- Auslöser der spektakulären Aktion ist ein Positionspapier des KHG-Teams aus dem vorigen Jahr.
- Lesen Sie hier die Hintergründe.
Köln – Wegen fortgesetzter Kritik an der katholischen Sexualmoral und am kirchlichen Lehramt hat das Erzbistum Köln die Webseite der Katholischen Hochschulgemeinde Köln (KHG) abgeschaltet.
Anstelle von Hochschulpfarrer Klaus Thranberend hat der für Hochschulpastoral zuständige Abteilungsleiter im Generalvikariat kommissarisch die Leitung des Pastoralteams der KHG übernommen. Den Mitarbeitern um Pastoralreferentin Martina Schäfer-Jacquemain drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Das gesamte Semesterprogramm der KHG ist zurzeit nur noch über einen Solidaritätslink der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) zugänglich.
Auslöser der spektakulären Aktion ist ein Positionspapier des KHG-Teams aus dem vorigen Jahr. Es lobt unter anderem die Vielfalt sexueller Beziehungen und beklagt eine immer größer werdende Kluft zwischen der Kirche und der Lebenswirklichkeit junger Menschen. „Zu groß ist für viele der Abstand zwischen eigenen Überzeugungen und Lebensführungen zu den Lehren der katholischen Kirche, wenn es um Zölibat, die strukturelle Benachteiligung der Frau, die Einstellung zur Homosexualität und vieles mehr geht.“
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Das Papier konstatiert eine zunehmende Distanz Studierender zur Kirche und ihren Positionen bis hin zu „aggressiver Ablehnung“. Spiritualität und Glaube, Gemeinschaft, vorurteilsfreies Beisammensein, Orientierungsangebote und Lebenshilfe würden „immer weniger im Kontext der katholischen Kirche gesucht“.
„Um authentisch und transparent zu bleiben“, stellt das KHG-Team die eigene Position in dem Papier klar. In 15 kurzen Punkten fordert es unter anderem die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern, die Anerkennung homosexueller Beziehungen, die Aufdeckung von sexuellem und geistlichem Missbrauch mit fristloser Entlassung erwiesener Täter sowie dem Rücktritt von Verantwortlichen, die Täter gedeckt und geschützt haben.
Ärger in der Bistumsleitung
Das Papier erschien erstmals im KHG-Programm für das Wintersemester 2019/20. Es führte zu Ärger in der Bistumsleitung. Die Leiterin der Hauptabteilung Schule/Hochschule im Generalvikariat, Bernadette Schwarz-Boenneke, untersagte Ende Januar per Dienstanweisung die erneute Veröffentlichung im Programm für das Sommersemester 2020 und drohte bei Zuwiderhandlung arbeitsrechtliche Schritte an.
Im gedruckten Semesterprogramm fand sich dennoch ein QR-Code, der zu dem im Internet hinterlegten Dokument führte, und ein Hinweis auf das Abdruckverbot.
Dieser sollte nun auch im Programmheft für das laufende Wintersemester erscheinen. Im Oktober verschärfte Schwarz-Boenneke die Gangart. In keinem Fall dürfe das Positionspapier weiter öffentlich zugänglich gemacht werden, weder online noch gedruckt oder über den QR-Code. Alles andere sei als massiver Loyalitätsverstoß zu werten mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Schwarz-Boenneke appellierte zugleich an Vernunft und Klugheit der Mitarbeitenden, dies zu vermeiden.
Einbestellt vom Erzbistum
Doch auch dann noch widersetzte sich das Team seiner Chefin. Das Positionspapier blieb online, im gedruckten Semesterprogramm stehen der Hinweis auf das Verbot und eine Protestnote: „Für Selbstverständlichkeiten kämpfen zu müssen, ist demotivierend. Deshalb fallen einige Veranstaltungen ersatzlos aus.“ Das KHG-Team betont zudem, es stehe inhaltlich nach wie vor zu seinen Positionen. „Wenn Ihr wissen wollt, worum es genau geht, nutzt das Internet. Denn das Internet vergisst nichts.“ Unter der Erklärung fehlt nur der Name des Studentenpfarrers. Thranberend wollte offenbar die Haltung des Gesamtteams nicht mehr mittragen.
Alle anderen Unterzeichnenden wurden umgehend vom Erzbistum einbestellt. Der kommissarische KHG-Leiter Peter Krawczack ließ am 3. November die gedruckten Programmhefte einziehen, um sie durch eine bereinigte Fassung zu ersetzen. Die beiden Seiten, die der Kontroverse um das Positionspapier gewidmet waren, sollten nicht mehr enthalten sein. Außerdem ordnete Krawczack eine Änderung der Homepage an.
Am 12. November schaltete das Erzbistum den KHG-Internetauftritt ab, um „die beauftragten Veränderungen nun selbst umzusetzen“, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Der „unbeabsichtigte Zwischenstand“ solle an diesem Donnerstagvormittag behoben sein.
Das Positionspapier sei aus Sicht des Erzbistums keine „sachliche und angemessene“ Form einer – grundsätzlich gewünschten, auch kritischen – Auseinandersetzung mit kirchlichen Positionen. Durch das Vorgehen des KHG-Teams sehe das Erzbistum die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ in Frage gestellt, derer jedes Unternehmen bedürfe.
Als Zeichen der Solidarität mit dem Team der KHG hat die ESG auf ihrer Startseite im Internet nun das Papier veröffentlicht, das „den Widerstand der katholischen Amtskirche erzeugt“.