Corona-PandemieBundestag beschließt Pläne der Ampel-Parteien
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Berlin – Der Bundestag hat die von SPD, Grünen und FDP geplanten Corona-Neuregelungen mit 3G-Vorgaben etwa am Arbeitsplatz und in Verkehrsmitteln beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten bei 688 abgegebenen Stimmen am Donnerstag 398 Abgeordnete dafür, 254 dagegen und 36 enthielten sich, wie Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) bekanntgab.
Die Ampel-Parteien haben 416 Sitze. Der Bundesrat muss noch zustimmen, die Union droht aber mit Ablehnung. Bund und Länder wollten am Donnerstag nach dem Bundestagsbeschluss zu Beratungen im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenkommen.
Die Neuregelungen sehen neben der Ausweitung von Maßnahmen am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Pflegeheimen auf der anderen Seite vor, dass besonders scharfe Maßnahmen, wie Schul- oder Geschäftsschließungen nicht mehr möglich sein sollen.
Ampel-Parteien und Union liefern sich harten Schlagabtausch
In der Debatte im Bundestag lieferten sich die Parteien der voraussichtlichen Ampel-Koalition und die Union einen harten Schlagabtausch. „Wir reagieren mit notwendigen und rechtssicheren Maßnahmen auf die sehr schwierige Corona-Lage“, verteidigte SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar die geplanten Neuregelungen. Die Länder bekämen damit mehr Handlungsmöglichkeiten als mit der noch geltenden Rechtslage.
Unionsfraktionsvize Thorsten Frei warf den Ampel-Parteien vor, bei der Bekämpfung der Pandemie in die verkehrte Richtung zu laufen. „Drehen Sie doch bitte um“, sagte der CDU-Politiker. Die Pläne der Ampel, die bisher vom Bundestag festgestellte epidemische Lage nicht zu verlängern, seien unverantwortlich. Damit würden den Ländern Instrumente aus der Hand geschlagen.
Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) sagte, die Pläne der Ampel würden der Dramatik der Lage nicht gerecht.Der FDP-Politiker Marco Buschmann wies die Kritik scharf zurück. „Die Behauptung, dass das neue Maßnahmenpaket die Länder wehrlos dalasse, ist objektiv falsch“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion. „Sie war es schon von Anfang an, weil wir sehr robuste Maßnahmen von Anfang an auf rechtssichere Beine gestellt haben.“ Die Kritik sei teils wahrheitswidrig.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte mit Blick auf Kritik der Union. „Die Rechtslage, die Sie hier einklagen, besteht ja.“ Härtere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung seien aber von vielen Ländern nicht umgesetzt worden. „Wenn man Karneval feiern will einerseits und sagt „Das war schon ganz prima“ und übermorgen sagt, „Wir haben aber eine riesige Notlage“, dann ist das für mich jedenfalls nicht glaubwürdig aus Nordrhein-Westfalen“, sagte Göring-Eckardt. Die nun geplanten Maßnahmen reichten deutlich weiter als die bisher gültigen.
SPD, FDP und Grüne wollen andere Rechtsgrundlage schaffen
Die Pläne von SPD, Grünen und FDP sollen eine andere Rechtsgrundlage für Corona-Auflagen schaffen, wenn die bisher vom Bundestag festgestellte epidemische Lage am 25. November ausläuft. Die Ampel-Parteien haben sich dagegen entschieden, sie erneut im Bundestag zu verlängern.
Dieser Ausnahmezustand gibt den Regierungen der Bundesländer bisher die Möglichkeit, auf einfachem Verordnungsweg weitreichende Corona-Maßnahmen zu ergreifen von Ausgangsbeschränkungen über Veranstaltungsverbote bis hin zu Restaurant-, Geschäfts- oder Schulschließungen.
Union droht mit Blockade in Bundesländern
Die Ampel will solche Maßnahmen nicht mehr möglich machen, bis auf einige Ausnahmen, wie Verbote oder Beschränkungen im Freizeit-, Kultur- oder Sportbereich - allerdings dann auch nur, wenn die Landesparlamente dies beschließen. Die unionsgeführten Bundesländer drohen mit Blockade im Bundesrat, wenn ihnen nicht mehr Möglichkeiten zu Einschränkungen und Schließungen gegeben werden.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat damit gedroht, dass die unionsgeführten Länder das Gesetz bei der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat am Freitag scheitern lassen könnten. Deshalb ist ungewiss, ob die Regelung wie geplant kommende Woche in Kraft treten kann. Dittmar forderte die Union auf, das „politische Klein-Klein zu beenden. “ Corona kennt keine Parteigrenzen.
Der Maßnahmen-Katalog der Ampel schafft auf der anderen Seite aber auch neue Möglichkeiten: So soll es Maßnahmen wie 3G am Arbeitsplatz und in Verkehrsmitteln und Testpflichten in Pflegeheimen geben.
Attacken der AfD im Bundestag – Lauterbach empört über Sichert
Die AfD attackierte die nun beschlossenen Neuregelungen. Die Ampel-Parteien machten anscheinend mit der „panischen Politik“ der vergangenen zwei Jahre nahtlos weiter, sagte Fraktionschef Tino Chrupalla. Er beklagte ein „Feindbild der Ungeimpften“, die für alles verantwortlich gemacht würden, und „fast religiöse“ Aufrufe zu Impfungen.
Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) oder nur für Geimpfte und Genesene (2G) seien abzulehnen, da jeder unabhängig vom „G-Status“ Virus-Überträger sein könne. Dies sei mindestens „ein Lockdown auf Raten“ und solle Bürger immer stärker unter Druck setzen, sich impfen zu lassen, sagte Chrupalla.
Für Empörung sorgte der Auftritt von AfD-Politiker Martin Sichert. Er sprach von der Tribüne aus, da er sich wie andere Abgeordnete seiner Fraktion auch der 3G-Regel verweigerte. Sichert behauptete in seiner Rede, die Impfung gegen Corona sei gefährlicher als das Virus selber. Aktuell würden gerade einmal zwei Kinder wegen Covid auf Intensivstationen liegen. 2G und 3G würden dazu dienen, Bürger zu „willigen Untertanen zu erziehen“. Der CDU-Abgeordnete Sepp Müller, dessen Erkrankung Sichert als Beleg für die Unwirksamkeit der Impfung heranzieht, widerspricht direkt mit klaren Worten und wirft dem AfD-Abgeordneten vor, die Daten komplett zu verdrehen.
Der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, der ebenfalls an der Debatte teilnahm, empörte sich ebenfalls bei Twitter über die Worte Sicherts. (afp, dpa, red)