Sie reisen ab morgen durch das Rheinische Revier und verteilen rund 77 Millionen Euro als Mittel für die Städtebauförderung. Wäre das auch ohne Corona möglich gewesen?
Jedenfalls nicht ganz in dieser Höhe. 60 Millionen kommen aus der Städtebauförderung von Bund und Land. Aber NRW gibt jetzt 17 Millionen Euro zusätzlich aus dem Investitionspaket für die Kommunen hinzu, das im Zusammenhang mit dem Corona-Rettungsschirm auf den Weg gebracht wurde.
Um welche Projekte geht es?
Wir wollen das gesellschaftliche Zusammenleben in den Kommunen stärken. Dabei soll die Städtebau-, Dorf- und Heimatförderung gezielt unterstützt werden. In Erkelenz soll beispielsweise für 860.000 Euro die Innenstadt rund um das „Alte Rathaus“ aufgewertet werden. Die Gemeinden Elsdorf und Titz erhalten jeweils 250.000 Euro für die Gestaltung eines neuen Begegnungsorts.
Sind die Investitionen auch eine Wiedergutmachung für die Zumutungen durch den Braunkohleabbau?
Im Revier ist die Heimat im Wandel. Es steht jetzt fest, dass der Kohleausstieg 2038 kommt. In den vielen kleinen Städten im Revier wird sich bis dahin viel tun. Deswegen ist es wichtig, dass das Land die Veränderungen durch den Strukturwandel begleitet. Es geht darum, Perspektiven für Arbeit und Beschäftigung zu schaffen.
Neue Brunnen schaffen aber keine neuen Jobs…
Das stimmt. Aber ein Lebensumfeld, in dem sich die Menschen wohlfühlen, ist ein wichtiger Standortfaktor. Wir geben auch Mittel für die Erneuerung von Schulen und Kitas, mit der wir die Familienfreundlichkeit der Region steigern wollen. Eine moderne Infrastruktur soll das Revier insgesamt attraktiver machen. Es wird immer Wanderungsbewegungen geben, wenn alte Jobs wegfallen und neue geschaffen werden. Der Strukturwandel soll das Revier stärken. Ich rechne mit einem Bevölkerungszuwachs.
Kämpfen Sie für die Rettung der Dörfer, die jetzt eine Chance haben, erhalten zu bleiben?
Es ist ja klar, dass Menschen dort ihre Heimat nur ungern verlassen. Sie brauchen jetzt schnell Planungssicherheit. Die Landesregierung wird eine neue Leitentscheidung zur Braunkohlepolitik vorlegen. Daraus wird auch hervorgehen, wie es mit den Dörfern weitergeht.
Alte Menschen auf dem Land haben es schwer, in der Nähe einkaufen gehen zu können. Müsste man nicht die Rückkehr der Tante-Emma-Läden fördern?
Das tun wir bereits. Die Projekte werden in der Regel von Bürgern getragen. Dorfläden sind wichtig, weil sie auch der Kommunikation dienen.
Zur Person
Ina Scharrenbach, geb. 1976 in Unna, Bankkauffrau und Diplom-Betriebswirtin, ist CDU-Mitglied seit 1996. Seit der Landtagswahl 2017 ist sie Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung im Kabinett von Armin Laschet. Sie ist Vorsitzende der Frauen-Union NRW.
Im Rahmen unseres Programms zur Dorferneuerung haben wir die Einrichtung von Dorfläden in Minden, Sundern oder Porta Westfalica gefördert. Dorfläden nutzen dem Handel und dem Zusammenkommen der Menschen. Sie senden die Botschaft aus, dass der Ort Zukunft hat.
Viele Städte sind vom Strukturwandel im Handel betroffen. Was halten Sie davon, ehemalige Kaufhäuser in Wohnungen umzuwandeln?
Die Gedanken sind frei. Wenn sich ein Gebäude dafür eignet, spricht nichts gegen die Nutzung eines ehemaligen Kaufhauses als Wohnhaus. Vieles spricht dafür, in solchen Fällen Mittel aus der öffentlichen Wohnraumförderung bereitzustellen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Es ist gut, wenn wieder mehr Menschen in den Innenstädten leben. Das kann der Verödung von Geschäftsmeilen entgegenwirken.
Kann man junge Menschen mit der traditionellen Brauchtumsförderung erreichen?
Wir unterstützen ja nicht nur das Brauchtum. Heimatpolitik ist es auch, wenn sich neue Fördervereine von Schulen und Kitas gründen, die zusammen mit einem Heimatverein Jugendarbeit machen. Grundschulen beschäftigten sich zum Teil im Unterricht mit dem Thema Heimat. Es gibt also viele Institutionen, die ihre Heimat vor Ort gestalten, ohne das im Namen zu tragen. Die Landesregierung fördert deshalb auch in dem Bereich gute Projekte und Initiativen.