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„Booster“ für die Wirtschaftt Christian Lindner verteidigt geplanten Nachtragshaushalt

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Christian Lindner spricht im Bundestag über den Nachtragshaushalt.

Berlin – Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den geplanten Nachtragshaushalt als notwendige Unterstützung für die Konjunktur verteidigt. „Nicht nur die Menschen benötigen einen Booster, auch die wirtschaftliche Entwicklung“, sagte er am Donnerstag in der ersten Bundestagsdebatte über den Nachtragsetat. Union und AfD warfen der Ampel-Koalition vor, sich mit Tricksereien an den grundgesetzlichen Vorgaben der Schuldenbremse vorbei zusätzliches Geld zu beschaffen.

Der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr sieht vor, dass der Energie- und Klimafonds (EKF) um 60 Milliarden Euro aufgestockt wird. Dazu sollen bisher nicht benötigte Kreditermächtigungen verwendet werden - von der noch von der GroKo für 2021 eingeplanten Neuverschuldung von 240 Milliarden Euro wird voraussichtlich rund ein Viertel nicht gebraucht.

Durch Unsicherheiten der Corona-Krise seien viele Investitionen ausgefallen

Der EKF ist ein Sondervermögen des Bundes und soll über den Bundeshaushalt hinaus Investitionen in Klimaschutz und Energiewende zu ermöglichen. Die Ampel-Koalition will ihn umbauen und in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenennen. Durch die Unsicherheiten der Corona-Krise seien viele Investitionen in die Modernisierung der Wirtschaft ausgefallen, sagte Lindner. Es sei daher „von grundlegender Bedeutung“, jetzt einen „Nachholprozess zu organisieren“.

Lindner verwies auf die im Koalitionsvertrag festgelegten Klimaziele: Es gehe um „die Transformation eines der größten Industrieländer hin zur Klimaneutralität“. Die Unionsfraktion will wegen des Nachtragshaushalts vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Ihr Haushaltsexperte Christian Haase (CDU) warf Lindner in der Bundestagsdebatte vor, sein Wahlversprechen zu brechen, die Schuldenbremse zu verteidigen. Es sei offensichtlich, dass die Schuldenbremse mit diesem „waghalsigen Manöver“ ausgehöhlt werde. Die Koalition begehe mit dem Etat „Verfassungsbruch“.

„Die Bundesregierung bekennt sich zur Schuldenbremse“

Der SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde warf wiederum der Union vor, etwas zu kritisieren, was sie einst selbst mitgetragen habe. „Sie haben die Instrumente, die wir nutzen, selbst mit erdacht. Heute verleugnen sie ihre eigene Politik.“ Rohde bezog sich auf den zweiten Nachtragshaushalt 2020, der von der großen Koalition beschlossen worden war. Dabei wurde unter anderem die Rücklage des EKF um rund 27 Milliarden Euro aufgestockt.

Die FDP hatte dies damals kritisiert. Vertreter der Partei betonen, dass das jetzige Vorgehen anders sei, weil keine zusätzlichen Schulden aufgenommen werden. „Die Bundesregierung bekennt sich zur Schuldenbremse“, unterstrich Lindner. Ab 2023 würden die Vorgaben der Schuldenbremse wieder eingehalten.

Zusätzliche Investitionen seien nötig

Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler unterstützte Lindners Argumentation, dass zusätzliche Investitionen nötig seien. „Bis auf ein paar rechtsradikale Verschwörungsideologen hier im Parlament“ bestreite niemand, dass sich Deutschland „in einer schweren pandemischen Notlage“ befinde, sagte er mit Blick auf die AfD. Diese habe erhebliche wirtschaftliche Folgen. Der „beste und nachhaltigste Weg aus der Krise“ seien öffentliche Investitionen, fuhr Kindler fort.

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Dabei müsse wegen des Klimaschutzes in „das Neue“ investiert werden und nicht etwa in „das Fossile“. Bei der Unionsfraktion konstatierte Kindler „Heuchelei und Doppelmoral“. Der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer warf dagegen Lindner „unseriöse Tricks“ vor. Das Vorgehen sei 2020 verfassungswidrig gewesen und sei es auch dieses Mal. Boehringer beschuldigte die FDP wegen der Kritik am GroKo-Nachtragshaushalt der Umfallerei. „Wie viel Unterschied schon acht Tage an der Macht machen können“, sagte er.

Auch aus Sicht der Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch ist der Nachtragshaushalt nicht verfassungskonform. Sie stellte zudem die Frage, wieso die 60 Milliarden Euro nicht anderweitig ausgegeben wurden - schließlich gebe es weder genug Luftfilter in den Schulen, noch genug Pflegekräfte, noch genug Corona-Impfstoff. Abgestimmt wird über den Nachtragshaushalt erst im neuen Jahr. Am Donnerstag wurde die Vorlage zunächst zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen. (AFP)