnel oder oberirdische Variante? Unabhängig von der Entscheidung: Wenn Stadt und KVB noch nicht einmal in der Lage sind, die Verlängerung der Linie 13 nur zu planen, wie soll dann ein Jahrhundertprojekt wie die Ost-West-Achse realisiert werden? Und bei Großprojekten scheitert die Verwaltung unter Führung von OB Reker regelmäßig, erwähnt seien nur die Oper, das MiQua und der Ebertplatz. Um Brecht zu zitieren: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen, Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Michael Arntz Köln
Tunnellösung: Risiken für Gehbehinderte
Sicherlich haben die Befürworter der Tunnelvariante nicht an die Menschen mit Seh- und Gehbehinderung, Rollator und an Rollstuhlfahrer gedacht. Ein Beispiel: An der Haltestelle Kalk-Post ist sehr oft der Aufzug zu den Arkaden defekt, die Rolltreppe zur Bushaltestelle läuft nur abwärts. Wenn KVB-Chefin Stefanie Haaks die Fahrzeitverkürzung mit drei bis vier Minuten angibt, so braucht man doch wesentlich länger, um aus der U-Bahn wieder nach oben zu kommen – vorausgesetzt Rolltreppe und Aufzug funktionieren. Von Orientierung und Umsteigen ganz abgesehen. Und vor zwölf bis 15 Jahre Baustellen mit verlegten Haltestellen graut mir schon! Friedrich-A. Rischer Köln
Tunnelvariante: Folgekosten bedenken
Ich bin für eine Tunnellösung, würde jedoch jederzeit dagegen stimmen. Denn Köln kann einfach keine Großprojekte. Alles läuft aus dem Ruder und keiner will es gewesen sein. Abgesehen davon sind die Folgekosten immens. Schon jetzt sind oft Rolltreppen oder Aufzüge außer Betrieb. Wie soll jemand mit Rollator oder Kinderwagen oder jemand, der schlecht zu Fuß ist, dann nach oben kommen? Stephanie Büttgenbach Köln
U-Bahn-Bau verspricht immensen städtebaulichen Gewinn
Wann wird endlich einmal mit der Vorstellung aufgeräumt, dass eine Innenstadt-U-Bahn nicht nur wegen dieser Vier-Minuten-Ersparnis von Experten und auch von der Oberbürgermeisterin empfohlen wird? Durch diese U-Bahn werden für die Innenstadt viel dringend benötigter Aufenthaltsraum, Grünflächen, also entsiegelte Stadt-Oberfläche, und zusätzliche Schatten gebende Baumreihen, auch durchgängige, kreuzungsfreie Fahrrad-Bahnen und wirklich sichere Querungen des Straßenraums erreicht.
All das sind Gewinne, die dem Klima und jedem Einzelnen einen entspannten Aufenthalt in der Innenstadt bieten, die dadurch auch ihre Attraktivität deutlich steigern wird. Es werden verkehrsfreie Plätze erreicht, die durch Schatten spendende Alleen verbunden sind; die Innenstadt erhält ein 1,5 Kilometer langes grünes „Rückgrat“ für Fußgänger und Radfahrer!
Mein Rat an die U-Bahn-Skeptiker: Erweitern Sie Ihren Blick und konzentrieren sich in der Einschätzung nicht nur auf diesen bahntechnischen Einzel-Aspekt. Der Effekt einer Ost-West-U-Bahn ist nämlich vor allem ein eminent städtebaulicher, der allen zugutekommt, für alle Zukunft! Das ist viel wert! Prof. Ulrich Coersmeier Köln
Tunnellösung: Unterhaltskosten für U-Bahn-Stationen berücksichtigen
Die „Anmarschzeit“ für die Kunden wird für unterirdische Haltestellen deutlich länger. Denn der Abstieg in die Tiefe dauert. Erst recht für ältere und gehandicapte Menschen. Der Vorteil durch eine schnellere Fahrtzeit im Tunnel kann das nicht ausgleichen. Dazu kommen die unerwähnten erheblichen Kosten für den Unterhalt der U-Bahn-Stationen. Dagegen müsste das Problem der niveaugleichen Kreuzungen überschaubar sein. Ludwig Laudenberg Köln