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60 Prozent bis Juli geimpft?Nordrhein-Westfalen zieht das Impftempo deutlich an

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Astrazeneca_Impfserum

Eine Ampulle mit dem Astrazeneca-Impfstoff, der nur noch für Personen ab 60 Jahren eingesetzt werden soll.

Düsseldorf – Im Düsseldorfer Landtag bemüht sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, die Impfbilanz des mit 18 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundeslands als Erfolgsstory zu präsentieren. Bei einem guten Verlauf könnten an diesem Mittwoch ungefähr 180.000 Corona-Impfdosen verabreicht werden. „Das ist ein Prozent der Bevölkerung und das ist ungefähr ein Impftempo, das die USA an einem Tag haben“, sagt Laschet.

Dass dieser Vergleich einem Faktencheck nicht standhält, weiß der Regierungschef offensichtlich auch. „Jetzt sind wir natürlich längst nicht so weit wie die USA“, fügt er mit Verweis auf die viel größeren Impfstoffmengen in den Vereinigten Staaten einschränkend hinzu. Aber an dem Beispiel könne man erklären, dass NRW so viel an einem Tag schaffe wie große Länder. Mehr aber auch nicht.

Impftempo nimmt deutlich Fahrt auf

In den USA sind 28 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, dort werden inzwischen sogar 30-Jährige versorgt. In NRW hat rund ein Viertel der Menschen (25,6 Prozent) zumindest eine Erstimpfung erhalten. Bei den Zweitimpfungen liegt die Quote hingegen bei mageren 7,2 Prozent.

Alles zum Thema Armin Laschet

Keine Frage. Das Impftempo im Land nimmt deutlich Fahrt auf. NRW sei bei den Zweitimpfungen Spitzenreiter unter den Flächenländern, sagt Laschet und lobt „Sonderaktion zu Ostern“ mit dem Impfstoff Astrazeneca. Inzwischen sei die Hälfte aller über 60-Jährigen in NRW geimpft. Man befinde sich „auf den letzten Metern der Pandemie“, doch wie viele Meter das noch sein werden, bleibt unklar. „Wenn wir dieses Tempo beihalten, haben wir die große Chance, dass die Menschen bald spüren, es geht voran.“

Auf Anfrage teilt das Gesundheitsministerium mit, dass das Land "bis Juli mindestens 60 Prozent der erwachsenen Menschen in Nordrhein-Westfalen ein Impfangebot machen" kann, weil die Liefermengen des Bundes im zweiten Quartal erheblich zunehmen. Weitergehende Prognosen seien derzeit nicht möglich

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Forderungen nach einer kurzfristigen Aufhebung der Impfreihenfolge erteilt Laschet eine Absage. Polizisten, Lehrer, Feuerwehrleute, Busfahrer und Supermarktmitarbeiter hätten jetzt „Monate gewartet, bis sie an der Reihe sind“. Die Kassiererinnen hätten ihren Dienst geleistet, „als es keine Plexiglasscheiben und keine Masken gab und haben unsere Versorgung gesichert. Ehe wir in ein allgemeines Zugriffsverfahren kommen sind jetzt diese Leute dran.“ Im Mai werde man sich dieser Gruppe widmen. Spätestens im Juni könne die Impfreihenfolge dann aufgegeben werden.

Das alles beweist nur: Noch immer gibt es zu wenig Impfstoff. Und einzig der bestimmt das Tempo. Zwischen den 53 Impfzentren im Land und den Hausärzten ist der Streit über die Verteilung entbrannt. Für die Woche ab dem 3. Mai sind drei Millionen Impfdosen für die Hausärzte in Deutschland angekündigt. Davon sollen rund 300.000 ins Rheinland gelangen, mit denen die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV in erster Linie Menschen mit Vorerkrankungen versorgen will.

Hausärzte fordern schnelles Ende der Priorisierung

Die geplante zusätzliche Terminvergabe in den Impfzentren sei „Ressourcenverschwendung“, sagt KV-Vorstandsvorsitzender Frank Bergmann. Das werde die Impf-Dynamik nicht voranbringen, weil „chronisch kranke Menschen vermutlich versuchen werden, über beide Wege einen Termin zu erhalten - und in Folge den jeweils späteren Termin dann absagen“. Mehr Tempo könne es auch geben, „wenn die Arztpraxen bei Menschen unter 60 Jahren mit dem Impfstoff von Astrazeneca ohne aufwendiges Priorisierungsverfahren einfach geimpft werden könnten.“ Die Lösung, so Bergmann, „sei einfach und liege auf der Hand. Es muss mehr Impfstoff dorthin, wo er hingehört – in die Arztpraxen.“

Die Kassenärztlichen Vereinigungen in NRW halten auch mit Blick auf das durch die öffentliche Diskussion mit Skepsis betrachtete Vakzin von Astrazeneca die Impfung in den Praxen für sinnvoll. Man vernehme aus den Impfzentren, dass die Kommunen ihre Astrazeneca-Kontingente nicht voll ausschöpfen könnten, bestätigen die KV Nordrhein und Westfalen-Lippe. „Wir haben eine Warteliste mit den priorisierten Gruppen, also die Jahrgänge 1950 und 1951 und die chronisch Kranken“, sagt Heike Achtermann, Sprecherin der KV Westfalen-Lippe. „Die werden dann vorgezogen und mit Astrazeneca geimpft.“ Das bedeute einen erhöhten Aufwand. Nur so könne man aber garantieren, dass kein Impfstoff ungenutzt bleibe. Die Hausärzte hätten durch ihre Beratungsgespräche die Chance, den Vorbehalten entgegenzuwirken. „In der Regel vertrauen die Patienten am Ende der Empfehlung ihres Arztes und nehmen auch die Impfoption mit Astrazeneca wahr“, sagt Christopher Schneider, stellvertretender Sprecher der KV Nordrhein.

In Impfzentren ab Mai keine Erstimpfung mit Astrazeneca

Die Stadt Köln hatte am Dienstag mitgeteilt, dass von den 9000 zusätzlichen Astrazeneca-Terminen im Impfzentrum in der Köln-Messe erst 2800 vergeben seien. Die Ruhgebietsmetropole Essen hat ähnliche Probleme. Dort lag der Astrazeneca-Bestand am Mittwoch bei 2200 Impfdosen, doch täglich können nur zwischen 100 und 200 verimpft werden. Ab kommender Woche erwarte man eine "leicht erhöhte Nachfrage", durch die ersten Zweitimpfungen von über 60-Jährigen, sagt eine Sprecherin.

Ab Mai wird das Erstimpfen mit diesem Vakzin nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums in den Impfzentren eingestellt. Man werde danach nur noch die Mengen vom Bund erhalten, die für die Zweitimpfungen für über 60-Jährige benötigt werden. Für diese Personengruppe werde es in den Impfzentren auch keine Möglichkeit geben, bei der Zweitimpfung auf Biontech umzusteigen.