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Interview Oliver Keymis„Schon Laschet hat Politik gemacht, die nah an den Grünen lag“

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Oliver Keymis hält Schwarz-Grün für ein Zukunftsmodell.

  1. Der Vizepräsident der Grünen im Düsseldorfer Landtag erklärt, warum die NRW-CDU den Grünen in vielen Bereichen näher ist als einer neoliberalen FDP.
  2. Die großen ideologischen Distanzen aus der Vergangenheit hält er für überholt.
  3. Schwarz-Grün ist für ihn ein Zukunftsmodell mit Strahlkraft über NRW hinaus.
  4. Ein Interview.

Herr Keymis, Sie sind seit 2006 Vizepräsident der Grünen im Düsseldorfer Landtag, trugen von Anfang an immer wieder auch schwarz-grüne Krawatten. Sind Sie ein Fan von Schwarz-Grün?Keymis: Das hat damit nichts zu tun. Ich trage immer schwarz, dazu passt die Farbkombination ganz gut. Richtig ist, dass es damals schon regelmäßig Kontakt zwischen CDU und Grünen gab, obwohl die CDU in einer Koalition mit der FDP war. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und unsere Fraktionschefin Sylvia Löhrmann haben sich persönlich gut verstanden. Rüttgers war ein Verfechter des Rheinischen Kapitalismus, der sich aus der christlichen Soziallehre speist. Diese Haltung war ein Grundpfeiler, der die Annäherung von CDU und Grünen in NRW ermöglicht hat.

Wie meinen Sie das?Rheinischer Kapitalismus bedeutet, dass die Unternehmer sich nicht nur um ihren Gewinn, sondern auch um die Belegschaft kümmern, indem sie zum Beispiel Wohnungen, Kindergärten, Kulturhäuser und Schwimmbäder gebaut haben. Der sozial geprägte Verantwortungsbegriff hat durchaus den Regierungsstil von Rüttgers und später auch den von Armin Laschet geprägt. Deswegen ist die CDU in NRW den Grünen in vielen Bereichen seit langem viel näher, als einer neoliberalen „Privat-vor-Staat-FDP“. Laschet hat schon in seiner Zeit als Integrationsminister eine Politik gemacht, die nahe an der Linie der Grünen lag.

Von 2010 bis 2017 haben die Grünen mit der SPD regiert. Wie war das Verhältnis?Es gab natürlich viele inhaltliche Schnittmengen. Aber in der Politik gibt es selten tiefe Freundschaften. Die schwere Niederlage, die die Grünen 2017 einstecken mussten, hing wohl auch damit zusammen, dass die SPD die finanziellen Mittel für die Umsetzung der sehr ambitionierten Schulpolitik nicht wie gewünscht bereitgestellt hat. Das kritisiert Ex-Schulministerin Löhrmann bis heute.

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Würde Schwarz-Grün anders miteinander umgehen?Das werden wir sehen. Klar ist, dass sich die Wähler-Milieus angenähert haben. Beide legen Wert auf gute Bildung, eine gute Familienpolitik, wollen ökonomischen Erfolg, soziale Verantwortung und Ökologie miteinander verbinden. Hinzu kommt, dass viele Spitzengrüne auch aus konservativen Familien stammen. Und es gibt nicht mehr die großen ideologischen Distanzen aus der Vergangenheit. Auch die Union hat sich stark verändert. Mit der Kohl-CDU wäre sicher kein Bündnis möglich gewesen. Heute passen CDU und Grüne gut zusammen.

Was wird aus der SPD?Die SPD hat sich politisch vom Schock der Schröder-Reformen nie erholt. Sie umwirbt das klassische Arbeiter-Milieu, das es in der klassischen Form aber kaum noch gibt. Wahrscheinlich ist die SPD die Partei, die sich am meisten treu bleiben will. Und genau das ist ihr Problem. Sie hat die Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel nicht verinnerlicht und deshalb trägt ihr kurzfristiger Erfolg von 2021 nicht durch.

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Wie würde ein Regierungsteam der Parteichefs Hendrik Wüst und Mona Neubaur funktionieren?Beide sind in etwa gleich alt, haben einen gleichen Erlebnishorizont. Das macht es möglich, auf Augenhöhe zu regieren und ein gutes politisches Team zu werden. Ein schwarz-grünes Zweierbündnis hat das Potenzial, besser zu funktionieren als die Ampel in Berlin und könnte Strahlkraft über NRW hinaus entwickeln, zum Beispiel als Modell für den Bund. CDU und Grüne verfügen über eine breite Mehrheit im Landtag und es gibt erkennbar wenig Verlockungen, die Zusammenarbeit aufzukündigen, weil andere Optionen attraktiver wären. Ich gebe schon jetzt den Tipp ab, dass es womöglich für eine Wiederwahl in fünf Jahren reichen wird.

Sie ziehen sich jetzt nach 22 Jahren aus der Landespolitik zurück…Ja, freiwillig und dankbar dafür, dass ich daran mitwirken konnte, dass das Kultur- und Medienland NRW heute besser dasteht als im Jahr 2000. 22 Jahre als MdL und knapp 16 Jahre als Vizepräsident sind eine lange Zeit. Demokratie lebt vom Wechsel. Ich gehe so frei, wie ich kam.