Der Bruch der Ampel sorgte nicht nur für Streitereien im Bundestag. Auch bei „Markus Lanz“ lieferten sich SPD-Chefin Saskia Esken und Vizekanzler Robert Habeck hitzige Debatten.
„Anmaßend“ und „frech“Journalist kritisiert SPD-Chefin Esken bei Diskussion um Vertrauensfrage scharf
Am Mittwochabend platzte die Ampelregierung, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz den Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner verkündet hatte. Scholz plant nun, am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen, bevor es im März zu Neuwahlen kommen soll. Wie es bis dahin weitergeht und was das Aus der Ampel bedeutet, darüber debattierte Markus Lanz am Donnerstagabend mit Gästen wie SPD-Chefin Saskia Esken und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Esken machte zunächst deutlich, dass die Entscheidung von Olaf Scholz unvermeidbar gewesen sei: „Der Bundeskanzler hat in den letzten Tagen mit den Koalitionspartnern versucht, nochmal in einem letzten Kraftakt es zu bewältigen, dass die Lücken im Haushalt geschlossen werden können.“ Dies sei vor allem aufgrund von Bundesfinanzminister Lindner unmöglich gewesen, da er „nicht bereit“ dazu gewesen sei, auf Vorschläge von SPD und Grünen einzugehen.
Auch Vizekanzler Robert Habeck gab zu: „Es ging nicht mehr anders weiter. Es war zu rechthaberisch vonseiten der FDP.“ Während Esken den Rauswurf von Lindner als „richtig“ bezeichnete, zeigte sich Habeck jedoch skeptisch: „Wir wissen nicht, wie das Jahr 2025 wird und es ist geradezu paradox, jetzt eine Regierung scheitern zu lassen, weil man so tut, als ob das Mathematik für's nächste Jahr ist.“ Laut des Grünen-Politikers sei es zudem „ein vermeidbarer Bruch“ gewesen, da es „mit ein bisschen Mut zu Risiko“ möglich gewesen wäre, „zu einem Haushalt zu kommen“, der verfassungskonform gewesen wäre. Habeck fügte hinzu, dass der Zeitpunkt des Regierungsendes mit Blick auf den Wahlsieg von Donald Trump „zynisch“ und „fast tragisch“ sei: „Es ist der schlechteste Moment, die Regierung platzen zu lassen, aber es ist passiert.“
Michael Bröcker stichelt bei „Markus Lanz“ gegen Saskia Esken: „Ich finde das wirklich anmaßend“
Der Vizekanzler warnte in dem Zusammenhang weiter, dass ganz Europa mit dem Sieg von Donald Trump vor ungewissen Zeiten steht. Es könne sein, dass die amerikanische Regierung „sehr schnell“ Zölle auf alle deutschen Importe erhebt, was „eine wirkliche Gefahr vor allem für die deutsche Automobilwirtschaft“ sei. Laut Habeck agiere Trump zudem schon jetzt „wie im Amt“: „Da wird ja schon Politik gemacht. Das ist anders als vor acht Jahren.“
Grund genug für Journalistin Antje Höning, zu fragen, warum die Vertrauensfrage dann nicht sofort gestellt werde. Robert Habeck reagierte schwammig: „Die Verfassungsnorm sagt, diese Entscheidung trifft der Bundeskanzler alleine.“ Er ergänzte vielsagend, dass er Olaf Scholz durchaus „auf die Dynamik, die wir in der Welt erleben, hingewiesen“ habe. Dennoch respektiere er „die Entscheidung des Bundeskanzlers“. Als Lanz ihn immer wieder fragte, ob er die Vertrauensfrage früher stellen würde, gab Habeck zu, dass er „schon Bauchschmerzen“ habe, „wie lange der ganze Prozess dauert“: „Wenn der Wahlkampf vorbei ist und wir Ende März wählen, beginnen ja Koalitionsverhandlungen, von denen absehbar erwartet werden kann, dass sie schwierig werden.“
Während Journalist Michael Bröcker klarstellte, dass dies alles „Argumente für schnelle Wahlen“ seien, warnte SPD-Chefin Saskia Esken: „Der Bundeskanzler muss entscheiden, wann der richtige Moment gekommen ist!“ Sie forderte in dem Zusammenhang die Opposition dazu auf, „an der Stelle nicht zu blockieren“ und wichtige Entscheidungen mit der Regierung gemeinsam zu treffen, um das Land voranzubringen.
Eine Aussage, die Michael Bröcker fassungslos machte: „Jetzt haben Sie keine Mehrheit mehr und appellieren an die staatspolitische Verantwortung der Opposition, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Ich finde das wirklich anmaßend. Ihr habt drei Jahre Zeit gehabt, jedes Gesetz dieser Welt zu beschließen mit der Mehrheit. Jetzt habt ihr sie nicht mehr und jetzt soll Friedrich Merz helfen!“ Laut Bröcker könne man nicht erwarten, dass die Opposition jetzt bei Gesetzen helfe: „Das ist wirklich frech.“ Saskia Esken ließ sich davon nicht beirren und konterte: „Ich glaube, dass ich mich mit Begriffen wie 'anmaßend' und 'frech' nicht auseinandersetzen muss. Das ist nicht der Stil, in dem ich gerne Diskussionen führe.“
Robert Habeck deutet bei „Markus Lanz“ auf Kanzlerkandidatur hin
Statt gegen Christian Lindner oder Olaf Scholz zu wettern, versuchte Robert Habeck, in die Zukunft zu blicken. Dabei forderte er, künftig in der Politik Eigenschaften wie „Konstruktivität und Hilfsbereitschaft“ zu belohnen. „Vielleicht ist das Ende der Ampel ja der Beginn von etwas Neuem“, so der Vizekanzler, der weiter erklärte, dass man jetzt darüber nachdenken müsse, „welches Land und welche politische Kultur wir eigentlich haben wollen“.
Eine Steilvorlage für Markus Lanz, der wenig später auf die Social-Media-Rückkehr von Habeck aufmerksam machte und sich dabei auf ein Video fokussierte, in dem der Vizekanzler das Lied „Zeit, dass sich was dreht“ summte, während er ein Armband mit der Aufschrift „Kanzler Era“ trug. Als der ZDF-Moderator wissen wollte, ob Robert Habeck sich als Kanzlerkandidat für die Grünen aufstellen lasse, antwortete der Politiker vielsagend: „Warten wir doch, bis die 8 im Kalender da ist.“ Lanz ließ jedoch nicht locker und stellte klar: „Es ist 0.38 Uhr, es ist der 8. November - und jetzt dürfen Sie.“ Habeck reagierte lachend: „Jegliches hat seine Zeit, lieber Herr Lanz.“ Eine Aussage, auf die der Moderator zufrieden konterte: „Wunderbar! Wir freuen uns auf das, was in den nächsten Stunden passiert.“