AboAbonnieren

Erste Sitzung im NRW-LandtagReul besorgt über Demokratie-Entfremdung

Lesezeit 3 Minuten
Alterspräsident

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, leitete als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Landtags. 

Düsseldorf – Sie kennen ihn alle, aber er stellt sich trotzdem vor. „Mein Name ist Herbert Reul“, sagt der Innenminister von NRW, als er am Mittwoch die konstituierende Sitzung des Düsseldorfer Landtags als Alterspräsident eröffnet. Er sei am 31. August 1952 geboren worden, teilt er den 195 Parlamentariern mit. „Ist jemand älter?“, fragt er in die Runde. Es bleibt still. „Pech gehabt“, sagt Reul - und bringt den Saal damit zum Lachen.

Zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl am 15. Mai wurde jetzt durch die Sitzverteilung im Plenum plastisch deutlich, wie sich die Kräfteverhältnisse durch den Urnengang verschoben haben.

SPD-Fraktion schrumpft um 13 Abgeordnete

Stärkste Fraktion ist erneut die CDU. Ihre Abgeordnetenzahl ist um vier auf 76 Abgeordnete gewachsen. Der NRW-Ministerpräsident sitzt freundlich lächelnd in der ersten Reihe. Dagegen schrumpft die SPD-Fraktion um 13 auf 56 Abgeordnete.

Am deutlichsten hat sich der Block der Grünen verändert. Sie haben mit 39 Abgeordneten 25 mehr als bisher. Für die Spitzenkandidatin Mona Neubaur dürfte die Konstituierung ein Gänsehautmoment gewesen sein. Es ist ihre erste Parlamentssitzung überhaupt, und sie sitzt ganz vorne. Damit ist die Frontfrau der Grünen jetzt auch offiziell und für jeden sichtbar auf der Bühne der Landespolitik angekommen.

Stamp, Gebauer und Pinkwart sitzen hinten

Die Fraktion der FDP ist auf zwölf Parlamentarier zusammengeschrumpft. Die Noch-Minister Joachim Stamp (Familie), Yvonne Gebauer (Schule) und Andreas Pinkwart (Wirtschaft) haben ihre Mandate behalten, sitzen aber in den hinteren Reihen.

In der ersten Sitzung des Landtags gibt es nur kurze Reden. Alterspräsident Reul äußert sich besorgt darüber, dass sich viele Menschen von den demokratischen Prozessen entfernt hätten. Mit Blick auf die Corona-Leugner sagt der Politiker aus Leichlingen, jeder Bürger habe das Recht, seine Meinung kundzutun. Allerdings gelte: „Hass ist keine Meinung mehr.“ Die Politik müsse auf ihre Gegner zugehen. „Wir müssen da besser werden.“ In der Politik dürfe es nicht nur um „Macht, Posten und Selbstdarstellung“ gehen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dann wird der bisherige Landtagspräsident André Kuper mit 178 von 195 Stimmen im Amt bestätigt, drei Abgeordnete enthalten sich. Der CDU-Politiker mahnt eine respektvolle Diskussionskultur an. In der vergangenen Legislatur habe der Landtag einen bedenklichen Rekord aufgestellt: „Wir mussten so viele Rügen und Ordnungsrufe aussprechen wie nie zuvor in einer Wahlperiode. „Verwechseln Sie Streit in der Sache nicht mit Wut im Bauch“, mahnt der 61-Jährige. Eine parlamentarische Auseinandersetzung sei auch „ohne sprachliche Ausfälle“ möglich.

AfD scheitert mit Vize-Personalie

Mit dem Einzug der AfD in den Landtag war die Zahl der Rügen und Ordnungsrufe massiv gestiegen. In der abgelaufenen Wahlperiode wurden laut Statistik insgesamt 113 solcher Ordnungsmaßnahmen ausgesprochen - gut die Hälfte ging auf das Konto der AfD.

Als Landtagsvizepräsidenten wurden Rainer Schmeltzer (SPD), Berivan Aymaz (Grüne) und Christof Rasche (FDP) gewählt. Der Versuch der AfD, mit dem Abgeordneten Daniel Zerbin einen eigenen Kandidaten durchzusetzen scheitert, wie schon 2017, als die Partei erstmals in den Landtag eingezogen war.