Als „letzter Torero“ balancierte Helge Schneider zwischen Improvisation und etlichen Instrumenten.
„Und Schluss reicht“Helge Schneider gibt den letzten Torero in der Kölner Philharmonie
Im rosafarbenen Stierkämpferkostüm betritt Helge Schneider zu einer Improvisation seiner Band die Bühne der Kölner Philharmonie. Das Saallicht spiegelt sich in den silbernen und goldenen Pailletten seiner Uniform. Den passenden Bullen zu seinem Programm „Der letzte Torero – Big L.A. Show“ sucht das Publikum vergeblich. Bei seinem Konzert am Freitag (17. Februar) singt, trompetet, tanzt und trommelt Schneider durch den Abend. Klavier spielt er auch – eine Mopsfigur mit Partyhut auf dem Kopf sitzt ihm gegenüber.
Schneider läuft auf der Bühne am Gehstock. In der Talk-Sendung Maischberger hatte er jüngst berichtet, dass der Gehstock durch eine Knieverdrehung bedingt sei. Seine Band präsentiert er zunächst nur mit „Die“ und macht eine undeutliche Geste in deren Richtung. Danach stellt er beinahe unverständlich Sandro Giampietro an der Gitarre, Willy Ketzer am Schlagzeug, Jewel Timo Schamborsky am E-Bass und Sergeij Gleithmann als Tänzer vor.
Telefon aus „Telefonmann“ hätte Tante Erna immer runterreichen müssen
Immer wieder wechselt Schneider zwischen dem Spielen seiner Lieder und Klamauk: Während er das „a“ in dem Wort Wald bei dem Stück „Texas“ sehr lang hält, schaut er auf die Uhr – oder die Band musiziert noch und Schneider würgt es mit „und Schluss reicht“ ab. Zum Lied „Telefonmann“ berichtet er, dass er es 1958 im Alter von drei Jahren geschrieben hätte. Der Hintergrund: Sein Vater sei nie an das hoch aufgehängte Flurtelefon gelangt. Tante Erna hätte es ihm immer reichen müssen. Das Alter in der Geschichte stimmt jedenfalls, denn Schneider wurde 1955 in Mülheim an der Ruhr geboren.
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Schneider berichtet weiter aus seiner angeblichen Vergangenheit. Zunächst hätte er als Tapezierer gearbeitet und sei nach Köln in den Dom gekommen. Da es dort nichts zu tapezieren gab, sei er Physiker geworden und jetzt eben eine „Rampensau“. Schneider und seine Band spielen „My baby left me“. Immer wieder zeigt Schneider, wie viele Instrumente er beherrscht. Er wechselt nahtlos von Flügel zu Trommel zu Saxophon und zum Schlagzeug. An letzterem duelliert er sich mit Willy Ketzer, der sich an seinem Schlagzeug gegen Schneider abarbeitet.
Schneider trägt „Katzeklo“ und „Die Herren Politiker“ in der Kölner Philharmonie vor
Es folgt „Die Herren Politiker“ und Schneider bezeichnet das Lied als zeitlos. Er lobt Bachs Suiten, denn diese hätten stets ein breites Bett. Bach habe schließlich auch mal geschlafen. Er blättert die blaue Urtext-Ausgabe durch und liest die Namen der Stücke vor. Insgesamt habe Bach „herzlich wenig“ hinterlassen. Nach dem Hit „Katzeklo“ lobt Schneider Sergeij Gleithmanns Geigenkünste als von „jeder*innen gepriesen“. Er vertieft seine Haltung zum Gendern aber nicht. Schneider singt in der nächsten Improvisation mal wie Elvis Presley, Karel Gott, Till Lindemann, Udo Lindenberg oder Luciano Pavarotti.
Nach der Pause beginnt Schneider mit einer Improvisation, in der er „mal groß“ muss. Er fragt verschiedene Menschen nach dem Weg zur Toilette, die er alle selbst spricht. „Ich bin kein Zauberer“, sagt die auch von Schneider gesprochene Person, die die Toilette besetzt. „In letzter Sekunde“ schafft es Schneider, sich für sein Geschäft hinzusetzen – er lässt einen Apfel aus der Trompete in den Wassereimer fallen. Es macht „platsch“. Schneider schließt die Improvisation ab: „Das war eine Uraufführung“.
Schneider beschallt den Kölner Saal mit seinem verzerrten Gelächter
Immer wieder lacht Schneider in einen Verzerrer und sein Gelächter ertönt wie in einem Horrorfilm im Saal der Philharmonie. Gegen Ende von „Pommesbude“ klingelt ein Handy im Publikum. Schneider fasst sich ans Ohr, als hätte er eher irgendetwas in seinem eigenen Kopf gehört. Er kommentiert, dass im Publikum ja einige Menschen Herzschrittmacher hätten. Das sei bei seiner Band auch der Fall. Zumindest sei man bereit, Herzschrittmacher zu bekommen.
Für „The Last Torero“ sitzt Schneider wieder am Flügel. Er trägt es vor, als könnte es das letzte Lied sein oder als wäre er selbst der letzte Torero aus dem Lied. Jemand aus dem Publikum hustet in die Pause vor dem letzten Akkord des Stücks. Schneider sagt: „Da hätte ich auch gehustet“ und kommt aus dem Lachen nicht mehr raus. Vom Mädchen aus „Ladiladiho“ kommt Schneider zu einer Improvisation über eine Krankenschwester. Aus „Falsch verbunden“ am Telefon durch die Krankenschwester werden Schneiders Wunden „falsch verbunden“ durch die Krankenschwester.
Kein Reis für die Kölner Philharmonie
Jewel Timo Schamborsky spielt ein Solo am E-Bass. Es folgt die „Wurstfachverkäuferin“ und Schneider verliert sich in Ausführungen zu Wurst, die so dünn ist, dass man sie nicht mehr sieht. Gegen 22.30 Uhr verlassen die Band und Helge Schneider die Bühne. Von einem Mitarbeiter der Philharmonie lässt sich Schneider am Arm wieder auf die Bühne begleiten. Er gibt am Flügel eine Zugabe bei eingeschaltetem Saallicht. Die Hits „Sommer, Sonne, Kaktus!“, „Es gibt Reis, Baby“, und „Bonbon aus Wurst“ gab es an diesem Abend in der Kölner Philharmonie nicht.