Mehr als ein Drittel der Ausfuhren gingen an die Ukraine – sowie 90 Prozent an Nato-Staaten und andere Verbündete. Dennoch muss man bei einigen Lieferungen ein Fragezeichen setzen.
RüstungDie Export-Bilanz verdient einen differenzierten Blick
Für Sozialdemokraten und Grüne könnte die Nachricht nicht desaströser sein. Die führenden Parteien der Ampelkoalition, die sich nach wie vor als Friedensparteien verstehen, haben bei den Rüstungsexporten einen Rekord aufgestellt. Egal, was die Gründe für diese verheerende Bilanz sind: Sie kann niemanden guten Willens ruhig schlafen lassen. Allerdings verdient die Bilanz eine differenzierte Betrachtung. Und einzelne Kritiker verdienen einen scharfen Blick.
Die, wenn man so will, „gute“ Nachricht lautet, dass mehr als ein Drittel der Ausfuhren an die Ukraine gingen – sowie 90 Prozent an Nato-Staaten und andere Verbündete. Das war nach dem russischen Angriff auf das Nachbarland unvermeidlich. Damit war es auch richtig. Ja, man kann mit einigem Recht behaupten, dass Deutschland nicht zu viele, sondern eher noch zu wenige Waffen an die Ukraine geliefert hat. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass wir unter den Lieferanten mittlerweile auf Platz zwei liegen, direkt hinter den USA. Die Angegriffenen scheinen den Krieg nämlich zu verlieren. Das wäre im Ernstfall katastrophal für sie und gefährlich für den ganzen Kontinent.
Die Rüstungsexporte an Nato-Verbündete sind weitere Folge einer Entwicklung, in der Krieg erneut zur Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln wird. Das westliche Bündnis muss seine Ostflanke stärken. Das geht nicht ohne Waffen und Munition. Die Lieferungen dürften sogar noch zunehmen. Denn wenn Russland die Ukraine unter seiner Kontrolle bringt, dann grenzt das russische Einflussgebiet noch umfassender an Nato-Territorium heran. Zugleich könnten sich die USA im Zuge einer Wiederwahl Donald Trumps aus Europa zurückziehen. Der alte Kontinent müsste für seine Sicherheit selbst sorgen. Dagegen hilft keine diffuse Friedenssehnsucht.
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Hinter wenngleich geringfügige Rüstungslieferungen auf die arabische Halbinsel muss man hingegen große Fragezeichen setzen. Es mag in Staaten wie Saudi-Arabien und Katar Fortschritte in Richtung Liberalisierung geben. Und wenn man das Agieren der Mächtigen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad mit dem der Mächtigen in der iranischen Kapitale Teheran vergleicht, dann sind jene in Riad vorzuziehen. Gleichwohl können sie nicht unsere Verbündeten sein, so wie eigentlich auch die Türkei nicht unser Verbündeter sein kann. Es kann auch nicht die Devise gelten: Die Feinde unserer Feinde sind unsere Freunde. Wir können lediglich jene unsere Freunde nennen, die nach innen demokratisch organisiert sind und nach außen friedfertig handeln. Annalena Baerbocks Plädoyer für eine wertegeleitete Außenpolitik wird jedenfalls nicht dadurch falsch, dass die Welt gerade anders aussieht und wir zunehmend in einen Strudel der Gewalt geraten. Da gilt es, „Stopp“ zu sagen.
Frieden muss überdies zwischen Israel und den Palästinensern das Ziel sein. So nachvollziehbar die geplante Entmachtung der radikalislamischen Terrororganisation Hamas ist, so bleibt doch wahr, dass die palästinensische Bevölkerung legitime Interessen hat. Von der israelischen Regierung muss man erwarten können, dass sie eine politische Perspektive aufzeigt, die über den Krieg hinausweist.
All dessen ungeachtet sollte man Gegnern von Rüstungsexporten bisweilen mit Vorsicht begegnen. Wenn Sevim Dagdelen, eine Vertraute Sahra Wagenknechts, „den sinnlosen Abnutzungskrieg in der Ukraine mit immer neuen Waffengeschenken“ beklagt, dann sei daran erinnert, dass dieselbe Frau seit Jahren Russland und China propagandistisch den Rücken stärkt. Manche, die von Frieden sprechen, wollen den demokratischen Westen sprengen. Sie träumen von einer autoritären Welt.