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KommentarLaschet hinterlässt eine politische Bilanz mit Licht und Schatten

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Am Mittwoch soll der Posten des NRW-Ministerpräsidenten neu besetzt werden. Als Favorit gilt Hendrik Wüst. Was hinterlässt ihm Laschet?

Köln – Ein Porträt von Armin Laschet hängt von diesem Mittwoch an in der „Ahnengalerie“ der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Nach nur viereinhalb Jahren ist Laschet als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens Geschichte. Den Sessel in der Staatskanzlei mit Blick auf den Rhein tauscht er mit einem Platz im Plenarsaal des Bundestags. Vom Regierungschef zum Hinterbänkler. Es ist ein krasser Schnitt, ein Abschied, der bitter anmutet – den Laschet aber auch selbst mitzuverantworten hat.

Als CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat hat er die Union auf Bundesebene in die größte Niederlage ihrer Geschichte geführt. Das ist fortan „der“ Malus in Laschets politischer Bilanz. Was aber bleibt von der Ära Laschet an Rhein und Ruhr?

Das Land steht teils besser da als vor Laschet

Das miserable Abschneiden bei der Bundestagswahl verstellt den Blick darauf, dass Laschet als NRW-Regierungschef durchaus Erfolge vorweisen kann. 2017 gewann er die Wahl unter anderem deshalb, weil er eine Schlusslicht-Debatte angezettelt hatte: NRW unter Rot-Grün war in der Kriminalitätsbekämpfung, den wirtschaftlichen Eckdaten, bei den Ausgaben für Bildung und beim Zustand der Verkehrsinfrastruktur in der Länder-Rangliste auf den letzten Platz abgerutscht. Heute nun steht das Land in einigen Bereichen tatsächlich etwas besser da.

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So gelang es durch massive Investitionen in die frühkindliche Bildung, bei den Kita-Plätzen aufzuholen. Die leidige Diskussion um das Turbo-Abi, ein Sargnagel für Rot-Grün, wurde durch die mutige Entscheidung beendet, zum Abitur nach neun Jahren zurückzukehren. Der chronische Lehrermangel gehört allerdings immer noch zum Alltag an den Schulen in NRW.

Die Wirtschaft wurde durch acht „Entfesselungspakete“ wieder in Schwung gebracht. Die Entbürokratisierung führte zu beschleunigten Verfahren. So nahm die Zahl der erteilten Baugenehmigungen von 2018 bis 2021 um rund 23 Prozent zu. Erfolge kann Laschet auch im Bereich innere Sicherheit verbuchen. Die Polizei wurde personell verstärkt und technisch modernisiert. Die Aufklärungsquote war 2020 mit 52,8 Prozent so hoch wie nie zuvor.

Als erfolgreicher Krisenmanager glänzte Laschet nicht

In der Finanzpolitik hatte Laschet 2017 eine Wende versprochen. Tatsächlich gelang es seiner Koalition bis 2020, keine neuen Schulden zu machen. Dann erzwang Corona die Abkehr von der Konsolidierung.

Überhaupt – die Pandemie: Als oberster Krisenmanager im Land setzte Laschet auf einen „Kurs von Maß und Mitte“.

Im Vergleich etwa zu Bayern gab es in NRW deutlich weniger Tote zu beklagen. Dieser erfreuliche Befund zahlte aber nicht dauerhaft auf Laschets Beliebtheitskonto ein. Sein abwägender Politikstil war der Bevölkerung zunehmend schwerer vermittelbar. Mal Zauderer, mal Lockerer – so scheinbar wetterwendisch erschien der Aachener.

Durch Corona fiel zudem ein grelles Licht auf den miserablen Stand der Digitalisierung an den NRW-Schulen. Die Chance, als erfolgreicher Krisenmanager wahrgenommen zu werden, konnte Laschet nicht nutzen.

Erst recht nicht mehr seit der Flut-Katastrophe im Juli. Laschets unglücklicher Lacher während einer Rede des Bundespräsidenten in Erftstadt-Liblar war der Höhepunkt in einer Serie von Missgeschicken, die seine Wahlkampagne im Bund stocken und am Ende wohl auch den – gar nicht so unrealistischen – Traum von der Kanzlerschaft platzen ließen.

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Dieses Foto wurde Armin Laschet (CDU) zum Verhängnis im Bundestagswahlkampf 2021: Der Ex-Ministerpräsident von NRW lacht, während Bundespräsident Steinmeier im Flutgebiet Erftstadt ein Pressestatement gibt.

Die Opposition in NRW musste Laschet in seiner Amtszeit nur wenig fürchten. Die Untersuchungsausschüsse zur Hacker-Affäre, zum Fall eines in der Obhut der Justiz verbrannten syrischen Häftlings und zum Missbrauchsskandal von Lügde wurden ihm nie ernsthaft gefährlich.

Dagegen brachte er sich in der Kohle- und Umweltpolitik selbst in Bedrängnis. Die Räumung des Hambacher Forstes unter dem Vorwand des Brandschutzes war laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln rechtswidrig. Mit dem fragwürdigen Polizei-Einsatz ramponierte Laschet seine Glaubwürdigkeit auch als Brückenbauer zu den Grünen.

Auf Wüst warten Probleme zuhauf

Armin Laschet hinterlässt eine politische Bilanz mit Licht und Schatten. Persönlich wird er vielen in guter Erinnerung bleiben. Laschet konnte auf die Menschen zugehen, ihnen zuhören, und er mied auch nicht die unliebsame Diskussion. Dazu passt, dass er die einst so zerstrittene NRW-CDU überhaupt wieder regierungsfähig gemacht hat.

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An den Vorzügen des Verbindlichen im Naturell des Rheinländers wird sich sein designierter Nachfolger Hendrik Wüst messen lassen müssen. Auf den Westfalen warten Probleme zuhauf. Neben den ungelösten Fragen der Corona- und Klimakrise ist da auch eine wiedererstarkte SPD, die sieben Monate vor der nächsten Landtagswahl in Umfragen deutlich führt.

Eine Bürde, die Nachfolgern gern aufgehalst oder angedichtet wird, bleibt Wüst freilich erspart: Die ganz großen Fußstapfen, in die er schwerlich hineintreten könnte, hat Armin Laschet nicht hinterlassen.