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Leserbriefe zu Tagebau-SeenWasser ist nicht zum Nulltarif zu haben

Lesezeit 5 Minuten
Die Visualisierung des geplanten Hambacher Sees zeigt einen Badesee mit hölzerner Seepromenade. Im bewaldeten Hintergrund erinnert ein Schaufelradbagger an die Zeit des Braunkohletagebaus.

Visualisierung des geplanten Hambacher Sees mit Schaufelradbagger-Relikt

Für die Ankündigung von RWE, keine Gebühren für Wasserentnahmen aus dem Rhein zu zahlen, zeigen Leserinnen und Leser wenig Verständnis.

Ein frecher Vorstoß – RWE will das Rheinwasser für die Tagebau-Seen nicht bezahlen – Kommentar von Detlef Schmalenberg (4.9.)

Tagebau-Seen: Zu groß und ökologisch zweifelhaft?

Land und Kommunen sind RWE schon sehr weit entgegengekommen. Nämlich dadurch, dass sie die riesigen Löcher überhaupt zugelassen haben. Denn der Abraum der Tagebaue wurde zu einem großen Teil nicht zur Verfüllung der Restlöcher genutzt, sondern als gigantische Außenkippe einfach liegen gelassen. Die Sophienhöhe ist keine natürliche Erhebung, sondern ein großer Teil der Erde, die vorher Kohleflöze im Tagebau Hambach überdeckt hat. Als Erholungsgebiet ist sie ganz nett, ökologisch eher zweifelhaft.

Würde man jedoch diesen künstlichen Berg wieder zurück in das Tagebauloch kippen, wo die Erde eigentlich hingehört, wäre der Restsee deutlich kleiner. Dafür hätte man viele Hektar Ackerland gewonnen. Allerdings würde das RWE wohl erheblich mehr kosten als die Gebühr für das entnommene Rheinwasser.

Alles zum Thema RWE

Mich interessieren ferner die Auswirkungen dieser großen Seen auf das regionale Klima. Wird es zwischen Köln, Aachen und Mönchengladbach in Zukunft mehr Nebel geben, mehr Gewitter, werden die Fröste noch milder? Was kommt da auf künftige Generationen zu? Gernot Ratajek-Greier Wiehl

Tagebau-Seen: „Rekultivierungsplan von Anfang an gefährlicher Quatsch“

RWE ist in der Tat „frech“, wie Detlef Schmalenberg im Kommentar schreibt, ich würde sagen „unverschämt“! Aber eigentlich ist es egal, ob RWE für das Rheinwasser zahlt oder nicht. Denn „welches Wasser?“ möchte man fragen. Die Gletscher, die mit ihrer Frühjahrsschmelze seit Menschengedenken für frisches Rheinwasser gesorgt haben, werden – nach übereinstimmenden wissenschaftlichen Berichten – in den 2050er Jahren komplett abgeschmolzen sein.

Und die Regenfälle, die es spätestens dann in ausreichenden Mengen ebenfalls nicht mehr geben wird, werden den Rhein nicht mehr auffüllen können. Ein ganz oder fast ganz ausgetrocknetes Flussbett kann schon sehr bald auch nicht annähernd das Wasser liefern, um die Riesentagebauseen aufzufüllen. Dieser ganze tolle Rekultivierungsplan von RWE war von Anfang an gefährlicher Quatsch, um die Menschen in der Region zu beruhigen. Die Politik sollte ihn ganz schnell zu den Akten legen und schon jetzt kein überflüssiges „Entnahmebauwerk“ mehr erlauben. Evelyn Meessen Köln

RWE-Rekultivierung: „Fairer Beitrag zum Wohle der Allgemeinheit“

Mit der Überschrift „RWE will nichts für Rheinwasser zahlen“ wird dem Leser suggeriert, dass RWE einer vermeintlichen Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen möchte. Im Artikel erfahre ich, dass das Wasser für die Renaturierung der Tagebaue Hambach und Garzweiler eingesetzt werden soll. Somit verändert diese Entnahme die Frischwasserbilanz der Natur nicht: Das Wasser wird dem Rhein entnommen und der Natur unverändert und vollständig wieder zugeführt. Es wird also kein Brauchwasser entnommen.

Darüber hinaus wendet RWE eigene Mittel nicht nur für die Renaturierung der Landschaft um die ehemaligen Tagebaue auf, sondern darüber hinaus auch für die Schaffung eines neuen Erholungsgebiets mit einem großzügigen See zum Baden, Schwimmen und Segeln für die Allgemeinheit. Dieser Umfang der Renaturierung durch RWE geht weit über die Pflichtleistung hinaus und ist ein fairer Beitrag zum Wohle der Allgemeinheit.

Sowohl der Tenor der Überschrift als auch die zitierten Standpunkte des BUND und von Minister Krischer (Grüne) stellen völlig zu Unrecht den RWE-Konzern an den Pranger des Zahlungsunwilligen für diese ökologisch neutrale Rheinwasserentnahme. Dr. Peter R. Schick Leverkusen

Tagebau-Seen: „Keine Wasserentnahme zum Nulltarif!“

Jahrzehnte hat die RWE mit der Ausbeutung des Bodens und wissentlich in Kauf genommener Naturzerstörung viel Geld verdient. Trotz aller Proteste wurden ganze Dörfer platt gemacht, viele Protestler harsch vertrieben und in dem Gebiet in NRW für ein unsinniges Chaos gesorgt. Nun geht der Braunkohlenabbau den Weg alles Irdischen, weil die kohlenbetriebenen Heizkraftwerke sich ihrem Ende nähern.

Aus den großen tiefen Löchern ein Naherholungsgebiet mit Wassersportmöglichkeiten werden zu lassen, scheint mir ein hehres Vorhaben und unerlässlicher Ausgleich für die Qualen zu sein, die Boden, Natur und Menschen dort erleiden mussten. Das aber zum Nulltarif, zumindest was das Wasser anbelangt, das die Löcher füllen soll, ist wieder einmal typisches Gehabe eines Konzerns, der der Meinung zu sein scheint, mit seinem Vorhaben schließlich Gutes zu tun, weshalb man ihm von allen Seiten, wie bisher gewohnt, entgegenzukommen hat. Rolf Havermann Bergisch Gladbach

Rekultivierungsprojekt „Seenplatte im Revier“ fragwürdig

Die Forderung von RWE, die Wasserabgabegebühr zu umgehen, ist ein reines Ablenkungsmanöver. Sie soll den Blick auf das fragwürdige Gesamtprojekt „Seenplatte im Revier“ vernebeln. Die Wasserqualität der künftigen Seen wird wegen der mit dem aktiven Bergbau verbundenen Pyritoxidationprozesse erfolgten Freisetzung von Eisen, Sulfat und Protonen, wenn das Grundwasser nach Beendigung des Bergbaus wieder ansteigt, erheblich beeinträchtigt. Im Lausitzer Revier müssen die bereits vorhandenen Tagebauseen regelmäßig gekalkt werden.

Ferner gab es dort, etwa am Senftenberger See, erhebliche Rutschungen, die zu einer zeitweisen Schließung der Freizeitstätten führte. Die künftigen Seen im Rheinland liegen in einem der erdbebengefährdetsten Gebiete Deutschlands. Dies erhöht die Gefahr von Rutschungen. Es wird ferner ebenso wie in der Lausitz, auch klimabedingt, zu erheblichen Verdunstungen kommen – diese betrugen in der Vergangenheit bei den Lausitzer Seen pro Jahr etwa 92,5 Millionen Kubikmeter Wasser.

Auch der Rhein als „Lieferant“ der Tagebaubefüllung ist nicht frei von Schadstoffen, die dann mit in die Tagebauseen fließen werden. Jüngstes Beispiel dafür ist die Klage aus den Niederlanden, Deutschland leite zu große Mengen sogenannter Ewigkeitschemikalien in den Rhein. Der Rhein selbst wird durch den Klimawandel häufige Niedrigwasserstände und eine erhöhte Wassertemperatur haben. Forscher gehen davon aus, dass klimabedingt schon Mitte des 21. Jahrhunderts kein Gletscherwasser mehr in den Rhein fließen wird.

Allein angesichts dessen sind 340 Millionen Kubikmeter Wasser, die dem Rhein jährlich für die Auffüllung der Tagebauseen entnommen werden sollen, nicht vertretbar. Die Wassertemperatur des Rheins wird sich absehbar erhöhen. Sie lag bereits im Sommer 2003 sechs Wochen über 27 Grad, Tendenz steigend. Dies hat Folgen. Adulte Salmoniden wie Lachse stellen dann ihre Wanderbewegungen ein. Eine Wasserentnahme in der geplanten Größenortung würde diese Tendenz verstärken. Es ist nicht neu, dass sich RWE einen geldwerten Vorteil zu Lasten der Allgemeinheit verschaffen will. Willi Robertz Windeck