Berlin – In mehreren Bundesländern haben Hunderte Landwirte zwischen Montagabend und Dienstagmorgen an verschiedenen Orten Zentrallager des Discounters Aldi blockiert. In Niedersachsen gab es unter anderem in Weyhe (Landkreis Diepholz), Seevetal (Landkreis Harburg), Beverstedt (Landkreis Cuxhaven), Lingen und Hesel (Landkreis Leer) sowie Rinteln (Landkreis Schaumburg) Blockade-Aktionen. In Nordrhein-Westfalen verhinderten Landwirte mit 50 Traktoren die Zufahrt zum Aldi-Lager in Greven (Kreis Steinfurt). Auch im rheinland-pfälzischen Montabaur versammelten sich der Polizei zufolge in der Nacht 13 Landwirte mit ihren Treckern sowie etwa 40 weitere Demonstranten und blockierten zeitweise Zufahrten.
Einem Sprecher der Bauern-Protestbewegung „Land schafft Verbindung“ in Niedersachsen zufolge wurden die Blockade-Aktionen beendet, nachdem Aldi ein Gesprächsangebot gemacht habe. Ein Sprecher von Aldi Nord teilte mit, dass es in dieser Woche Gespräche mit den Landwirten geben solle. Unter anderem sei für Freitag ein Austausch mit Vertretern von „Land schafft Verbindung“, Handelsunternehmen und dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels angesetzt. „Die Gespräche werden wir persönlich und gemeinsam mit Vertretern von Aldi Süd führen“, hieß es.
Rapider Preisverfall
Wichtig aus Sicht der Landwirte sei es, dass nun zügig Hilfen auf den notleidenden Betrieben ankommen, sagte der Sprecher von „Land schafft Verbindung“. Von dem Gespräch am Freitag erhoffe man sich, dass es konkrete Vorschläge gebe, wie es kurzfristig und langfristig weitergehe.
Viele Landwirte leiden seit einiger Zeit unter einem rapiden Verfall der Erzeugerpreise. Dieser resultiert auch aus den Folgen der Corona-Pandemie, weil etwa die Gastronomie als wichtiger Abnehmer von Lebensmitteln derzeit weitestgehend ausfällt. Im Schweinebereich aber spielt auch die Schließung des wichtigen Exportmarktes China eine wichtige Rolle für den Preisverfall, nachdem in Deutschland im September die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen wurde. Landwirte beklagen aber, dass für die Endverbraucher die Preise nicht gesenkt wurden, sich also der Lebensmittelhandel auf Kosten der Landwirte bereichere.
Preisdruck der Supermarkt-Riesen
Schon in der vergangenen Woche blockierten Landwirte Zentrallager des Aldi-Konkurrenten Lidl und von Edeka und Rewe. Auslöser der Wut der Landwirte war ein Brief der großen deutschen Handelsketten an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Darin hatten sich die Topmanager der Konzerne Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) über Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner beschwert.
Die CDU-Politikerin hatte einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit dem Landwirte und kleinere Lieferanten besser vor dem Preisdruck der Handelsriesen geschützt werden sollen und von teils unfairen Bedingungen gesprochen. Klöckner habe ein Zerrbild der Handelsunternehmen gezeichnet, klagten die Supermarkt-Ketten.
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Nach einem Gipfeltreffen am vergangenen Donnerstag mit Vertretern der großen Lebensmittelkonzerne und des Einzelhandelsverbandes mit Klöckner hatte die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) angekündigt, 50 Millionen Euro über die Initiative Tierwohl zur Unterstützung der Landwirte zur Verfügung stellen zu wollen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hatte das Angebot aber als ein nicht ausreichendes Trostpflaster bezeichnet.
Aldi Nord hatte am Sonntag erklärt, mit Bauernvertretern zeitnah weitere Gespräche zu führen. Dabei könne es etwa um die Idee eines Fairtrades für die deutsche Landwirtschaft gehen oder die Förderung der Landwirte durch eine flächendeckende, angemessene Bezahlung bei höheren Qualitätsstandards. (dpa)