Fünf Jahre Klimastreik – und bei „Fridays for future“ ist niemandem zum Feiern zumute. Doch es braucht weiter die Ideen und den Druck der Straße.
KommentarKlimastreik – Die Bewegung wird noch dringend gebraucht
Vor fünf Jahren beschloss eine 15-jährige Schwedin, nach den Sommerferien nicht mehr zur Schule zu gehen. Stattdessen setzte sie sich mit einem Schild vor das Parlament in Stockholm. Greta Thunberg beschränkte ihren „Skolstrejk för Klimatet“ bald auf die Freitage. „Fridays for future“ wurde zu einer globalen Jugendbewegung und Greta zu ihrer Ikone. Klimaschutz wurde zum Massenthema, bis er wegen akuter Krisen wieder etwas in den Hintergrund rückte.
Fünf Jahre später ist niemandem in der Klimabewegung zum Feiern zumute. Die globale Erwärmung schreitet ungebremst voran, die Meldungen über katastrophale Waldbrände, Hitzewellen und Starkregenereignisse überschlagen sich. Und die Klimabewegung hat ihre Unschuld verloren: Die Zeiten, in denen Schülerinnen als erste politische Aktion ihres Lebens Pinguine auf Pappschilder malten, sind vorbei.
Politikberatung oder Disruption?
Jetzt werden in der Klimabewegung immer unversöhnlichere Strategiedebatten geführt: Will man den Mainstream mitnehmen und die Politik als Lobbygruppe mit Massenbasis vor sich hertreiben? Oder bedarf es einer Klima-Guerilla mit dem Ziel der Disruption des Alltags?
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Für den ersten Weg steht bei „Fridays for Future“ besonders deren deutsche Vordenkerin und Grünen-Mitglied Luisa Neubauer, die zunehmend an ihrer Partei und deren Performance in Regierungsverantwortung verzweifelt. Den Entwurf zu Habecks Heizungsgesetz nennt sie zum Beispiel „unfertig und unsauber“, er hätte „sozial gerechter und durchdachter“ sein müssen.
Auf der anderen Seite stehen die „Letzte Generation“ und andere radikale Klimabewegte, die für den nächsten Klimastreik am 15. September „massenhaften, aufsehenerregenden Ungehorsam organisieren“ wollen.
Die soziale Flanke bleibt schwach
Für Greta Thunberg gehören beide Teile nach wie vor zusammen, schrieb sie zum Jubiläum: „Wir müssen den Druck aufrechterhalten. Jeder und jede ist willkommen und nötig in der Klimagerechtigkeitsbewegung, der Kampf hat gerade erst begonnen.“
Die Schwächen der Bewegung kann das nicht überdecken: Die Forderung nach sozial gerechtem Klimaschutz dringt nicht durch - ihre Gegnerinnen und Gegner können „Fridays“ und „Klimakleber“ gleichermaßen als Protest „höherer Töchter“ diffamieren.
Klimaschutz darf kein ideologisches Streitthema sein
Der Hass jedenfalls wird nicht weniger. Was mit den „F*** you Greta“-Aufklebern am Heck PS-starker Autos begann, setzt sich mit tätlichen Angriffen auf „Klimakleber“ fort – und einer Art „Klimatrotz“, in dem es ein politisches Statement ist, einen Verbrenner zu kaufen und keine Solaranlage zu installieren.
Wenn diese Bundesregierung noch irgendetwas auf die Reihe kriegen sollte, dann muss sie den Neustart der Wärmewende-Debatte nach der Sommerpause als Chance begreifen. Klimaschutz darf keine ideologisches Streitthema sein, sondern muss zum sozial abgefederten Projekt für alle werden.