Der Coach des Höhenberger Drittligisten spricht im Interview über Viktorias Saisonziel und die Kaderplanung nach dem Umbruch.
Viktoria Kölns Trainer Olaf Janßen„So stark wie in der nächsten Saison war die Dritte Liga noch nie“
Herr Janßen, hinter Ihnen und Ihrer Mannschaft liegen zwei Tage Leistungsdiagnostik. Welchen Eindruck macht das Team zum Start der Sommervorbereitung?
Natürlich einen guten. Die Jungs hatten in ihrem Urlaub einen Übergangsplan, der uns schon viele Daten geliefert hat. Mit den Infos von der Leistungsdiagnostik können wir dann die Pläne für jeden Spieler individualisieren und auf seine Stärken und Schwächen abstimmen.
Die Viktoria steckt mitten in einem großen Umbruch: Ihr Trainerteam ist neu, das Torhüterteam ebenfalls. Und vom Angriff der vergangenen Saison ist kaum etwas übrig.
Wir haben große Veränderungen im Kader. Aber das ist auch Teil der DNA dieses Vereins. Wir haben in den letzten vier Jahren 19 Spielern aus unserem NLZ (Nachwuchsleistungszentrum, d. Red) einen Profivertrag gegeben. Da ist so eine Fluktuation zu einem gewissen Grad normal. Zwölf von den Jungs haben wir immer noch im Kader. Da sind wir sehr stolz drauf. Dazu kommen junge und gleichzeitig etablierte Spieler wie Sidny Lopes Cabral, die schon Ausrufezeichen gesetzt haben. Bryan Henning und Donny Bogicevic, zwei absolute Leistungsträger, haben uns jeweils ein Dreivierteljahr gefehlt und starten gefühlt als Neuzugänge. Drei, vier externe Transfers werden aber sicherlich noch kommen.
Wie bewerten Sie die Entwicklung von Marian Wilhelm, der vom U-19-Coach zu ihrem neuen Co-Trainer befördert wurde?
Der Schritt aus der A-Junioren-Bundesliga in die Dritte Liga ist ein großer. Dass dieser Schritt vielen Jungs gelungen ist, ist mit Sicherheit ein großer Verdienst von Marian. Er hat hervorragende Arbeit in unserem Nachwuchsbereich geleistet. Ich freue mich sehr auf die noch engere Zusammenarbeit. Ich bin mir sicher, dass Marian auch mich als älteren Trainer noch einmal inspirieren kann (lacht).
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Ist sein Aufstieg ein Zeichen dafür, dass die Viktoria künftig noch mehr auf den eigenen Nachwuchs setzt? Auch, weil der Etat eher schrumpft als wächst.
Wir setzen schon stark auf unseren eigenen Nachwuchs. Dieser Weg hat sich bisher als erfolgreich erwiesen, also tun wir alles dafür, dass es auf diesem Niveau bleibt. Die Nachwuchsarbeit ist Teil unserer DNA. Dass Marian jetzt Co-Trainer der Profis ist, ist aber auch ein Zeichen an die anderen Trainer in unserer Jugendabteilung, die Teil unserer Strategie sind. Wir möchten nicht nur die Spieler fördern, sondern auch die Trainer.
Ist Ihnen im Zuge des Umbruchs der Gedanke an einen vorzeitigen Abschied aus Höhenberg gekommen?
Natürlich habe ich ein Stück weit überlegt – aber nicht alleine, sondern im Austausch mit Franz Wunderlich und Stephan Küsters. Der Verein hat eine Perspektive aufgezeigt und erklärt, wohin der Weg gehen soll. Das waren offene Gespräche, wie sie es in den letzten Jahren hier immer waren. Unser Arbeitsverhältnis beruht auf Vertrauen. Und mir wird, wenn es irgendwie geht, fast jeder Wunsch von den Lippen abgelesen. Nach diesen Gesprächen habe ich mich dazu entschieden, diesen Weg mitzugehen. Denn es fühlt sich nicht so an, als würde dieser Weg bald enden. Wenn ich die Viktoria einmal verlasse, dann nicht in Zeiten des Sturzflugs. Sondern in einem Moment, der sich gut anfühlt, und wenn alle stolz auf das Geleistete sind.
Zur Person: Olaf Janßen (57), geboren in Krefeld, ist seit Februar 2021 Cheftrainer des FC Viktoria. Es ist seine zweite Amtszeit in Höhenberg, zuvor hatte er die Kölner von Anfang bis Mitte 2018 betreut. Als Profi absolvierte Janßen zwischen 1985 und 1996 209 Spiele für den 1. FC Köln.
Denken Sie schon an einen Abschied aus Höhenberg?
Das Trainergeschäft ist ein Tagesgeschäft, ich bin im Hier und Jetzt. Wir stehen vor einer Riesen-Herausforderung in dieser Saison, an deren Ende wir ein weiteres Jahr in der Dritten Liga spielen möchten. Mein Vertrag läuft noch bis 2025. Wie es dann weitergeht, schauen wir im nächsten Sommer.
Wie zufrieden sind Sie mit der Personalplanung? Gerade in der Offensive fehlt noch Personal.
Wir sind auf einem guten Weg und werden zeitnah noch wichtige Personalien verkünden können. Mit Sicherheit ist die Offensive noch nicht fertig, das wissen wir, aber da sind wir dran.
Ein Knipser würde nicht schaden.
Ja, das ist richtig. Aber es ist nicht so einfach, einen zu finden und ihn für unser Projekt zu begeistern – wenn es vielleicht sogar ein Zweitliga-Spieler ist. Aber wir werfen alles in die Waagschale. Und haben natürlich noch einen Plan B und einen Plan C.
Angenommen, der Kader fügt sich so zusammen, wie Sie es sich vorstellen: Wie würden Sie ihn qualitativ im Vergleich zur letztjährigen Mannschaft einschätzen?
Das Ziel ist es natürlich, möglichst wenig Qualitätsverlust zu haben. Vielleicht gelingt uns auf die eine oder andere Art und Weise sogar eine Qualitätssteigerung. Das hängt natürlich von unseren Verpflichtungen ab und wie sie sich dann tatsächlich auf dem Platz einfügen. Wenn alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, dann haben wir eine spannende Mannschaft, der ich zutraue, dass sie wirklich wenig mit dem Tabellenkeller zu tun hat. Wichtig wäre, dass der Fußballgott nicht noch einmal so eine Herausforderung für uns hat – in der letzten Saison sind ja teilweise gleichzeitig zehn Stammspieler über Wochen oder Monate ausgefallen.
Oberstes Saisonziel ist der Klassenerhalt?
Ja, da muss man realistisch sein. Gerade wenn man so einen Umbruch hinter sich hat und vom Torwart bis zum Mittelstürmer alles neu ist. Das ist schon gewaltig. Dazu ist in der Dritten Liga alles zu nah beieinander. Du kannst jedes Spiel gewinnen und jedes Spiel verlieren. Für den Klassenerhalt müssen wir in vielen Dingen top sein: Wir müssen in jedem Training an die Grenzen gehen, wir müssen mutig sein, es braucht viel Eigenverantwortung und gleichzeitig ein starkes Miteinander. Aber das sind alles Dinge, die wir beeinflussen können.
Wie schätzen Sie die Dritte Liga 2024/25 ein?
Die Besetzung ist maximal schwierig. Wiesbaden, Osnabrück und Rostock kommen runter. Aachen und Cottbus rauf. Dazu hast du noch riesige Traditionsvereine wie Dresden, die immer noch da sind. Vielleicht sagen wir es jedes Jahr – aber mit all diesen Teams kann man doch nur zu einem Schluss kommen: So stark war die Dritte Liga noch nie besetzt.