Berlin/Köln – Die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, will vor der Regierungsbildung in NRW ihren Einfluss auf die möglichen Koalitionspartner zur Stärkung von Prävention und Aufarbeitung geltend machen. „Ich werde darauf hinweisen, wie wichtig dieses Themenfeld ist“, sagte die Journalistin und Beraterin in ihrer Antrittspressekonferenz in Berlin. Dazu wolle sie die Aussagen in den Wahlprogrammen anschauen und verstärken, was am Ende Eingang in einen Koalitionsvertrag finden könnte.
Nach eigenen Worten schwebt Claus ein ressortübergreifender „Pakt gegen sexuelle Gewalt“ vor. Für bessere Strukturen im Kampf gegen Kindesmissbrauch seien insbesondere die Länder und Kommunen gefragt, bei denen vielerlei Kompetenzen lägen. Claus kritisierte, dass immer noch nicht alle Schulgesetze der Länder Schutzkonzepte enthielten.
Debatte in die Mitte des Parlaments tragen
Auf Bundesebene strebt sie eine gesetzliche Grundlage für das Amt des/der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) mit Berichtspflicht an den Bundestag an. Damit würde die Debatte in die Mitte des Parlaments getragen, was sich schon ihr Vorgänger Johannes-Wilhelm Rörig gewünscht habe.
Es sei „ein Skandal“, dass es nach wie vor keine verlässlichen Zahlen zum Ausmaß des Kindesmissbrauchs in Institutionen, Organisationen und Familien gebe. Claus verlangte ein verstärktes Hinschauen auf die unterschiedlichen Tatorte. Dass immer noch 85 Prozent der Bevölkerung glaubten, Missbrauch könne im eigenen Umfeld nicht stattfinden, bezeichnete Claus als großes Hindernis für den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt.
Finanzielle Zusagen erfüllen
Von der Bundesregierung forderte sie die Freigabe bereits zugesagter Gelder in Höhe von fünf Millionen Euro für eine Aufklärungskampagne sowie die Errichtung eines ein „Kompetenzzentrums Forschung“ mit kontinuierlicher Datenerhebung in einer Dunkelfeld-Studie. „Politik braucht Zahlen“, betonte Claus.
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Mit Blick auf den Missbrauchsskandal in den Kirchen lobte sie, dass inzwischen weit mehr als die Hälfte aller katholischen Bistümer die 2020 mit Rörig vereinbarten Aufarbeitungskommissionen etabliert hätten. Im Herbst werde es ein erstes gemeinsames Treffen dieser Gremien geben.