Die „Letzte Generation“ hat Aktionen in Berlin durchgeführt. Zwei Aktivistinnen wurden dabei an den Haaren von der Straße gezerrt.
Gewalt gegen Aktivisten in Berlin„Letzte Generation“ zieht Blockade-Fazit – Polizei ermittelt gegen Beamte
Die Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ haben am Montag zahlreiche Aktionen in Berlin durchgeführt – und so den Verkehr in der Hauptstadt erheblich behindert. Laut Angaben der Aktivisten werden mittlerweile 87 Personen in Polizeigewahrsam festgenommen. Die Nachrichtenagentur afp berichtet unterdessen von 50 Ingewahrsamnahmen und 200 vorübergehenden Festnahmen am Montag.
Die Klimaaktivisten zeigten sich am Nachmittag zufrieden mit ihrer Aktion. „Neben der Anzahl der Blockaden war auch der Zuspruch so groß wie nie zuvor“, schrieb die Protestgruppe am Montagnachmittag in einer Pressemitteilung. „Unsere höchsten Erwartungen wurden deutlich übertroffen“, erklärte Aimée van Baalen, eine Sprecherin der Gruppe.
Blockade in der Berlin: „Letzte Generation“ berichtet von „unschönen Szenen“
Es habe jedoch auch „unschöne Szenen“ gegeben, hieß es weiter. „In einem Video ist zu sehen, wie ein Mann zwei junge Frauen an den Haaren von der Straße schleift“, berichten die Aktivisten. Ein entsprechendes Video kursierte am Montag in den sozialen Netzwerken, über mögliche Ermittlungen nach dem Vorfall ist noch nichts bekannt geworden.
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Die Klimaaktivisten kritisierten derweil auch die Berliner Polizei. „Neben der sehr professionellen Polizeiarbeit“ sei es am Montag erneut zur absichtlichen Zufügung von Schmerzen gekommen, wenn Personen der Aufforderung, die Straße zu verlassen, nicht nachgekommen seien. „Dieses Vorgehen fällt klar unter die UN-Definition von Folter“, schreiben die Aktivisten in einer Stellungnahme. „Mindestens eine junge Frau wurde dabei so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden musste“, hieß es weiter.
„Letzte Generation“ sieht „Mitverantwortlichkeit“ bei Christian Lindner und Marco Buschmann
Die „Letzte Generation“ sieht eine „Mitverantwortlichkeit“ für die Übergriffe auf ihre Aktivisten unter anderem bei Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP). „Seit Tagen wettern sie gegen die friedlichen Protestierenden auf der Straße, vergleichen sie gar mit den Nationalsozialisten und stärken damit denjenigen den Rücken, die heute auf der Straße friedliche Menschen verletzten.“
Buschmann hatte die Aktionen der Aktivisten in der Vorwoche mit „straßenschlachtartigen Zuständen“ in den „1920er und 30er Jahren“ in Berlin verglichen. Linken-Chef Martin Schirdewan nannte die Wortwahl am Montag eine „rhetorische Entgleisung“.
Zudem kritisierten die Aktivisten die Verbreitung von Falschinformationen über ihre Proteste. So sei ein Video von einem angeblich im Stau stehenden Rettungswagen irrführend, das Fahrzeug habe „eigentlich für die verletzten Teilnehmer:innen der Straßenblockade“ bereitgestanden, erklärten die Aktivisten.
Blockade in Berlin: Feuerwehr meldet 15 Behinderungen von Einsatzfahrzeugen
Die Blockaden hatten zuvor gegen 7.30 Uhr am Montagmorgen begonnen, mitten im Berufsverkehr. Unter anderem klebten sich Klimaaktivisten auf der viel befahrenen Stadtautobahn 100 fest. Nach Angaben der Verkehrsinformationszentrale Berlin kam es zu „massiven Verkehrsbeeinträchtigungen“ und zahlreichen, bis zu zwei Stunden andauernden Staus. Nach Angaben der Berliner Feuerwehr wurden in 15 Fällen auch Behinderungen von Einsatzfahrzeugen aufgrund von Demonstrationen gemeldet. In sieben Fällen seien die Helfer im Noteinsatz gewesen.
Unterdessen hat die Berliner Polizei nach einem Vorfall in der Vorwoche Ermittlungen aufgenommen, nachdem im Internet ein Video des Einsatzes kursiert hatte. Eine entsprechende Strafanzeige sei von Amts wegen gegen die betroffenen Einsatzkräfte eingeleitet worden, sagte eine Polizeisprecherin am Montag auf Anfrage. Die betroffenen Polizisten sollten nun befragt werden.
Der Videomitschnitt wurde bei Twitter mehrfach gepostet und weiterverbreitet. Die „Letzte Generation“ hatte das Video ebenfalls geteilt, allerdings zunächst ohne eigenen Kommentar. Die Gruppe hat in den vergangenen Wochen immer wieder auf aus ihrer Sicht hartes Vorgehen der Polizei hingewiesen und dieses kritisiert. Die Polizei hatte in einem Tweet von einer „Zwangsmaßnahme eines Kollegen“ gesprochen, die darauf zu sehen sei. Es sei nun zu prüfen, ob das Verhalten angemessen gewesen sei, sagte die Sprecherin.
Polizei Berlin nimmt Ermittlungen nach Video von mutmaßlichen Schmerzgriffen auf
Die Aufnahme zeigt einen Polizisten, der einen auf der Straße sitzenden Demonstranten auffordert, von der Fahrbahn zu gehen. Nachdem dieser nicht Folge leistet, ist im Video zu sehen, wie der Beamte den Aktivisten an Hals und Kinn nach oben zieht. Nach einem Schnitt ist zu sehen, wie die beiden Polizisten versuchen, den Mann von der Straße zu bringen. Sie wenden dabei Griffe an, in deren Folge der Aktivist laut aufschreit.
Die neuerlichen Proteste am Montag in Berlin sorgten erneut für scharfe Kritik aus der Politik. „Ich habe nicht das geringste Verständnis für die Aktionen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem „Tagesspiegel“ laut Mitteilung vom Montag. „Die Klimakrise können wir nur demokratisch bekämpfen.“
Grünen-Chef Omid Nouripour bezeichnete die Aktionen als „nicht besonders hilfreich“. Auch die Bundesregierung kritisierte die Aktionen. „Wir unterstützen solche Protestformen selbstverständlich nicht“, erklärte Regierungsprecher Steffen Hebestreit am Montag. (mit dpa/afp)