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Kommentar zu ImpfungenImpf-Chaos zulasten der Kinder

Lesezeit 2 Minuten
Kinder Impfung

Kinder haben die geringste Lobby, aber zählen in der Pandemie zu den größten Leidtragenden.

Wenn uns etwas auf unselige Weise durch die Corona-Krise begleitet, dann ist es der Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Ankündigung und Praxis. Die jüngsten Tage sind dafür leider ein weiteres Lehrbeispiel.

Vollmundig haben politisch Verantwortliche die baldigen Impfungen von Kindern und Jugendlichen in Aussicht gestellt. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erklärte etwa, er wolle, dass die Schülerimpfungen noch vor den Sommerferien starteten. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn versprach jungen Menschen bis Ende August ein Impfangebot. Dafür sollten Impfdosen von Biontech/Pfizer reserviert werden, über deren Zulassung für Jugendliche ab zwölf Jahren die Europäische Arzneimittelagentur EMA in den nächsten Tagen entscheiden will. All das nährte eine Menge Hoffnung auf normale Zeiten an den Schulen nach den Sommerferien. Doch die Rechnung der Politik wurde offenkundig ohne die Ständige Impfkommission (Stiko) gemacht.

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Diese ließ nun erkennen, dass von ihrer Seite womöglich keine Empfehlung für das Impfen von Kindern und Jugendlichen ausgesprochen werde. Da die zuständigen Minister in den letzten Monaten in der Regel den Worten der Stiko gefolgt sind, wissen Eltern und Kinder einmal mehr nicht, woran sie sind.

Warum dieser erneute Widerspruch? Hat die Politik den Mund zu voll genommen, weil sie sich im Wahljahr unter Druck fühlt, die Dinge schneller zum Besseren zu wenden? Oder fühlte sich die Impfkommission unter Druck, weil die Politik Versprechungen macht, die wissenschaftlicher Expertise nicht standhalten?

Hohe Belastung für Kinder und Jugendliche

Das Durcheinander wiegt umso schwerer, weil es diejenigen trifft, die in Zeiten der Pandemie die geringste Lobby haben, aber zu den größten Leidtragenden zählen: Kinder und Jugendliche. Wenn schon vielen Erwachsenen wochenlanges Arbeiten im Homeoffice schwerfällt, wie sollen dann Sechs- bis 16-Jährige damit klarkommen?

Es geht nicht nur um Gesundheitsschutz, sondern auch um Lebensschutz: Aufwachsen nicht in der Einsamkeit der Drei-Zimmer-Wohnung, sondern mit Freunden, in der Klasse. Es geht um pädagogische Förderung der Schwächeren, die von berufstätigen Eltern nur unzureichend geleistet werden kann.

Ein neuerlicher Lockdown an den Schulen nach den Sommerferien muss auf jeden Fall verhindert werden. Vor diesem Hintergrund ist es fragwürdig, Impfschutz und Präsenzunterricht voneinander abhängig zu machen. Wenn wir in einem der reichsten Länder der Erde nach mehr als einem Jahr Corona-Krise noch immer nicht in der Lage sind, Schulen so auszustatten, dass Hygienemaßnahmen die Rückkehr von Schülern und Lehrern ermöglichen, kommt dies einer Kapitulation gleich.

Spätestens der Impfgipfel am Donnerstag muss eindeutige Klarheit schaffen, wann Kinder und Jugendliche mit Impfdosen zu rechnen haben.