NRW-Ministerpräsident zu Besuch in KölnDas sagt Armin Laschet zur Kanzlerfrage
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Armin Laschet war am Montag zu Gast im „RND Salon“ und stellte sich den Fragen der Besucher.
Unter anderem ging es um die neue Parteispitze der SPD und eine mögliche Minderheitsregierung.
Warum Laschet auf Distanz zu Friedrich Merz geht und was er zu seiner möglichen Kanzlerkandidatur sagt.
Köln – Köln und Berlin trennen mehr als 500 Kilometer. An diesem Montagabend aber scheint es, als sei die Hauptstadt an den Rhein gerückt – so allgegenwärtig ist die turbulente Berliner Politik beim „RND Salon on Tour“ mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Köln-Sky mit Blick auf den Dom.
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Laschet gilt als rheinische Frohnatur. Auf die SPD angesprochen – genauer gesagt auf ihr designiertes neues Führungsduo – kann er seinen Kummer aber nicht verhehlen. „Die Akteure, die jetzt gewählt worden sind, sind kaum verankert in Parteistrukturen“, sagt Laschet über den früheren NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken.
Laschet: „Wir wissen nicht, was die SPD jetzt macht“
Weder in der Bundestagsfraktion noch unter den SPD-Ministern in der Bundesregierung hätten die Neuen eine Machtbasis. Zugleich lasteten auf beiden große Erwartungen der Basis, sagt Laschet im Gespräch mit RND-Hauptstadtbüroleiter Gordon Repinski und dem Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Carsten Fiedler. „Wir wissen nicht, was die SPD jetzt macht.“
Für die CDU hingegen sei zweierlei klar. Erstens: „Reden kann man über alles.“ Die große Koalition habe zu Beginn der Legislaturperiode „verabredet, dass man eine Halbzeitbilanz macht. Jetzt ist Halbzeit“, betont Laschet. Man müsse schauen, „was vielleicht an aktuellen Fragen neu aufgetaucht ist, an die man damals nicht gedacht hat.“
Der Ministerpräsident stellt aber auch klar: „Eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrages halte ich für ausgeschlossen.“ Eskens Forderung nach einem höheren CO2 -Preis und Walter-Borjans’ Ruf nach einem Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro erteilt er eine klare Absage.
Laschet dementiert seine Ambitionen nicht
Dass es beim „RND Salon“ mit einem Ministerpräsidenten so viel um Bundespolitik geht, liegt einmal an der Wucht der Entwicklungen nach dem SPD-Mitgliedervotum. Aber auch die bundespolitischen Ambitionen Laschets, die er an diesem Gespräch vor Kölner Publikum nicht zugeben mag, mögen eine Rolle spielen. Er dementiert sie auch nicht.
Ob Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer Kanzlerkandidatin wird? „Die Frage diskutieren wir nicht“, antwortet Laschet. Ende 2020 werde es eine Entscheidung darüber geben. Ob er als NRW-Ministerpräsident automatisch als Kanzlerkandidat infrage komme? „Automatismen gibt es nicht“, sagt Laschet. Entscheidend sei „ein Konsens von CDU und CSU“. Und was ist mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder – taugt dieser zum Kanzlerkandidaten? „Theoretisch denkbar“, antwortet Laschet schmallippig.
Kein Freund einer Minderheitsregierung
Zu einem weiteren – theoretischen – CDU-Kanzlerkandidaten aus Nordrhein-Westfalen geht Laschet auf Distanz. Der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz hatte zuvor gegenüber dem RND im Falle eines Bruchs der großen Koalition für eine Minderheitsregierung plädiert. „Der Bundeshaushalt ist beschlossen, eine Minderheitsregierung könnte im Jahr 2020 regieren“, sagte Merz. Und legte nach: „Der experimentelle Charakter und die veränderte Rolle des Parlaments haben Charme.“
Über den Vorstoß seines Parteikollegen spöttelt Laschet: „Friedrich Merz gibt Interviews, wie er die für klug hält.“ Er selbst hält wenig von einer Minderheitsregierung: „Deutschland braucht als führendes Land in der Europäischen Union eine handlungsfähige Regierung.“
Eine Minderheitsregierung sei allenfalls „für wenige Wochen denkbar“, so Laschet. Eine Dauerlösung wäre sie aber nicht: „Eine Regierung zu haben, die keine eigene Mehrheit hat, kann ich mir für Deutschland nicht vorstellen.“ Er glaube daran, dass die Koalition bis 2021 durchhält – irgendwie. „Jetzt sollte man sich drum kümmern, dass die Regierung hält und ihre Arbeit macht.“
Darum ist Laschet in letzter Zeit so oft in Berlin
Dass er derzeit so häufig in Berlin anzutreffen sei, hat seiner Aussage nach einzig mit seinem Amt als Ministerpräsident zu tun: „Es gibt immer wieder thematische Anlässe, wo man für das Land in Berlin ist, aber nicht in der Parteifunktion.“ Die Funktion eines „Kanzlerkandidatenkandidaten“, wie eine Zeitung mal geschrieben habe, gebe es nicht. „Wenn ich derzeit in Berlin bin, geht es ausschließlich um Nordrhein-Westfalen“, so Laschet.
In dieser Woche tagten die Ministerpräsidenten in der Hauptstadt und „zum Kohleausstieg bin ich derzeit fast wöchentlich da, um zu sehen: funktioniert das mit dem Strukturwandel“. Es müsse noch im Dezember eine Entscheidung geben, das Kohleausstiegsgesetz auf den Weg gebracht werden. „Da muss man drängen und drängen.“
Die Vereinbarung werde nicht mehr aufgekündigt. Dass die Kohleverstromung 2038 beendet wird, sei die „große Leistung der Kommission Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“. NRW habe sich bereiterklärt, beim Ausstieg in den Jahren 2021 bis 2023 voranzugehen, auch weil der Strukturwandel in der Lausitz wegen fehlender Arbeitsplätze in der Industrie viel schwieriger zu bewerkstelligen sei. „Wir sind ja hier eine stärkere Region.“ Der Fahrplan sehe vor, dass in den nächsten Jahren im Rheinischen Revier Kraftwerke abgeschaltet und die „Reststücke des Hambacher Forsts gerettet werden sollen“.
Das Unternehmen RWE habe Genehmigungen, bis 2045 abbauen zu dürfen. „Die müssen jetzt für diesen Rechtsanspruch entschädigt werden. Deshalb dauert das so lange. Das ist für den Bund natürlich sehr teuer.“ Der Ausstieg sei ernst gemeint, aber „extrem kompliziert“.
Wie geht es mit dem Hambacher Forst weiter?
Ob der Hambacher Forst auf Dauer zum Staatsforst werden könne? Diese Entscheidung stehe jetzt nicht an. „Wir müssen erst mal sicherstellen, dass er nicht mehr gerodet wird.“ Es ist Laschet an diesem Abend wichtig, mit einer „Legendenbildung“ aufzuräumen. „Dieser Wald hatte mal 4100 Hektar. 3900 Hektar sind unter Verantwortung von SPD und Grünen gerodet worden“, sagt Laschet. Noch 2016 habe es eine neue Leitentscheidung gegeben.
Damals habe die Landesregierung den Ort Holzweiler aus dem Abbaugebiet Garzweiler herausgenommen und dafür beschlossen, den Hambacher Forst zu roden. Seit dem Regierungswechsel in NRW im Mai 2017 stünden die Grünen, „die gerade noch das Roden beschlossen hatten, auf den Barrikaden der Bürgerbewegung. Das finde ich nicht allzu glaubwürdig. Wenn der Wald gerettet ist, wird man über eine Lösung nachdenken müssen. Die kann ich aber heute nicht nennen.“