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BundesregierungWas die Ampel beim Spitzentreffen zum Haushalt entscheiden muss

Lesezeit 4 Minuten
Bundeskanzler Olaf Scholz von oben fotografiert. Er hat einen schwarzen Anzug an und trägt eine schwarze Tasche.(Symbolbild)

Es muss gespart werden, nur wie? Darüber beraten die Ampel-Spitzen. (Symbolbild)

Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil muss die Koalition sparen. Das hat Folgen für die Bürger. Doch wie hart werden die Entscheidungen?

Finanzminister Christian Lindner hat seine Ampel-Kollegen schon auf „erhebliche Kraftanstrengungen“ eingestimmt. Vor der Aufstellung eines verfassungsfesten Haushalts für 2024 müssten intensive Diskussionen geführt werden, „die nicht immer einfach sein werden“, warnte der FDP-Chef. Am Mittwochabend treffen sich die Spitzen der drei Ampel-Parteien nun mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Werden sie festlegen, wofür der Bund im nächsten Jahr weniger Geld ausgibt? Oder versprechen sie sich nur in die Hand, die Probleme weiter gemeinsam anzugehen?

Formal ist der Koalitionsausschuss schon länger terminiert, doch das Karlsruher Haushaltsurteil dürfte die Tagesordnung umschmeißen. Denn noch immer ist offen und heftig umstritten, welche Konsequenzen die Regierung aus dem Richterspruch zieht. Das betrifft vor allem den Etat für das kommende Jahr sowie milliardenschwere längerfristige Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Zehntausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, warnen Koalitionäre.

Problem 1: Intel-Milliarden, Heizungsförderung – was geht im Klima- und Transformationsfonds?

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r-l), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, sitzen im Plenum des Deutschen Bundestages und verfolgen die Debatte. (Symbolbild)

Die fehlenden 60 Milliarden Euro für den Haushalt machen der Bundesregierung zu schaffen. (Symbolbild)

Seit dem Urteil fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro, die schon fest für Investitionen in den kommenden vier Jahren eingeplant waren. Damit sollten unter anderem die Milliardenförderung für Chipfabriken von Intel und TSMC, die Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen, die Sanierung der Bahn, Ladeinfrastruktur für Elektroautos und viele andere Projekte finanziert werden.

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Rechtsverbindlich zugesagte Mittel können 2024 auch ohne die 60 Milliarden fließen, weil der Fonds eigene Einnahmen und genug Geld hat. Auch schon sicher: Bei der Heizungsförderung soll erstmal nicht gekürzt werden. Doch was ist mit dem Rest? Die Vorhaben beträfen den „wirtschaftlichen Kern Deutschlands“, warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Union schlägt vor, die Heizungsförderung rückabzuwickeln. Eine Möglichkeit wäre auch, über Steuererhöhungen mehr Einnahmen zu generieren - was aber die FDP rigoros ablehnt.

Problem 2: Milliardenloch im Etat 2024

Das Urteil betrifft nicht nur den Klimafonds, es hat über Umwege auch ein Milliardenloch in den Etat für 2024 gerissen. Insgesamt muss die Koalition wohl knapp unter 20 Milliarden Euro zusammenkratzen.

Das liegt vor allem daran, dass die Bundesregierung den Sondertopf für die staatlichen Energiepreisbremsen auflösen muss, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Zinszahlungen daraus kommen nun auf den Kernhaushalt zu, ebenso Hilfen für Flutopfer, die bisher aus einem Sondervermögen gezahlt wurden. Außerdem muss die Regierung schon im laufenden Jahr tiefer in ihre während der Flüchtlingskrise aufgebaute Rücklage greifen. Diese Milliarden fehlen 2024 ebenfalls.

Die WSF-Auflösung hat konkrete Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Energiepreisbremsen laufen Ende des Jahres aus und nicht erst wie geplant Ende März. Auch wenn die Preise inzwischen deutlich gesunken sind - die Bundesregierung hatte die Verlängerung der Bremsen als Versicherung gegen unerwartete Risiken bezeichnet.

Höhere Strompreise könnten auch aus anderem Grund auf die Bürger zukommen: Eigentlich hatte der Bund einen Zuschuss von bis zu 5,5 Milliarden Euro zu den Netzentgelten geplant. Das Problem: Dieser Zuschuss sollte aus dem WSF finanziert werden. Kommt das Geld nun aus dem Kernhaushalt?

Scholz hat angekündigt, Schwerpunkte zu setzen und „natürlich auch Ausgaben zu beschränken“. Doch was wegfallen soll, ist offen. Die Union dagegen hat schon eine Streichliste. Darauf: Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Sozialleistungen. Das lehnen SPD und Grüne ab. Grüne wollen dagegen an aus ihrer Sicht klimaschädliche Subventionen ran, etwa steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen.

Problem 3: Grundsatzentscheidung zur Schuldenbremse

Direkt nach dem Karlsruher Urteil flammte eine Debatte zur Zukunft der Schuldenbremse auf. Viele Politiker von SPD und Grünen plädieren für eine Reform, so dass der Staat für wichtige Investitionen mehr Kredite aufnehmen darf. Dann stünden Zukunftsprojekte nicht mehr auf der Kippe. Auch Ökonomen halten das für sinnvoll, sogar einzelne CDU-Ministerpräsidenten zeigten sich offen. Die FDP jedoch besteht bislang darauf, die Regelung im Grundgesetz nicht anzutasten. Genauso sieht das CDU-Chef Friedrich Merz.

Problem 4: Nicht viel Zeit vor Weihnachten

Die Ampel-Koalition muss sich festlegen, wann der Etat für 2024 beschlossen werden soll. In diesem Jahr - was üblich wäre - bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Bundesrat tagt regulär nur noch am 15. Dezember. Vor allem die SPD-Fraktion drängt aber auf einen schnellen Beschluss. Hintergrund ist, dass Mittelkürzungen für Sozialverbände und andere Gruppen mit dem Etatbeschluss zurückgenommen werden sollten - ohne Beschluss müssten diese Organisation zum Jahreswechsel möglicherweise Mitarbeiter entlassen, warnte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

Liegt zu Jahresbeginn kein Bundeshaushalt vor, greift die sogenannte vorläufige Haushaltsführung. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen. (dpa)